Island

Auf dem Weg zur Sportnation

Heimir Hallgrímsson, einer von den beiden Nationaltrainern der isländischen Nationalmannschaft (neben dem Schweden Lars Lagerbäck) im Nationalstadion Laugardalsvöllur
Heimir Hallgrímsson, einer von den beiden Nationaltrainern der isländischen Fußball-Nationalmannschaft im Nationalstadion Laugardalsvöllur © Jessica Sturmberg
Von Taufig Khalil |
Aus Island kommen nicht nur gute Musiker, sondern auch gute Sportler. Das kleine Volk ist im Handball, Fußball und Basketball erstaunlich stark. Was ist das Geheimnis dieser Erfolge? Ein Grund ist die gute Infrastruktur.
Es sind Gesänge wie man sie bei einer Fußballeuropa- oder Weltmeisterschaft noch nie gehört hat, aber man sollte sich schon mal daran gewöhnen. Die Wikinger kommen. 30.000 Isländer haben ihren Besuch bei der Europameisterschaft in Frankreich angekündigt und sind voller Vorfreude.
Doch auch wenn den Isländern mächtig zum Lachen ist, sind Sie alles andere als eine Lachnummer. Der ganze Erfolg im Handball, Basketball und eben Fußball sind definitiv keine Zufälle, sagt Heimir Hallmgrinson, einer der zwei Nationaltrainer, die Island zur EM geführt haben.
"Die Basketballer, Handballer und Fußballer, die so erfolgreich sind, sind alle aus der gleichen Altersgruppe. Wir müssen also vor etwa 15 oder 20 Jahren etwas sehr richtig gemacht haben, damit die Sportler mental, aber auch physisch so stark werden konnten."

Große Investitionen vor 15 Jahren

Sportriese Island. 330.000 Einwohner, deutlich mehr Schafe als Isländer, Vulkane, Geysire und jede Menge Weltklassesportler. So etwas weckt natürlich die Neugierde anderer Sportnationen. Wie haben die Isländer das nur gemacht, wollte auch Kevin Keegan wissen, einst Weltklassetürmer beim HSV und Liverpool, später dann Trainer von Manchester United und England. Und hat sich mal zwischen den Vulkanen umgeschaut.
"Das ist harte Arbeit. Vor etwa 15 Jahren haben die Isländer viel Geld in den Bau von Fußballhallen investiert, damit das ganze Jahr trainiert werden kann, und jetzt bekommen Sie die Belohnung."
Was Keegan meint, sieht man gleich beim Internationalen Flughafen. In einer riesigen Halle kicken Sechs- bis Zwölfjährige auf einem Originalspielfeld, auf allerfeinstem Kunstrasen. Genau beobachtet von Gundur Steinarsson. Früher Profi, jetzt Trainer.
"Das war die erste Halle. Sie wurde 2000 eröffnet. Jetzt haben wir sieben Hallen mit Originalspielfeldern. Damit hat sich alles geändert. Statt auf kleinen Basketballplätzen zu trainieren, konnten wir auf einmal das ganze Jahr unter echten Spielbedingungen arbeiten."

Alle Mannschaften haben Trainer mit UEFA-Lizenz

Keine Frage, so was ist enorm wichtig in einem Land, in dem es auch im Sommer bei sieben Grad ständig regnen kann. Doch die Infrastruktur alleine reicht natürlich nicht. Die Isländer haben etwas geschaffen, das weltweit einmalig sein dürfte. Wohl nirgends auf der Welt gibt es pro Kopf so viele Trainer wie in Island. Rund 850 Trainer mit einer UEFA-Lizenz kümmern sich um den Isländischen Fußballnachwuchs , erklärt Steinarsson, der dazu gehört stolz.
"Der Fußballverband hat angeordnet, dass alle Mannschaften Trainer mit einer UEFA-Lizenz haben müssen. Auch für kleine Mädchen und Jungs. Das ist der größte Fortschritt. Das macht nicht irgendein Vater, der diese Woche Urlaub hat, und nächste Woche wieder ein anderer."
Dazu kommt ein unbändiger Wille. Für das kleine Land ganz weit weg ist der Sport die einfachste Möglichkeit, dazu zu gehören bei den ganz Großen, glaubt Nationaltrainer Hallmgrimson:
"Es ist etwas, auf das wir stolz sind. Andere Länder haben Armeen und mal eine Schlacht gewonnen und sind darauf stolz. Wir hatten nie eine Armee. Deshalb kämpfen wir hier, aber das ist sicher auch ein besserer Kampf. Wir stehen hinter unserem Sport und sind stolz drauf."
Island, die Kleinen, die so gerne bei den Großen mitspielen. Und genau deshalb sollte man sie auch bei der Europameisterschaft im Auge behalten. Und im Ohr. Denn ihre Siegesfeiern müssen sich hinter denen der ganz großen Fußballnationen nicht verstecken.
Mehr zum Thema