Israel-Krimi

Die Schattenwelt der Flüchtlinge

Blick von Jaffa aus auf Tel Aviv
Die Schattenseite der Küstenstadt Tel Aviv steht im Mittelpunkt des Krimis von Liad Shoham © Deutschlandradio.de / Andreas Main
Liad Shoham im Gespräch mit Joachim Scholl |
Israel ist für afrikanische Flüchtlinge ein Einwanderungsland, das sie über Land erreichen können. Wie schwierig ihre Lage dort bleibt, beleuchtet der israelische Bestseller-Autor Liad Shoham in seinem sozialkritischen Thriller "Stadt der Verlorenen".
In Tel Aviv wird eine Frau ermordet aufgefunden. Sie war Mitarbeiterin einer NGO, die sich um afrikanische Flüchtlinge kümmert. In dem Thriller "Stadt der Verlorenen" des israelischen Autors Liad Shoham entwickelt sich aus diesem Mord ein großer politischer Skandal, der in die Schattenwelt der Flüchtlinge und illegalen Einwanderer Israels führt.
"Als Krimiautor haben mich soziale Probleme als Ausgangspunkt schon immer sehr interessiert", sagte Shoham im Deutschlandradio Kultur über sein gerade in deutscher Übersetzung erschienenes Buch. Die afrikanischen Einwanderer lebten in der Küstenstadt Tel Aviv gettoisiert und Kriminalität spiele dort eine große Rolle. Die israelische Regierung habe keine Ahnung, wie sie damit umgehen solle.
Mafiaboss überweist das Geld nach Afrika
Da es solchen Einwanderern verboten sei, in Israel eigene Bankkonten zu eröffnen, habe er sich als Autor gefragt, wie ihr Geld dennoch nach Afrika gelange. "Ich habe israelische Behörden gefragt und die hatten offiziell keine Ahnung", sagte Shoham. Das Bankenverbot habe eigentlich dazu dienen sollen, Geldwäsche zu verhindern.
"Also habe ich mir als Autor jemanden ausgedacht, nämlich Fero, das ist ein Krimineller, das ist ein Mafiaboss und der ermöglicht es den Afrikanern, Geld bei ihm zu lassen, das er nach Afrika transferiert. Er wird zu ihrem Banker."
Die Polizei habe ihm während der Recherchen gesagt, das könne auch in der Wirklichkeit so sein. "Heute wissen wir, es ist so", sagte Shoham. Es gebe einen solchen Mafiaboss, der dieses Geld überweist. Als Autor sei es ihm darum gegangen, zu zeigen, dass sich jemand der Dinge annimmt, wenn die Regierung sie nicht regelt.
Verdrängung der wirklichen Dinge
"So war das hier ja immer: Aus ein paar Regentropfen macht man gleich einen Sturm, aber die eigentlichen Stürme, die wirklichen Dinge, die verdrängt man einfach", heißt es gleich auf der ersten Seite. Dieser Satz der später ermordeten NGO-Vertreterin spiegele seine eigene Sicht auf sein Land wider, sagte der Schriftsteller.
"Manchmal machen wir ein Drama um Kleinkram, um ganz kleine Dinge, kleinere Probleme und die ganz großen Fragen, die wirklich vor uns stehen, die wollen wir nicht wahrhaben."
Shoham ist Schriftsteller und praktizierender Anwalt in Tel Aviv und einer der führenden Thriller-Autoren Israels. Alle bislang veröffentlichten Bücher wurden Bestsellern.

Liad Shoham: Stadt der Verlorenen
Dumont-Verlag, 8,99 Euro.

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