Sechs Jahre Haft,weil er Christ wurde
Der iranische Pastor Behnam Irani wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt, weil er vom Islam zum Christentum konvertierte. Jetzt bekommt der Mann Unterstützung im Netz - und von einer deutschen Politikerin.
Ende 2013 gelang es Behnam Irani, einen Brief aus seiner Gefängniszelle in der berüchtigten Haftanstalt in Karaj, 20 Kilometer westlich von Teheran, zu schmuggeln und an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und an verschiedene Menschenrechtsorganisationen zu schicken. In diesem Brief schreibt Irani:
"Ich wurde inhaftiert, weil ich an Christus glaube und weil ich mich mit Glaubens-Geschwistern ausgetauscht habe. Das islamische Regime des Iran wird nicht müde, Menschen zu verfolgen, die den islamischen Glauben nicht teilen. Das Regime arbeitet daran, eine religiöse Diktatur aufzubauen."
Es ist davon auszugehen, dass Behnam Irani für diesen Brief mit Folter oder Isolationshaft bestraft wurde. Beides hat er bereits erlebt in der Vergangenheit. Er wurde schon mehrfach inhaftiert, weil er zum Christentum konvertierte und den neuen Glauben nicht für sich behielt, sondern anderen - Muslimen - davon erzählte. Für die Staatsmacht ist das "Propaganda gegen das Regime" und ein "Verbrechen gegen die nationale Sicherheit".
Abfall vom Islam - es droht die Todesstrafe
Zuletzt wurde Behnam Irani im Mai 2011 zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Eigentlich, so die Erklärung des Gerichts, hätte er die Todesstrafe verdient, da er - als Muslim geboren und aufgewachsen - nach seiner Volljährigkeit bewusst die Religion gewechselt habe. Das gilt im Iran als Apostasie, als Abfall vom Islam. Darauf steht die Todesstrafe.
Menschenrechtsorganisationen setzen sich seit langem für Behnam Irani ein, so wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Mit dem Machtwechsel von Ahmadineschad zu Ruhani kam leider keine Verbesserung für die Menschenrechte, sagt Martin Lessenthin von der IGFM
"Es gibt bisher keine messbare Verbesserung der Menschenrechtssituation. Im Gegenteil, neue Verhaftungen und neue Übergriffe."
Behnam Irani konvertierte 1992 zum Christentum. Er ist mit einer armenischen Christin verheiratet, sie haben zwei Kinder, 5 und 12 Jahre alt. Der 53-jährige Familienvater betreute mehrere christliche Hauskreise, die zur evangelischen Freikirchenszene gehören. Behnam Irani war ihr Seelsorger und Pastor. Weil es Muslimen nicht erlaubt ist, offizielle christliche Kirchen im Iran zu besuchen, treffen sie sich in Untergrund-Hauskirchen, um gemeinsam die Bibel zu lesen oder Gottesdienst zu feiern. Und damit geraten sie nicht selten in den Fokus von Geheimpolizei und Spitzeln.
Julia Klöckner hat eine Patenschaft übernommen
Das Regime geht gnadenlos vor gegen Muslime, die Christen geworden sind. Aber ohne Menschenrechte, ohne Meinungs- und Religionsfreiheit, so die IGFM, kann es keinen Frieden geben und keinen sozialen Fortschritt. Um ihren Forderungen mehr Gewicht zu verleihen, hat die IGFM ein politisches Patenschaftsprogramm ins Leben gerufen. Für Behnam Irani übernahm die Stellvertretende Vorsitzende der CDU, Julia Klöckner, eine Patenschaft.
Klöckner: "Der Iran hat, was die Menschenrechtsbilanz anbelangt, skandalöse Schlagzeilen gemacht und macht sie weiterhin. Es gibt Zahlen aus dem Jahr 2010. 350 Hinrichtungen, nur China ist da noch etwas ambitionierter. Und dass auch Jugendliche hingerichtet werden und dass Grausamkeit und Willkür eine große Rolle im Iran spielen, das bereitet uns Sorge. Wir sind weit weg vom Iran, aber das heißt nicht, dass wir uns nicht in einer globalen Verantwortung befinden, und deshalb habe ich sehr gerne zugesagt. Als ich gefragt worden bin, ob ich politische Patin sein möchte für Pastor Irani, habe ich natürlich zugesagt."
Julia Klöckner nutzt ihre Funktion als Politikerin, um auf das Schicksal von Irani aufmerksam zu machen. Sie engagiert sich, weil sie, wie sie sagt, als Christin solidarisch sein möchte mit verfolgten Christen anderswo.
"Bisher habe ich ihn noch nicht selbst besuchen können, habe mich aber regelmäßig informiert, was den Gesundheitszustand anbelangt, auch was ihm vorgeworfen wird. Das ist so abstrus, dass man das gar nicht nachvollziehen kann. Er hat sich abgewandt vom Islam, ist Christ geworden, und das ist eine solche Sünde, dass ihm von der Staatsanwaltschaft die Todesstrafe angedroht worden ist. Jetzt ist das Ganze umgewandelt in sechs Jahre Haft. Aber in dieser Haft, bekommen wir mit, dass er misshandelt wird und dass er nicht den Zugang zu Medikamenten hat, die er bräuchte."
Ein Drittel der Bevölkerung nutzt heimlich Facebook
Um auch die kritische Opposition im Iran zu stärken, hat die IGFM das erste unabhängige Blog für den Iran geschaffen, auf dem Journalisten und Blogger sich austauschen können. Es ist kein Blog im eigentlichen Sinne, sondern ein anonymes Facebook-Profil, das aus Gründen der Sicherheit ein bisschen anders funktioniert als ein normales Facebook-Profil, wie Tim Stübane erklärt, Kreativchef von Ogilvy und Mather, der Agentur, die das Blog für die IGFM konzipiert hat:
"Für die breite Masse ist Facebook tabu. Das ist gesperrt. Man schickt sich per SMS Zugangsdaten, wie man das Ganze umgehen kann."
Das funktioniert über einen Server im Ausland. Und damit ist es dann doch möglich, Facebook zu nutzen.
"Es gab neulich Zahlen, die kursierten, da sprach man von einem Drittel der Bevölkerung, der sich so Zugang verschaffen würde."
"Things Khamenei never tells" heißt das Satire-Blog, das in den Sprachen Englisch und Farsi über die wahren Zustände im Reich des Ayatollah Khamenei berichtet. Martin Lessenthin:
"Mit diesem neuen Blog, geben wir dem Herrn Khamenei die Gelegenheit, das still auszusprechen, so dass es die Welt hört, was er öffentlich eigentlich gar nicht sagen will. Dabei unterstützen ihn Menschenrechtsverteidiger, Blogger, iranische Oppositionelle und jedermann, der die Situation im Iran, wie sie wirklich ist, der Welt vor Augen führen möchte."
Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte hofft, dass möglichst viele sich hier zu Wort melden. Dass dieses Blog genaugenommen ein Facebook-Profil ist, dürfte den meisten egal sein, Die Hauptsache ist, dass es funktioniert und für die Iraner erreichbar ist, denn, so Julia Klöckner:
"Wenn es letztlich dazu führt, dass von außen eine Solidarisierungswelle da ist und diese Kommentierung weiterläuft, dann haben wir, glaube ich, viel erreicht. Und ich glaube, wir können es uns nicht leisten, etwas unversucht zu lassen."