Der Staat hat kein Geld und tut nichts für die Sponsoren
Privatgelder für staatliche Kulturinstitutionen - seit den radikalen Kürzungen unter Silvio Berlusconi ein großes Thema in Italien. Allein, es funktioniert nicht recht: Italiens Kulturszene befindet sich inmitten einer gewaltigen Krise. Patenschaften entstehen zu zögerlich und daran sind die Stadtverwaltungen nicht ganz unschuldig.
"Private Sponsoren beteiligen sich, wenn auch nur gering, an der Finanzierung der Theater. Und das ist ja gut so, denn unsere Theater müssen mit privaten Geldern co-finanziert werden, sonst kommen wir nicht über die Runden."
Carlo Repetti ist Direktor des Schauspielhauses in Genua. Er spricht sich seit Jahren dafür aus, dass das Kulturministerium mehr dafür tun müsse, damit Italiens Unternehmen verstärkt als Kultur-Sponsoren auftreten.
Privatgelder für staatliche Kulturinstitutionen, Public Private Partnerships: Das ist in Italien ein großes Thema, vor allem seit den Regierungsjahren von Medienzar Silvio Berlusconi, erklärt der römische Musikkritiker Franco Soda:
"Er war der erste in Italien, der die Finanzierung für Theater radikal kürzte, um, so seine Idee, wie in den USA zu einer Realität der Public Privat Partnership zu gelangen. Doch das funktioniert hier nicht. Es finden sich nur wenige private Geldgeber und so begann die große Theaterkrise, die seit einiger Zeit dramatisch geworden ist."
"Fässer ohne Boden"
Berlusconis Idee der Public Privat Partnership funktioniert nicht, weil privaten Geldgebern nicht die Möglichkeit gegeben wird, ihr Sponsoring steuerlich abzusetzen. Ein anderer Punkt ist der, dass private Geldgeber zögern Finanzspritzen in - so Mauro Mariani, Musikprofessor am römischen Konservatorium und ein profunder Kenner der Italiens Musiktheater - "Fässer ohne Boden" zu geben:
"Die Kürzungen der öffentlichen Gelder haben dazu geführt, das man sich, anfangs jedenfalls, um bessere Finanzen in den Theatern bemühte, doch der Versuch die allgemeine Geldverschwendung in den Griff zu bekommen scheiterte. Die Folge: unsere Theater sind bis auf sehr wenige Ausnahmen, verschuldet."
Private Gelder fließen nur sehr gering, die öffentliche Hand ist leer. Das sich aus dieser Situation ergebende Szenarium für Italiens Kulturszene - nicht nur für die Opernhäuser - ist verheerend. Vor allem in einem Land mit dem weltweit meisten Kulturgütern und in einem Staat mit dem europaweit niedrigsten Budget für die Kultur. Das italienische Kulturministerium erhält pro Jahr 1,6 Milliarden Euro. Viel zu wenig.
Der amtierende Kulturminister Dario Franceschini versucht die Quadratur des Kreises. Wir treffen ihn in der Domus Aurea, in der grandiosen Ruine des Goldenen Hauses von Kaiser Nero - dessen Restaurierung nicht beendet werden kann, weil der Staat kein Geld dafür hat:
"Hier fehlen 30 Millionen. Für ein Restaurierungsprogamm von vier Jahren, also 8 Millionen in etwa pro Jahr. Ich finde es absurd, dass diese Arbeiten hier, die in aller Welt Beachtung finden, keinen privaten italienischen Sponsor finden."
Wie im Fall des der Domus Aurea benachbarten Kolosseums. Dort fand man nach Jahre langer Suche einen Sponsor für dringend notwendig gewordene Reinigungsarbeiten. Der italienische Lederwarenunternehmer Diego della Valle gab 25 Millionen Euro für das Kolosseum. Unglaublich, aber wahr: 5 Millionen davon kassierte der Fiskus als Steuer ein. Solange italienische Sponsoren befürchten müssen, dass 20 Prozent ihrer Finanzspritzen beim Finanzamt landen, sind sie in nur seltenen Fällen dazu bereit Geld zu geben.
Große Bereitschaft in Italien sichtbar
Die Folge dieser absurden Situation: Viele Unternehmen finanzieren eigene, private Kultureinrichtungen - Museen, Orchester, Kunstsammlungen - ohne Beteiligung des Staates.
In ganz Italien gibt es eigentlich nur zwei Beispiele perfekt funktionierender Public Private Partnership.
In Cremona schenkte der italienische Philanthrop Pasquale Nestico der Stadt ein Violinenmuseum - das jetzt von einer privaten Stiftung gemeinsam mit der Stadtverwaltung und, dank Nestico, ohne Geldprobleme, gemanagt wird. Und im süditalienischen Ercolano organisiert ein US-amerikanischer Geldgeber, David Packard, das Herculaneum Conservation Project. Chefarchäologe Domenico Camardo:
"Das ist ein Projekt zum Erhalt und zur Erforschung dieser antiken Stadt, die wie Pompeji im Aschenregen unterging. Unser Grabungsprojekt ist auf viele Jahre angelegt."
Seit 20 Jahren finanziert die Packard-Stiftung die archäologischen Arbeiten in Ercolano. In harmonischer Zusammenarbeit mit den staatlichen Archäologen. Das Resultat: eine perfekt funktionierende Public Private Partnership, die für Italien Vorbildcharakter haben könnte. Wenn, ja, wenn die politisch Verantwortlichen nicht nur steuerliche Vorteile für Sponsoren in Aussicht stellen würden, sondern vor allem ganz gezielt private Unternehmensstiftungen, die bereits im Kulturbereich tätig sind, sowie kulturbegeisterte Philanthropen ansprechen würden. Denn dass es eine große Bereitschaft zum Sponsoren in Italien gibt beweist der Fall Venedig: dort sind etwa zehn private Stiftungen zum Erhalt historischer Monumente aktiv. Doch die Stadtverwaltung Venedig hat sich bisher in keiner Weise an irgendeiner Form von Zusammenarbeit mit diesen Stiftungen interessiert gezeigt.