Mehr als die dunkle Seite des Internets
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Das Darknet ist keineswegs nur ein Hort der Kinderschänder und Waffenschieber. Auch unbescholtene Bürger nutzten es für die anonyme Kommunikation, sagt Martin Steinebach vom Fraunhofer-Institut, an dem das dunkle Netz gerade erforscht wird.
Waffenverkäufe, Kinderpornografie, Drogenhandel − solche Geschäfte werden heute oft über das sogenannte Darknet abgewickelt. Jüngstes Beispiel: die Kinderpornografie-Plattform "Elysium", deren Betreiber in der vergangenen Woche zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.
Gleichwohl ist das Darknet mehr als nur die dunkle Seite des Internets. Angesichts von immer mehr Überwachung − Stichwort "gläserner Bürger" − müsse man auch über die nützlichen Seiten des Darknet diskutieren, sagt Martin Steinebach, Experte für IT-Sicherheit am Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie in Darmstadt.
Auch unbescholtene Bürger nutzten das Darknet zur anonymen Kommunikation, betonte Steinebach im Deutschlandfunk Kultur. "Es schafft einen Raum, in dem Zensurfreiheit und Anonymität herrscht, und das wird von vielen sehr positiv wahrgenommen."
Das Darknet lässt sich nicht einfach abschalten
Das Darknet sei kein homogener Raum, sagte Steinebach. "Wenn wir vom Darknet reden, reden wir im Augenblick eigentlich immer vom Tor-Netzwerk. Und das Tor-Netzwerk wiederum ist ein Verschlüsselungsprotokoll, das einfach sicherstellt, dass es sehr schwer ist, die Kommunikation zwischen zwei Personen zu überwachen." Außerdem sorge dieses Protokoll für die Möglichkeit, im Darknet nicht nachvollziehbar Dienste und Server anzubieten.
Abschalten lasse sich das Darknet ohnehin nicht ohne weiteres. * "Jeder kann mit seinem Rechner Teil dieses Netzes werden und dadurch helfen, dass es schwerer wird, die Kommunikation in diesem Netz zu überwachen", sagte Steinebach.
Ein interdisziplinäres Projekt erforscht das Darknet
Welche Infrastrukturen im Darknet entstanden sind und welche technischen und gesellschaftlichen Auswirkungen diese haben, untersucht seit 2017 das auf fünf Jahre angelegte interdisziplinäre Forschungsprojekt "Panda" der TU Darmstadt und des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie.
Beteiligt daran sind Informatiker, Philosophen, Soziologen, Psychologen und Juristen. "Wir wollen das Darknet weder technisch besonders tief ergründen, noch wollen wir uns darauf beschränken oder konzentrieren, technische Maßnahmen gegen das Darknet zu entwickeln, genauso wenig wie für das Darknet", sagte Steinebach. Der wichtige erste Schritt sei, zu verstehen, was für Chancen das Darknet biete − und was die Risiken seien.
(uko)
* Redaktioneller Hinweis: Wir haben an dieser Stelle einen Satz entfernt, der eine falsche Behauptung über die Verbindung von Usern untereinander im Tor-Netzwerk enthielt.