Das Wunder der Oper von Rom
Der Opernsanierer hat wieder zugeschlagen: Das römische Opernhaus stand bereits kurz vor der Pleite, als Carlo Fuortes den Posten des Intendanten übernahm. Der Wirtschaftsmann zückte den Rotstift, es kam zu wilden Streiks - aber die Oper scheint gerettet.
Die neapolitanische Sopranistin Maria Grazia Schiavo begeisterte vor wenigen Tagen im römischen Opernhaus als Lucia di Lammermoor das Publikum.
Schiavos Stimme, vor allem in der so genannten Wahnsinnsarie, war ein musikalischer Genuss – den auch die Verantwortlichen der Staatsoper genießen konnten, ohne an den alltäglichen Wahnsinn ihres Hauses denken zu müssen. Ihre Sorgen scheinen jetzt vom Tisch zu sein.
Monatelang berichteten die Medien über die mehr als nur prekäre Situation der römischen Staatsoper: über einen riesigen Schuldenberg in Höhe von rund 25 Millionen Euro - Schulden und nicht gezahlte Verbindlichkeiten - und die Möglichkeit einer Schließung des einzigen Musiktheaters der italienischen Hauptstadt.
Vorbei die Zeiten
Doch Tempi passati, wie die Italiener sagen, vorbei sind diese Zeiten.
Diese Woche verkündete Intendant Carlo Fuortes, während einer mit Spannung erwarteten Pressekonferenz, das die gefährlichen gefährdeten Zeiten für sein Haus vorbei sind:
"Für eine Institution wie die unsere war ein Defizit von über zehn Millionen Euro ein großes Problem. Aber wir haben das jetzt in den Griff bekommen und keine Schulden mehr. Dieses Resultat erreichten wir vor allem dank eines Gesetzes, die Legge Bray".
2013 verabschiedete der damalige Kulturminister Massimo Brey ein Gesetz, das nach ihm benannt wurde. Mit Hilfe dieses Gesetzes soll den verschuldeten italienischen Staatstheater finanziell unter die Arme gegriffen werden. Mit dem Ziel, ihre Schließung zu verhindern und ihnen endlich wieder finanziellen Spielraum zu geben, um auf die Beine zu kommen. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Theater, die in den Genuss dieses Gesetzes kommen, nachweislich darum bemühen, zu sparen.
Ein Blick zurück: Erst Ende 2013 wurde der Schuldenberg der Staatsoper bekannt. Ein Schuldenberg, der von dem ehemaligen Intendanten verschwiegen worden war.
Die Folge: Roms neuer sozialdemokratischer Bürgermeister entließ den von seinem rechten Vorgänger ernannten Intendanten Catello de Martino und nominierte bewusst einen Nachfolger, der nicht aus dem künstlerischen Ambiente kommt. Carlo Fuortes ist eigentlich ein Mann der Wirtschaft, macht sich aber seit Jahren als Opernhaussanierer einen Namen. So rettete er beispielsweise das hoch verschuldete Teatro Petruzzelli im apulischen Bari vor der Schließung. Fuortes kündigte gleich nach seiner Amtsübernahmen als Intendant eine grundlegende Finanzreform an.
Wilde Streiks und hoch sensible Musiker
Die Orchestermusiker des Opernhauses waren von diesem Reformeifer alles andere als begeistert. Gewöhnt an und verwöhnt von Zusatzhonoraren für alle nur denkbaren und zum Teil unglaublichen Leistungen - die in anderen Theaterorchestern gratis sind, wie zum Beispiel die Fahrt von der Staatsoper zur Sommerbühne in die nur zwei Kilometer entfernten Caracallathermen - streikten sie. Wilde Streiks, immer wieder und ohne große Vorankündigungen. Das führte schließlich dazu, dass Riccardo Muti, hoch sensibler Ehrendirigent der Staatsoper, nervös wurde, das Handtuch warf und ging.
Die Situation eskalierte: Ohne Muti als musikalisches Aushängeschild, mit Schulden und Streiks sah es um die Zukunft des Hauses düster aus.
Carlo Fuortes hingegen gelang das Wunder der Oper von Rom. In nur wenigen Wochen handelte er mit den Gewerkschaften einen Burgfrieden aus. Und, ganz wichtig: Sein Haus kommt in den Genuss der Legge Bray. So überwies das Kulturministerium bereits 20 Millionen Euro. Fünf weitere Millionen werden noch folgen. So kann Fuortes jetzt ausgeglichene Bilanzen präsentieren.
Aber nicht nur diese positive Nachricht präsentiert der Intendant der Öffentlichkeit:
"In der Vergangenheit wurde immer wieder der falsche Weg eingeschlagen. Wir haben dafür gesorgt, dass endlich mehr und gezielt für unsere Saison geworden wird, wir bieten mehr Veranstaltungen als in der Vergangenheit und die Resultate lassen sich sehen. Sie beweisen, dass wir das Zeug haben auch schwierigste Situationen in den Griff zu bekommen."
Das ist nicht übertrieben.
In den ersten drei Monaten dieses Jahres konnte die Gesamt-Performance des Hauses überraschend verbessert werden. Im Vergleich zum ersten Quartal 2014 wurden für Opernaufführungen fast 50 Prozent mehr Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten gemacht.
Um die römische Staatsoper von ihrem Ruf zu befreien, ein Haus zu sein, das primär Oper des 19. Jahrhundert auf die Bühne bringt, wurde in diesen Tagen Giorgio Battistelli, einer der bekanntesten zeitgenössischen Komponisten Italiens, zum zweiten musikalischen Direktor ernannt. Mit dem Ziel, endlich auch moderne und zeitgenössische Stücke ins Programm aufzunehmen, und so ein Publikum anzusprechen, dass bisher kein Interesse am Besuch des Opernhauses zeigte. "Die auf diese Weise erwarteten Mehreinnahmen für unser Haus", erklärte Fuortes am Mittwoch, "werden die Mehrausgaben für ein zweites Direktorengehalt schnell vergessen machen."