Kunst im Zentrum politischer Debatten
Mit der Chefredakteurin des Kunstmagazins Monopol und unserem Kritiker blicken wir auf das Kunstjahr 2018 zurück und stellen fest: Die positiven Debattenimpulse müssen nun strukturell verankert werden, um im kommenden Jahr Früchte tragen zu können.
Chefredakteurin Elke Buhr erklärt rückblickend, dass sich allgemein die Erkenntnis durchgesetzt habe, dass der bisherige, vor allem auf weiße Männer fixierte Kunstkanon, umgeschrieben werden müsse - zu Gunsten der Frauen, die über Jahrhunderte aus den Sammlungen verbannt wurden.
Kritiker Carsten Probst erinnert an die umstrittenen Ausstellungen von Balthus, Chuck Close oder Bruce Weber, die nach Protesten abgesagt oder umgestaltet werden mussten: "Die Brücke zwischen diesen Fällen ist weniger #Metoo als vielmehr ein Protestverhalten gegen eine aktuelle Situation, ein Aufmerksammachenwollen."
Den Protest strukturell verankern
Probst betrachtet dies eher als "etwas Momentanes" und erinnert an die Schnelllebigkeit früherer Protestbewegungen wie "Occupy Wall Street" oder "Anonymous". Dabei mahnt er an, dass plötzlich auftretende Proteste mittelfristig in ein strukturelles Bewusstsein übergehen müssten, in etwas, das nachhaltiger die "Interessen von Frauen im Kunstbetrieb verankert".
Debatten im Internet liefen prinzipiell aufgeregt ab, sagt Buhr. Aber wenn bekannte Kuratoren wie Udo Kittelmann oder der Leiter der Bundeskunsthalle Petitionen unterschrieben, die sich aus solchen Protesten entwickelten, dann sei dies eine positive Entwicklung, so Buhr weiter. Konkret geht es dabei um die Kritik an der Düsseldorfer Gruppenausstellung "Im Zweifel für den Zweifel – Die große Weltverschwörung".
Kunst im Kontext
In der aktuellen Kolonialismus-Debatte um geraubte Kunst aus Afrika und deren Restitution zeichnen beide ein gemischtes Bild. Probst erklärt, dass nun im Zusammenhang mit den ausgestellten Bildern mehr über den Kontext gesprochen werde, also allgemeinere und grundsätzlichere Fragen diskutiert würden. Doch was die Rückgabe der Kunstwerke aus deutschen Museen betrifft, zeigt er sich skeptisch und prognostiziert, dass hier noch ein langer Atem nötig sein werde.
Der indirekte Einfluss der AfD
Buhr erklärt darüber hinaus, dass Museen ins Zentrum politischer Debatten gerückt seien. Doch diese Entwicklung ist nicht nur positiv, wie Probst erklärt: Da die Museen nun auch zu einem politischen Spielfeld geworden seien, habe vor allem die AfD mit dem gezielten Einsatz von Stimmungen und Ängsten bestimmte Entscheidungen indirekt beeinflussen können. Man denke nur an die Versetzung des documenta-Obelisken in Kassel oder die Absage des Dessauer Konzerts der Band Feine Sahne Fischfilet:
"Dieses Weichbild eines merkwürdigen Stimmungsbarometers ist das, was ich längerfristig als wirkliche Gefahr ansehe, wo man wirklich sehr auf der Hut sein muss. Aber im Fall Dessau hat sich dann ja auch wirklich eine fruchtbare Diskussion ergeben", sagt unser Kunstkritiker Carsten Probst.