Jacinta Nandi: Die schlechteste Hausfrau der Welt. Ein Erfahrungsbericht und Manifest
Edition Nautilus, Hamburg 2020
208 Seiten, 16 Euro
"Eltern zwingen, dass Vater-Zeit genommen wird"
06:52 Minuten
Die Welt auf Instagram ist immer perfekt. Das macht Müttern mit Kindern reichlich Stress, meint Jacinta Nandi. Die alleinerziehende Autorin schildert ihren Kampf mit der Care-Arbeit in "Die schlechteste Hausfrau der Welt" - und das durchaus amüsant.
"Ich komme oft mit meinem Kind hierher, und der Junge ist so ein Lockdown-Kind. Er ist besessen davon zu schauen, welche Ente Freunde hat und welche Ente keine Freunde hat.
Und wenn ein Entchen allein ist, sagt er: 'Die geht nicht zur Kita, sie hat keine Freunde.' Und wenn die anderen Enten alle zusammen sind, sagt er: 'Das ist eine Kita-Ente, die sind in der Kita.' Er tut mir so leid."
Seit Dezember wohnt Jacinta Nandi mit ihren beiden Söhnen ganz im Süden Berlins, im Stadtteil Lichtenrade. Seit zwanzig Jahren lebt die aus Ost-London stammende Britin in Berlin.
Seit Dezember wohnt Jacinta Nandi mit ihren beiden Söhnen ganz im Süden Berlins, im Stadtteil Lichtenrade. Seit zwanzig Jahren lebt die aus Ost-London stammende Britin in Berlin.
Wir treffen uns auf dem malerischen alten Dorfanger. Neben dem idyllischen Ententeich, den wir umrunden, steht eine Kirche aus dem 14. Jahrhundert.
Hat die schlechteste Hausfrau der Welt heute ihre Arbeit schon erledigt?
"Was habe ich gemacht? Also, ich war ein bisschen zu spät, weil ich mich mit meinem Sohn gestritten habe, weil er die Waschmaschine entleeren sollte. Und er hat gesagt: 'Nein ich mache das nicht. Ich bin kindisch, aber ich bin ein Teenager, ich darf kindisch sein.'"
"Was habe ich gemacht? Also, ich war ein bisschen zu spät, weil ich mich mit meinem Sohn gestritten habe, weil er die Waschmaschine entleeren sollte. Und er hat gesagt: 'Nein ich mache das nicht. Ich bin kindisch, aber ich bin ein Teenager, ich darf kindisch sein.'"
Die Männer helfen nicht gern
Ob es der 16-jährige Teenager ist oder der gestandene Wissenschaftler, mit dem Jacinta Nandi noch einen Sohn im Kindergartenalter hat und von dem sie inzwischen getrennt lebt - die Männer in ihrem Leben helfen nicht gern bei der Hausarbeit.
Damit ist die 40-Jährige nicht allein. Bei Dreivierteln der deutschen Paare schafft der Mann mehr Geld ran und geht entsprechend davon aus, dass Hausarbeit und Kindererziehung Frauensache sind. Auch wenn die Frau ebenfalls arbeitet.
Um ihrer Arbeit als Autorin nachgehen zu können, putzt die Wahlberlinerin auch mal um 5 Uhr früh das Bad und hat trotzdem das Gefühl, nie fertig zu sein.
"Wahnsinn, oder? Es gibt Tage, an denen ich keine Arbeit habe. Ich muss nur auf den Kleinen aufpassen, und ich muss nur kochen und putzen und auf ihn aufpassen. Und am Ende des Tages sieht es genauso scheiße aus wie an den Tagen, an denen ich etwas zu erledigen hatte. Dann denke ich: Wie kann das sein? Ich wundere mich immer, man macht keine Fortschritte."
Noch dazu erfahren Frauen kaum Anerkennung für diese Arbeit. Wie Sexarbeiterinnen, schreibt Jacinta Nandi in ihrem amüsanten, kolumnenartigen Buch. Mache man die Hausarbeit nicht, sei man eine Schlampe, mache man sie doch, sei man eine dumme Schlampe, die sich ausbeuten lasse.
"Ich glaube, diese Instagram-Inszenierung von der perfekten Wohnung, den perfekten Kindern, dem perfekten Spaziergang – das ist alles eine Lüge. Ich meine, wir wissen, dass es eine Lüge ist, aber es macht sehr, sehr, sehr hohe Erwartungen."
"Wahnsinn, oder? Es gibt Tage, an denen ich keine Arbeit habe. Ich muss nur auf den Kleinen aufpassen, und ich muss nur kochen und putzen und auf ihn aufpassen. Und am Ende des Tages sieht es genauso scheiße aus wie an den Tagen, an denen ich etwas zu erledigen hatte. Dann denke ich: Wie kann das sein? Ich wundere mich immer, man macht keine Fortschritte."
Noch dazu erfahren Frauen kaum Anerkennung für diese Arbeit. Wie Sexarbeiterinnen, schreibt Jacinta Nandi in ihrem amüsanten, kolumnenartigen Buch. Mache man die Hausarbeit nicht, sei man eine Schlampe, mache man sie doch, sei man eine dumme Schlampe, die sich ausbeuten lasse.
"Ich glaube, diese Instagram-Inszenierung von der perfekten Wohnung, den perfekten Kindern, dem perfekten Spaziergang – das ist alles eine Lüge. Ich meine, wir wissen, dass es eine Lüge ist, aber es macht sehr, sehr, sehr hohe Erwartungen."
Männer merken es nicht
Dazu kommt: Frauen stemmen die Hauptlast, aber Männer merken das nicht. In einer Bertelsmann-Studie vom Dezember 2020 gaben 69 Prozent der befragten Frauen an, den Löwenanteil im Haushalt zu erledigen. Trotzdem waren die männlichen Teilnehmer der Meinung, Kinderbetreuung und Hausarbeit seien gerecht aufgeteilt.
Diese ungleiche Wahrnehmung sei in Deutschland stärker ausgeprägt als in England, meint Nandi.
"Eine Sache, die vielleicht fast fairer ist, dass die britischen Männer zumindest wissen, dass die Frauen mehr machen. Und alle die deutschen Männer sagen: 'Nein, ich mache so viel wie meine Frau, ich mache sogar mehr.' Sie sagen: 'Ja, ich habe mich gewundert, als ich dein Buch gelesen habe, Jacinta, weil der deutsche Mann heutzutage viel mehr im Haushalt macht als die deutsche Frau.'"
Dafür klappe es hierzulande besser mit der Kostenübernahme bei der Kinderbetreuung. Aber fängt die ungleiche Verteilung der Hausarbeit nicht erst mit den Kindern so richtig an?
"Ich denke das auch, aber meine kinderlosen Freundinnen sagen alle: Unterschätze nicht die Faulheit der Männer."
"Eine Sache, die vielleicht fast fairer ist, dass die britischen Männer zumindest wissen, dass die Frauen mehr machen. Und alle die deutschen Männer sagen: 'Nein, ich mache so viel wie meine Frau, ich mache sogar mehr.' Sie sagen: 'Ja, ich habe mich gewundert, als ich dein Buch gelesen habe, Jacinta, weil der deutsche Mann heutzutage viel mehr im Haushalt macht als die deutsche Frau.'"
Dafür klappe es hierzulande besser mit der Kostenübernahme bei der Kinderbetreuung. Aber fängt die ungleiche Verteilung der Hausarbeit nicht erst mit den Kindern so richtig an?
"Ich denke das auch, aber meine kinderlosen Freundinnen sagen alle: Unterschätze nicht die Faulheit der Männer."
Mehr Unterstützung für Alleinerziehende
In ihrem Buch erzählt Jacinta Nandi, ein Synonym englischer Feministinnen fürs Hausfrauen-Dasein laute ‚chained to the kitchen sink‘ – also: ans Spülbecken gekettet sein. Wie können wir diese Ketten aufbrechen?
"Ich denke, eine Sache, die sehr gut ist und die vielleicht klappen wird, dass wir die Männer und die Eltern und die Papas und auch die Mamas, dass wir sie zwingen, dass Vater-Zeit genommen werden muss. Nicht Elternzeit, sondern tatsächlich Vater-Zeit."
"Ich denke, eine Sache, die sehr gut ist und die vielleicht klappen wird, dass wir die Männer und die Eltern und die Papas und auch die Mamas, dass wir sie zwingen, dass Vater-Zeit genommen werden muss. Nicht Elternzeit, sondern tatsächlich Vater-Zeit."
Außerdem müssten Alleinerziehende mehr Unterstützung bekommen - und zwar direkt die Kinder. Auch so könne sich mit der Zeit das Verhältnis zwischen Frau und Mann bessern. Als ihre Mutter Kind war, sei es noch undenkbar gewesen, dass deren Vater irgendetwas im Haushalt mache.
"Bei unserer Familie hat mein Stiefpapa einmal pro Monat etwas gekocht. Und dann war richtig Tralala. Also, vielleicht wird es in jeder Generation ein bisschen besser, gerechter."
Absurdität des Ungleichgewichts
Hoffentlich hat Jacinta Nandi recht. Immerhin hat sie es geschafft, im permanenten Haushalts- uns Familienchaos dieses unterhaltsame Trost-Buch zu schreiben. "Die schlechteste Hausfrau der Welt" liefert zwar kaum Erklärungen oder soziologische Analysen, aber Jacinta Nandi zeigt mit schwarzem Humor die ganze Absurdität des Ungleichgewichts.
Beim Lesen fühlt man sich gleich weniger allein im täglichen Kampf gegen Wäscheberge und schmutziges Geschirr. Und tatsächlich gibt es im Geschlechterverhältnis ja immer wieder Überraschungen – bei uns Menschen und am Ententeich.
"Ich hatte mal gelesen, dass die grünen Enten die männlichen Enten sind, und die grauen die Frauen. Und dass die grünen ihr Grün zum Winter verlieren. Und dieser Winter ist mein erster Winter, den ich in der Nähe eines Teiches verbringe. Und ich stelle fest: Es stimmt gar nicht, die sind so grün wie immer."
"Ich hatte mal gelesen, dass die grünen Enten die männlichen Enten sind, und die grauen die Frauen. Und dass die grünen ihr Grün zum Winter verlieren. Und dieser Winter ist mein erster Winter, den ich in der Nähe eines Teiches verbringe. Und ich stelle fest: Es stimmt gar nicht, die sind so grün wie immer."