Kunst gegen Überwachung
Der Amerikaner Jacob Appelbaum ist vor allem als Internetaktivist und Journalist bekannt. Jetzt wird in der NOME Galerie in Berlin seine erste Solo-Ausstellung als Künstler eröffnet - er hat Menschen porträtiert, die Opfer von Daten-Überwachung geworden sind.
Was man hier hört, sind die Geräusche beim Auspacken eines gut verschnürten mittelgroßen Paketes.
Jacob Appelbaum: "This is a set of the prints for the show ..."
Jacob Appelbaum: "This is a set of the prints for the show ..."
Das ist Jacob Appelbaum: Computersicherheits-Experte, Journalist, Software-Entwickler, Hacker und Künstler. Vorsichtig packt er kleinere Abzüge der Bilder aus, die in seiner ersten deutschen Einzelausstellung zu sehen sein werden.
"Which are much smaller than the final ones, but we wanted to have something that we could hold in our hands easily, to show to people."
Der Gründer der NOME Galerie Luca Barbeni, bewundert die sechs farbigen Drucke, die Appelbaum langsam aus ihrer sorgfältig angelegten Verpackung herausschält. Es sind in analogem Verfahren mit Infrarotfilm gemachte Aufnahmen, die auf einem besonders sensiblen Fotopapier vergrößert worden sind und deshalb hauptsächlich Rot-Gelb-Schwarz Töne aufweisen.
Er hat sieben Menschen portraitiert, die etwas gemeinsam haben. Sie alle sind Opfer von Überwachung geworden, da sie, teilweise von sehr unterschiedlichen Seiten aus, für dieselbe Sache kämpfen: für die Zugänglichkeit von Informationen, für Transparenz, gegen den Missbrauch von Daten und für die Privatsphäre jedes Einzelnen.
Ein moderner Aufklärer
Das ist auch Jacob Appelbaums Mission. Im Grunde genommen ist er ein moderner Aufklärer. Information ist Macht, und kann in den falschen Händen gegen dich verwendet werden. Mit all seinen Arbeiten, egal ob als Software Entwickler oder Internetaktivist, versucht er dafür zu sensibilisieren. Auch die Werke seiner Einzelausstellung werden von dieser politischen Mission umklammert.
"Ich versuche, mit der Kunst die ich schaffe, Menschen dazu zu bringen ein bisschen anders über die Prozesse in die wir verwickelt sind zu Denken und zu Fühlen. Das ist auch der Grund, warum ich die Bilder der Leute die ich hier zeige, nicht um Edward Snowden herum gruppiert habe, sondern um die Idee des Widerstands an sich. Das ist mir sehr wichtig."
Ein Netzwerk des Widerstandes, das sich mit seinem persönlichen Netzwerk überschneidet. Ob mit WikiLeaks Gründer Julian Assange oder dem ehemaligen technischen Direktor der NSA William Binney:
"Das ist einer meiner liebsten Menschen auf dem Planeten, ihn kennenzulernen hat mein Leben wirklich verändert."
Ob mit dem Journalisten Glenn Greenwald, oder der Filmemacherin Laura Poitras:
"Laura ist eine der beeindruckensten Personen die ich in meinem Leben getroffen habe. Wer weiß wie mein Leben wäre, wenn ich sie nicht getroffen hätte, aber auf jeden Fall ist es viel besser, weil ich sie kennengelernt hab."
Protagonisten einer größeren Bewegung
Mit allen verbindet Appelbaum eine individuelle Geschichte. Und das sieht man den Bildern an. Man sieht beispielsweise Laura Poitras auf einem kleinen Sofa liegen und aus der Entfernung in die Kamera lächeln. Oder Glenn Greenwald und David Miranda die eng umschlungen im Garten ihres Hauses in Rio de Janeiro stehen. Weil er, Jacob Appelbaum, der Fotograf ist, werden die Bilder in einen politischen Kontext gerückt. Die Portraitierten werden so zu beispielhaften Protagonisten einer größeren Bewegung, die die Autonomie des Einzelnen zurück fordert.
"Es geht immer darum, den Menschen die Wahl zu lassen. Ihnen mehr Informationen zu geben, damit sie größere Diskussionen führen können. Es geht darum, Unterschiede auszugleichen und Menschen zu ermächtigen und ermutigen und nicht sie klein zu halten. Diese Art von Autonomie halte ich für sehr wichtig. Und tatsächlich, alle die in der Ausstellung sind, jeder Einzelne den wir fotografiert haben, macht genau das auf seine Weise. Und das finde ich wunderbar."
Neben den großformatigen Bildern, werden noch zwei weitere Objekte in der Ausstellung zu sehen sein. Ein mit geschredderten NSA Dokumenten gefüllter Plüschpanda, der zu einer Kooperationsarbeit mit dem Künstler Ai Weiwei gehört. Und eine Arbeit mit dem deutschen Titel: Schuld, Scham und Angst, eine Kette deren Anhänger, ein durchsichtiges Röhrchen mit Messingdeckelchen, mit teilweise unveröffentlichten geschredderten Dokumenten aus Appelbaums journalistischem Arbeitsprozess gefüllt ist.
Diese Kette kann man zur Unterstützung des Edward Snowden Funds für 50 Euro erwerben. Sie steht für ihn als eine Art Mahnung, um den Wert vernichteter Dokumente fassbar zu machen, auch wenn ihre Zerstörung notwendig zu sein schien.
Diese Kette kann man zur Unterstützung des Edward Snowden Funds für 50 Euro erwerben. Sie steht für ihn als eine Art Mahnung, um den Wert vernichteter Dokumente fassbar zu machen, auch wenn ihre Zerstörung notwendig zu sein schien.
"It's not all transparency or no transparency, there are shades of grey unfortunately."
Ein Symbol für die Grauzonen des Journalismus, wie er sagt.
Die hübsche Kette erscheint allerdings eher wie ein hübsche Trophäe aus der Welt der Whistleblower und ihr Erwerb, mit gutem Zweck, wie eine Aufforderung die Ausstellung durch den Souvenirladen zu verlassen.