Ukraine-Krieg und Atomgespräche
Der Atommeiler von Bushehr – der Iran behauptet, Atomenergie nur für friedliche Zwecke nutzen zu wollen. Experten zufolge könnte Teheran bald in der Lage sein, eine Atombombe zu bauen. © imago images/UPI Photo
Irans Öl und Russlands Blockade
23:36 Minuten
Die Machthaber im Iran stehen im Ukraine-Krieg zu Russlands Präsident Putin. Der Krieg hat nun auch Auswirkungen auf die Atomverhandlungen in Wien. Kurz vor ihrem Abschluss stellt Russland Bedingungen, die alles wieder infrage stellen. Warum?
Der Iran gehört zu den wenigen Ländern, deren Machthaber sich im Ukraine-Krieg hinter das zunehmend isolierte Russland stellen.
Der oberste religiöse Führer der Islamischen Republik, Ayatollah Ali Chamenei, stellt in einer Erklärung fest, dass die Ukraine das jüngste Opfer der Politik der USA sei.
Präsident Ebrahim Raisi telefonierte mit Russlands Präsident Putin und äußerte Verständnis für dessen Sicherheitsbedenken angesichts der Osterweiterung der NATO.
Chamenei spricht immerhin von "Krieg"
Gleichzeitig hat sich Teheran bei der Ukraine-Abstimmung der UN enthalten, die zu einem Ende der Aggression Russlands aufruft. Unsere Iran-Korrespondentin Karin Senz findet es interessant, dass Chamenei, der auch zum "Ende dieses Krieges" aufruft, das Wort "Krieg" überhaupt benutze, das in Russland verboten sei.
Es gebe aber auch abweichende Meinungen von der offiziellen Linie. So habe Irans Ex-Präsident Ahmadinedschad den Wiederstand der Ukraine gelobt und die Unterstützung seines Landes für Russland verurteilt. Auch unter Politikwissenschaftlern gebe es ein diverses Meinungsbild, so Senz.
Beste Sanktionsfreunde
Da Russland jetzt genau wie der Iran von westlichen Sanktionen betroffen ist - so sind zum Beispiel beide vom internationalen Zahlungssystem SWIFT abgeschnitten - kann sich eine ganz neue Zusammenarbeit ergeben. Das schweiße zusammen, glaubt Karin Senz, die den Iran regelmäßig besucht.
Allerdings könne man die Situation beider Länder nicht ganz vergleichen: Die russische Wirtschaft sei seit Jahrzehnten eng mit dem Westen verwoben. Teheran habe es schon seit der Revolution Ende der Siebzigerjahre mit Sanktionen zu tun und gelernt, diese zu umgehen.
Die Sanktionen gegen den Iran, die ihren Ursprung im Atomprogramm der Islamischen Republik haben, hatten aufgrund der zuletzt erfolreichen Atomverhandlungen gute Aussicht auf eine Statusänderung. Es gehe dabei darum, den Atompakt von 2015 zu retten.
In Wien verhandeln die Vereinigten Staaten seit April 2021 indirekt, am Tisch mit Iran sitzen Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China.
Russland torpediert Atomgespräche
Zuletzt schien eine Einigung nahe. "Viele haben gesagt, wir haben ein fertiges Papier auf dem Tisch, doch dann ist wohl Moskau dazwischengegrätscht", so Karin Senz.
Russland brachte in der vergangenen Woche eine Forderung ein, durch die es den Ukrainekonflikt mit den Iran-Verhandlungen verband: Man müsse eine amerikanische Garantie erhalten, mit Iran ungehindert Handel treiben zu können, also unbeschadet der wegen des Überfalls auf die Ukraine verhängten Sanktionen gegen Russland.
Bis jetzt haben alle bekundet, dass Moskau eine sehr konstruktive Rolle in diesen Gesprächen eingenommen hat, sagt Karin Senz. Aber offensichtlich habe sich der Wind durch die neue russische Forderung gedreht.
Iran wittert seine Chance
Der Iran wolle, dass die Verhandlungen fortgesetzt werden.
"Sie wittern eine Chance, in eine Lücke zu preschen, wenn es darum geht, statt Russland Öl und Gas in den Westen zu liefern. Iran hat die drittgrößten Gasreserven weltweit. Auch die Türkei bezieht von dort sehr viel Gas."
Allerdings gebe die Infrastruktur im Iran derzeit nicht her, dass man sehr schnell sehr viel Gas exportieren könne. Das brauche Zeit und Investitionen. Auch benötige das Land selber sehr viel Gas.
Auch Erdöl gehört zu den wichtigsten Einnahmequellen des Iran. Das Land verfügt über die viertgrößten Ölreserven der Welt.
Will der Westen vom Iran abhängig werden?
Beim Öl könne man die Produktion schneller steigern als beim Gas, sagt unsere Korrespondentin.
Nach inoffiziellen Schätzungen sei man derzeit bei 2,6 Millionen Barrel am Tag. Das könne man innerhalb von drei Monaten auf 3,3 Millionen Barrel steigern und bis Mitte nächsten Jahres auf vier Millionen.
Doch Karin Senz fragt auch: "Möchte sich der Westen nun statt von Russland vom Iran abhängig machen"?
Was Teheran betreffe, seien der Druck und das Interesse aufgrund der wirtschaftlichen Sanktionen, die die Bevölkerung stark treffen , mit dem Westen ins Geschäft zu kommen, groß.
Für die derzeit unterbrochenen Atomverhandlungen gebe es derzeit noch keinen neuen Termin. Aber der Iran signalisiere, man sei jederzeit dazu bereit, wieder nach Wien zu kommen.
(ik)