Kooperation im Weltall
Russen, Amerikaner und ein Deutscher arbeiten derzeit auf der ISS zusammen. © NASA
„Russland und die USA brauchen einander auf der Raumstation“
04:32 Minuten
Der Ukraine-Krieg sorgt für schwerste Spannungen zwischen Russland und dem Westen. Nicht so im Weltall. Auf der Internationale Raumstation ISS arbeiten die sieben Kosmonauten eng zusammen. Raumfahrtexperte Dirk Lorenzen glaubt, das werde auch so bleiben.
Die internationalen Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs wirken sich auch auf die Raumfahrt aus. Alle gemeinsamen Projekte von Europa und Russland wurden ausgesetzt – unter anderem hat die Europäische Weltraumorganisation (ESA) eine Mars-Mission mit Russland gestoppt.
Auf der Internationalen Raumstation ISS läuft der Betrieb unterdessen weiter, als wäre nichts geschehen. Zwei Russen, vier US-Amerikaner und der Deutsche Matthias Maurer arbeiten im Weltall zusammen. Am Freitag starteten drei weitere ISS-Kosmonauten von Baikonur aus zur ISS.
„Gute, professionelle Zusammenarbeit“
Auf der Raumstation herrsche in der Tat Routine wie immer, sagt der Wissenschaftsjournalist Dirk Lorenzen. Die USA und Russland würden „die gute professionelle Zusammenarbeit dort im Weltall“ betonen, „die dort auch sehr friedlich laufe, sagt man.“
Die nun gestarteten russischen Kosmonauten sollen am Freitag um 20 Uhr an der ISS andocken, so der Experte. Ende März solle dann eine Sojus-Kapsel von ISS mit zwei Russen und einem Amerikaner zur Erde zurückkehren. Lorenzen meint, solange der US-Astronaut nicht wieder gelandet sei, werde die NASA auch keinerlei Änderungen an der Mission vornehmen.
Stürzt die ISS ab, trifft sie auch Russland
Im aktuellen Konflikt mit den Westen gab es aber auch schon ganz andere Töne zur Raumfahrt. Dmitri Rogosin, Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, hatte erst vor wenigen Tagen gewarnt, die ISS könne wegen der westlichen Sanktionen abstürzen. Für Lorenzen ist das die „schon sprichwörtliche Raserei“ Rogosins. „Selbst wenn man die ISS jetzt sich selbst überließe, wäre sie noch mehrere Jahre in der Umlaufbahn“, so der Raumfahrt-Experte. Rogosin zeige hier aber auch „einige Wissenslücken“. „Er meinte, die ISS könne, wenn sie denn unkontrolliert abstürzt, die USA und Europa treffen – nicht aber Russland. Das ist Unfug.“ Die Raumstation würde in diesem Fall auch weite Teile Russlands treffen, etwa die Schwarzmeerküste. Lorenzen: „Das werden die Russen sicherlich nicht zulassen.“
Dass sich eines der beiden Länder wegen des Ukraine-Krieges absehbar aus der ISS-Mission zurückzieht, glaubt Lorenzen nicht. „Russland und die USA brauchen einander auf der Raumstation“, sagt er. So hebe Russland etwa die Raumstation regelmäßig mit einem kleinen Raumschiff an. Dies sei nötig, da die ISS aufgrund der Reibung an der Restatmosphäre etwa einen Kilometer pro Monat absinke. Umgekehrt liefere der amerikanische Teil den größten Teil des Stromes, so Lorenzen. „Die ISS geht nur zusammen oder gar nicht.“
Mars-Mission könnte sich um Jahre verzögern
Erhebliche Auswirkungen hat der Stopp der Zusammenarbeit auf andere Projekte der Raumfahrt wie etwa die Mars-Mission, weiß Lorenzen. Es könne zu Verzögerungen von mehreren Jahren kommen. Für die Wissenschaftler sei das „eine sehr frustrierende Lage“.
(tmk)