Zwischen Kopftuch und Kaffee Latte
Seit der Aufhebung der Wirtschaftssanktionen beginnt der Iran, sich vorsichtig zu öffnen. Die Schriftstellerin Ulla Lenze, die gerade von dort zurückkommt, hat Ambivalentes erlebt. In der Lesart berichtet sie von einen Land zwischen Tradition und Aufbruch.
Ulla Lenze ist für ihre Romane vielfach ausgezeichnet worden, sie lebt in Berlin, es zieht sie aber immer wieder in die Ferne. Erst im April hat sich sie sich in Basra mit irakischen Dichterinnen getroffen, jetzt kommt sie gerade von einer Reise aus Iran zurück. In der "Lesart" hat die Schriftstellerin mit uns über ihre Eindrücke gesprochen.
Seit ihrer letzten Reise im Jahr 2008 habe sich einiges verändert, so Lenze. "Ich denke, dass man einfach sehen kann, wie globale Trends aufgegriffen werden. Ein banales Beispiel - dass man jetzt Kaffee Latte, Cappuccino und so weiter bekommt." Von der der Lockerung der Wirtschaftssanktionen hingegen merke man im Alltag bislang "noch gar nichts".
"Unendlich viele Fettnäpfchen und Tabu-Themen"
Bei den Veranstaltungen, zu denen sie geladen gewesen sei, sei es sehr zeremoniell und förmlich zugegangen:
"Es wurde vorab aus dem Koran zitiert, es wurde die iranische Nationalhymne gespielt, man musste aufstehen. Der Rahmen war eigentlich auch so offiziell, dass man tatsächlich auch sehr acht gab auf das, was man sagte. Es gibt ja unendlich viele Fettnäpfchen und Tabu-Themen."
Auch Kontakt zu iranischen Schriftstellern habe sie gehabt, so Lenze - etwa zu Amir Hassan Cheheltan. Er publiziere regelmäßig in der FAZ, schreibe sehr iran-kritische Artikel und habe seine letzten drei Romane nur im Ausland veröffentlichen können. Aber:
"Er hat mir bei der Wiederbegegnung erzählt, dass er inzwischen wieder in Teheran leben kann. Er ist also berühmt genug im Ausland, dass ihn das auch schützt."
Bei Veranstaltungen sei sie öfter auch gefragt worden, welche iranischen Autoren sie selbst bereits gelesen habe, so Lenze. Überraschend sei dabei gewesen, dass in Deutschland bekannte Schriftsteller iranischer Herkunft wie Amir Hassan Cheheltan oder Navid Kermani in ihrem Heimatland wegen der Zensur nach wie vor völlig unbekannt seien.