Israel Nash: "Silver Season"

Americana aus Texas

Karge Vegetation zwischen Felsbrocken im Guadelupe Mountains National Park im US-Bundesstaat Texas.
In der kargen Landschaft in Texas, in der Nähe von Austin, ist Israel Nash mittlerweile zu Hause. © picture alliance / dpa / Chad Ehlers
Von Kerstin Poppendieck |
Nach einigen hektischen Jahren, die Israel Nash in New York gelebt hat, hat der Sänger sein Leben entschleunigt. Er lebt im texanischen Dripping Springs, sein neues Album "Silver Season" mit seinem melancholischen Americana-Sound passt bestens in die Landschaft.
Israel Nash sitzt auf seiner Veranda in Dripping Springs/Texas. Keine 50 Kilometer entfernt liegt Austin, die amerikanische Hauptstadt der Livemusik, denn in keiner anderen Stadt der USA gibt es eine größere Dichte an Spielorten. Hier allerdings, in Dripping Springs, merkt man davon nichts. Wohin man schaut Berge. Für Israel Nash der ideale Ort um kreativ zu sein.
"Als professioneller Musiker hat man einfach ein sehr vielbeschäftigtes Leben. Man ist viel unterwegs, spielt ständig an anderen Orten. Dieses Gefühl nach Hause zu kommen, ist ein ganz besonders. Es ist Stress, zu touren, ständig in allen möglichen Großstädten zu sein. Deshalb mögen es viel Musiker, irgendwo auf dem Land zu leben, wo es still, unaufgeregt und friedlich ist. Wir verkriechen uns einfach manchmal gern und sind isoliert vom Rest der Welt. Für mich ist das Leben hier die perfekte Balance."
Nach einigen hektischen Jahren, die Israel Nash in New York gelebt hat, ist sein Leben jetzt entschleunigt und das hört man auch seiner Musik an. Schon das letzte Album "Rain Plans" vor zwei Jahren hat er in Dripping Springs aufgenommen, in seinem Wohnzimmer. Sein psychedelischer Americana Sound fand schnell viele Fans. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen an sein neues Album. Auch diesmal lebt die Musik von großen, weiten Melodien, verträumt und melancholisch. "Silver Season" hat Israel Nash dieses Album genannt.
Kein alter Mann und kein Kind mehr
"Der Albumtitel ist eine Anspielung auf eine bestimmte Phase meines Lebens, in der ich die Lieder geschrieben habe. Die Zeit vom Beginn der Arbeit an einem neuen Album bis zu dessen Fertigstellung, das ist für mich eine Season. In vielen der Texten diesmal geht es darum, unabhängig zu sein, von Konventionen, die sich Menschen ausgedacht haben. Von diesem Konzept und den damit verbundenen Begrenzungen und Regeln wollte ich mich wegbewegen. Solche Dinge wie Zeit und Geld bestimmen so sehr unseren Alltag, dabei sind das einfach nur Erfindungen der Menschheit."
Außerdem hab ich das Gefühl, dass ich mich gerade in der silbernen Periode meines Lebens befinde. Ich bin noch kein alter Mann, aber auch kein Kind mehr. Für mich sind das gerade meine silbernen Jahre. Noch nicht golden, das kommt noch."
Nach diesem Satz stellt man sich wahrscheinlich einen 50-Jährigen vor, mit grauen Schläfen und Falten um die Augen. Dabei ist Israel Nash gerade mal 34. Das ist umso beeindruckender, weil seine Musik klingt wie eine Zeitreise in die 1970er. Tolle, weite Gitarrenflächen, keinerlei elektronischer Schnickschnack und eine Stimme, die sehr an Neil Young erinnert: nasal mit einer markanten Kopfstimme. Ein Album entsteht für Israel Nash im Studio und nicht am Computer. Deshalb hat er sich auf seiner Farm in Dripping Springs extra ein Studio gebaut. Die ländliche Umgebung, die Weite und Ruhe, all das wollte er in den Klang des Albums einbauen. Und das ist ihm gelungen. Er singt von seiner zweijährigen Tochter, und wie sehr sie ihn als Mensch verändert hat, von Lebenseinstellungen und gesellschaftlichen Problemen.
Wunderbare Klänge und Kompositionen
"Der Parlor Song ist ein sehr ernstes Lied. Ich habe es nach dem Amoklauf an der Sandy Hook Grundschule in Connecticut geschrieben. Aber am Ende geht es eher um den sinnlosen Einsatz von Waffen vor allem in den USA. Ich reise sehr viel und bin oft in Europa. Und ja, überall gibt es Probleme. Aber wenn ich mal Europa und die USA vergleiche, dann haben wir hier einige Probleme, die es in Europa nicht so gibt. Deshalb wollte ich ein Lied darüber schreiben, eine zynische Interpretation über den Waffengebrauch hier. Es macht mich wütend, dass Kinder grundlos sterben müssen, unschuldige Menschen."
Israel Nash's Silver Season ist kein nettes Nebenbei-hör-Album, bei dem man leicht vergessen könnte, dass die Musik überhaupt läuft. Wer sich aber Zeit nimmt für die neun Stücke des Albums, hat die Chance, wunderbare Klänge und Kompositionen zu entdecken. Und er hat Israel Nash´s Gedanken hinter diesem Album verstanden.
"Ich wünsche mir, dass Menschen dieses Album hören, wie sie auch einen Film sehen, von vorne bis hinten die gesamten 50 Minuten. Dass sie sich in die Musik fallen lassen, ihre Gedanken treiben lassen. Das war meine Idee dahinter."
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