Irvin D. und Marilyn Yalom: "Unzertrennlich"

Eine große Liebesgeschichte

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Irvin D. Yalom, Marilyn Yalom Unzertrennlich Über den Tod und das Leben
Eine tröstliche Meditation über den Tod: „Unzertrennlich“ von Irvin D. Yalom und Marilyn Yalom ist eine so authentische wie berührende Auseinandersetzung mit dem Tod. © Deutschlandradio / btb
Von Carsten Hueck |
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Seit Teenagertagen sind der Psychoanalytiker Irvin D. Yalom und seine Frau Marilyn Yalom ein Paar. Als bei ihr im Alter Krebs diagnostiziert wird, beginnen sie gemeinsam zu schreiben. Das Resultat, "Unzertrennlich", ist eine finale Liebeserklärung.

Große Liebesgeschichten sind tragisch – und das vor allem, weil die Beteiligten leidenschaftlich, jung und schön sind. Was aber, wenn Romeo und Julia, Abelard und Heloise, Rose und Jack Dawson bereits seit fünfundsechzig Jahren verheiratet sind?
Bestenfalls ergeht es ihnen wie dem amerikanischen Psychoanalytiker und Buchautor Irvin D. Yalom und seiner Frau Marilyn, einer hoch angesehenen Literaturwissenschaftlerin: Sie lieben sich wie am ersten Tag. Und als einer sterben muss, ist der Schmerz für den anderen kaum zu ertragen.
Das ist die Grundsituation dieses dokumentarischen und berührenden Buches: 2019 wurde bei Marilyn Yalom Krebs diagnostiziert. Im April beginnen sie und ihr Ehemann, gemeinsam ein Buch zu schreiben. Im November stirbt sie. "Unsere Beziehung begann und endete mit Büchern", lautet der erste Satz des Vorworts.

Zeiten des Loslassenmüssens

Fünfzehn Jahre alt waren die beiden, als sie sich kennenlernten. Sie verliebten sich und waren fortan unzertrennlich. Beide entwickelten sich erfolgreich in ihrer jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin.
Dieses Buch, das schwer kategorisierbar ist, wird zum letzten gemeinsamen Projekt, zu einer finalen Liebeserklärung, zum Abschiedsbrief in mehreren Kapiteln. Zum Dokument der Vergänglichkeit und zugleich Beständigkeit, zum Halt in Zeiten des Loslassenmüssens, zu einem Tagebuch, das Erfahrungen archiviert, die auch – das betonen die Verfasser – anderen Menschen helfen könnten, mit dem Ende des Lebens zurechtzukommen.
Aus ihrer akuten Gegenwart erzählen hier zwei hochreflektierte Menschen mit Ende achtzig rückblickend ihr Leben.
Abwechselnd in jeweils einem Kapitel, aus der jeweils eigenen Perspektive. Zugleich erzählen sie von der täglichen Herausforderung einer Krankheit, die tödlich sein wird – was beiden klar ist. Immer wieder gibt es Momente der Hoffnung; vor allem Irvin sträubt sich bis zum Schluss gegen das Unausweichliche.
Er, einer der angesehensten Psychotherapeuten der USA, ist seinen Gefühlen ausgeliefert, scheut sich aber nicht, genau davon zu berichten. Von seinen Aussetzern, seiner Vergesslichkeit, Hilflosigkeit, seiner Angst. Denn auch sein Leben wird unübersehbar fragil, als er einen Herzschrittmacher eingesetzt bekommt. Der Gedanke an den eigenen Tod beunruhigt ihn allerdings weniger als der an den seiner Frau.

Geduld, Hingabe, Inspiration

Marilyn entwickelt sehr klare Vorstellungen davon, wie sie aus dem Leben zu gehen gedenkt. Sie ist mit sich im Reinen, verabschiedet sich im Laufe der Monate von langjährigen Freunden und Begleiterinnen, von den vier Kindern und Enkeln. Sie eruiert Möglichkeiten der Sterbehilfe für den Fall, dass eine weitere Therapie bei ihr nicht anschlägt. Und leitet, als die Schmerzen zu groß werden, die notwendigen Schritte schließlich selbst ein.

Dieses Buch ist ein Geschenk. Es ist eine Meditation über den Tod, die tröstet. Man begegnet darin zwei wunderbaren Menschen, die in der Lage sind, eine außergewöhnliche Beziehung zu führen: gleichberechtigt in Intellektualität und Kreativität, in ihrer Fähigkeit großzügig und warmherzig das Beste im Anderen zu befördern, voller Geduld, Hingabe, Inspiration. Für Anfang der 1930er Jahre Geborene sicherlich keine Selbstverständlichkeit. Ein Paar, das einander in Würde begegnet, bis zum Ende. Eine große Liebesgeschichte.

Irvin D. Yalom und Marilyn Yalom: "Unzertrennlich. Über den Tod und das Leben"
Aus dem Englischen übersetzt und mit einem Nachwort von Regina Kammerer
Mit Fotos von Reid Yalom
München, btb Verlag, 2021
313 Seiten, 22 Euro

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