Wichtige historische Stücke unwiderbringlich verloren
Sie traktieren die Figuren und Statuen mit Presslufthämmern und Bohrern: Die IS-Terrormiliz hat offenbar im Norden des Irak einzigartige Kulturgüter vernichtet. Sie begründen diese Taten mit ihrer Auslegung des Korans. Die Archäologin Friederike Fless empfindet das als "völlig irrsinnig".
In einem am Donnerstag veröffentlichten Video waren Extremisten im Museum von Mossul zu sehen, wie sie Statuen von ihren Podesten stoßen und mit Vorschlaghämmern in Stücke schlagen. Es handelt sich um Objekte aus altorientalischer Zeit aus dem Museum der Stadt Mossul und der Grabungsstätte Nivine. In dem Video ist unter anderem zu sehen, wie die Terroristen in dem Museum eine assyrische Türhüterfigur, die mehr als 2.600 Jahre alt ist, mit einem Presslufthammer bearbeiten.
"Als würde man die Sphinx zerstören"
Nach Angaben des Experten Markus Hilgert hat die Welt damit eine "Ikone der altorientalischen Bildkunst" verloren: "Das ist so, als würde jemand die Sphinx in Ägypten zerstören. Der Verlust ist eine Katastrophe", sagte der Direktor des Vorderasiatischen Museums in Berlin.
Unter den zerstörten Kulturgütern sind auch zahlreiche weitere assyrische Statuen, einige von ihnen überlebensgroß. Der etwa fünf Minuten lange Film zeigt, wie die Islamisten mit großen Hämmern auf die Stücke einschlagen oder sie umstürzen, wobei sie zu Bruch gehen.
Restaurierung nicht möglich
"Das waren wichtige historische Stücke", sagte Peter A. Miglus, Professor für Vorderasiatische Archäologie an der Universität Heidelberg. Angesichts der massiven Schäden werde es kaum möglich sein, sie zu restaurieren.
Die Dschihadisten begründen die Zerstörungen mit ihrer radikalen Auslegung des Islam. In dem Video erklärt ein IS-Mitglied, die Statuen hätten Assyrern und anderen Völkern der Vielgötterei gedient. Der Islam verbiete bildliche Darstellungen von Menschen und Gott.
Diese Begründung sei "völlig irrsinnig", meinte die Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin, Friederike Fless, im Deutschlandradio Kultur. Die Koranverse, auf die sich der IS berufe, hätten damit nichts zu tun. "Es sind Herrscherstatuen, er sind historische Reliefs. Es sind nur ganz wenige Götterbilder dabei."
Kunstgegenstände in 3D scannen
Fless sprach sich dafür aus, vermehrt Kunstgegenstände in 3D zu scannen, um sie gegebenenfalls aus Fragmenten wiederherstellen zu können. "Das wäre dann wie bei den Skulpturen von Tell Halaaf, die hier in Berlin im Zweiten Weltkrieg bei Bombardierungen zerstört wurden und dann als riesiges 3D-Puzzle wieder zusammengesetzt werden konnten", sagte sie.
Der Fall erinnert an die Zerstörung der Buddha-Statuen von Bamian, die von den Taliban in Afghanistan gesprengt wurden. Am Samstag vor 14 Jahren hatten die Islamisten damit begonnen, die beiden 38 und 55 Meter hohen Statuen aus dem 6. Jahrhundert zu zerstören.