Zentralisierung und Politisierung statt Autonomie
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Italiens Kulturminister Bonisoli dreht die vor fünf Jahren initiierte Museumsreform zurück. Ausländische Direktoren verlassen das Land, so auch Peter Aufreiter. Es drohe mehr Kontrolle durch Rom, so dass in Zukunft eher Bürokratieexperten gebraucht würden.
Seit 2015 gibt es in Italien eine ganze Reihe internationaler Museumsleute, die in ihren Museen grundlegende Reformen durchgeführt haben, unter anderem in Florenz, Neapel, Manuta und Mailand.
Jetzt, so scheint es, dreht die italienische Regierung diese Entwicklung zurück. Mehrere nicht-italienische Direktoren verlassen das Land, so zum Beispiel auch der Österreicher Peter Aufreiter. Er ist seit 2015 Direktor der Galleria Nazionale delle Marche in Urbino. Im Januar wird er Direktor des Technischen Museums in Wien.
Mit der Reform konnten Museen modernisiert werden
Im Deutschlandfunk Kultur berichtet der scheidende Museumsdirektor von der Aufbruchsstimmung und Anziehungskraft, die von der 2014 vom damaligen Kulturminister Dario Franceschini initiierten Museumsreform ausging.
Den 20 wichtigsten Museen wurde Autonomie zugestanden, die Verwaltung und der Schutz der Kulturgüter wurde von der Valorisierung derselben getrennt, so wie in anderen Ländern auch. So konnten die Museen im internationalen Maßstab modernisiert und geöffnet werden. "Das war wirkliche Basisarbeit, auch für meine Kollegen", erklärt Aufreiter.
Vor der Reform waren alle 500 staatlichen Museen in Italien dem Kulturministerium unterstellt. Auch flossen bis dahin sämtliche, von den Museen selbst erwirtschaftete Gelder automatisch nach Rom. Das ist seit der Reform anders: Nun kann das eingenommene Geld nach eigenen Erwägungen verwendet oder investiert werden.
Mehr Kontrolle durch Rom
Aber nun wolle der neue Kulturminister Alberto Bonisoli einheitliche Strukturen schaffen, so Aufreiter – und Entscheidungen in Rom treffen können, wie zum Beispiel über Leihgaben, die ins Ausland gehen. Außerdem wolle er eine Kontrolle über die Ausgaben der Museen.
Aufreiter findet diese Strategie jedoch nicht richtig, denn: "Je mehr Autonomie die einzelnen Museen haben, um so mehr einzelne Stellen gibt es, die für das Wohl der Region, aber auch Italiens kämpfen."
Zentralisierung begünstigt Politisierung
Ferner führe eine solche Zentralisierung auch zu einer Politisierung, wie man an den Verhandlungen zwischen Italien und Frankreich über Leihgaben von Leonardo da Vinci und Raffael sehen kann. Von beiden Künstlern wird in diesem und im kommenden Jahr der jeweilige 500. Todestag begangen. "Das sind bei so einer Größenordnung politische Entscheidungen."
Betrachtet man die letzten Neubesetzungen von Direktionsposten in italienischen Museen, fällt zudem auf, dass keine ausländischen Kandidaten mehr eingeladen würden. Stattdessen heiße es nun, ein Italiener könne das genauso gut wie ein Ausländer, sagt Aufreiter.
In Zukunft Bürokratieexperten gefragt
Sollte es tatsächlich zu einer solchen Zentralisierung und Politisierung kommen, dann würden ohnehin weniger Museumsmanager aus dem Ausland gebraucht, als vielmehr Experten für italienische Bürokratie. Aufreiter sieht also gewisse Schwierigkeiten auf das Ministerium zukommen, sollten immer mehr Entscheidungen in Rom getroffen werden. Auch die Qualität der Ausstellungen würde darunter leiden, prophezeit der scheidende Direktor des Galleria Nazionale delle Marche in Urbino.
(crs)