Jahrestag der Anschläge von Scharm el Scheich

Terror gegen Touristen

Zerstörte Autos und Gebäude nach den Anschlägen von Scharm el Scheich am 23.07.2005
Zerstörte Autos und Gebäude nach den Anschlägen von Scharm el Scheich © dpa / picture alliance / Khaled El-Fiqi
Von Björn Blaschke |
Vor zehn Jahren sind bei einer Bombenserie im ägyptischen Scharm el Scheich bis zu 88 Menschen ums Leben gekommen. Obwohl das Militär gegen verschiedene islamistische Gruppen vorging, konnten weitere Anschläge nicht verhindert werden.
Die Nachrichten aus der Nacht vom 22. Auf den 23. Juli 2005 - ein Schock für viele Ägypten-Reisende:
"Bei einer Serie von Terroranschlägen sind im ägyptischen Badeort Scharm El Scheich am Roten Meer mindestens 83 Menschen - zumeist Ägypter - getötet worden. Auch mehrere Ausländer sollen unter den Toten sein, darunter zwei Briten. Mindestens 136 Menschen seien bei den insgesamt drei Attentaten auf der Sinai-Halbinsel zum Teil schwer verletzt worden, das teilte das Innenministerium in Ägyptens Hauptstadt Kairo mit."
Für die ägyptische Wirtschaft ist es ein schwarzer Tag. Der Tourismus wird starke Einbußen verzeichnen, manch ein Urlauber vorzeitig heimkehren. Bereits gebuchte Reisen werden storniert, Erholungssuchende künftig erst einmal andere Ziele ansteuern.
Und das, obwohl sich die ägyptische Tourismus-Branche gerade erst erholt hat - nach einem Blutbad, im November 1997. Seinerzeit hatte eine unbekannte Anzahl militanter Islamisten den Hatschepsut-Tempel in Luxor angegriffen und mehr als 60 Menschen umgebracht, überwiegend Schweizer Kulturreisende.
Und in gewisser Weise sind die Anschläge von 1997 bis heute in einem Zusammenhang zu sehen. Nach schweren Auseinandersetzungen mit den ägyptischen Sicherheitskräften waren die militanten Islamisten der sogenannten Gamaat Islamiyya Ende der Neunzigerjahre weitgehend am Boden: Mehrere Tausend von ihnen waren getötet, rund 20.000 eingesperrt worden.
Dann - im Juli 1997 - wurde eine Art Waffenstillstand ausgehandelt, zwischen den Islamisten der Gamaat und der ägyptischen Führung von Hosni Mubarak. Ayman al-Zawaheri, der heutige Führer des Terrornetzwerkes El Kaida, war seinerzeit noch mit den Gamaat verbandelt. Zawaheri lehnte diese Initiative ab - und forderte einen verstärkten Kampf gegen die ägyptische Führung. Er befahl, den Waffenstillstand durch einen schweren Anschlag zu sabotieren: eben mit dem verheerenden Luxor-Attentat im November 1997.
Verfassung mit fundamentalistisch-islamischem Bild
Derselbe Ayman al-Zawaheri verschmolz seine Islamisten-Gruppe im Jahr 2000 mit Osama bin Ladens El Kaida. Und zu diesem Netzwerk gehörten offenbar auch die Terroristen, die vor zehn Jahren das Dreifach-Attentat im ägyptischen Badeort Scharm El Scheich am Roten Meer verübten. Zu dem ohnehin schon komplexen Terroristen-Mix von damals ist bis heute ist noch einmal so einiges hinzugekommen: das, was sich einst El Kaida in Ägypten nannte, ist mittlerweile überwiegend in einem Zweig der Terrororganisation aufgegangen, die sich Islamischer Staat nennt. Kurz IS.
Diese Terroristen zeichnen verantwortlich für eine ganze Reihe von Angriffen und Attentaten auf Soldaten und Stellungen des ägyptischen Militärs, aber auch auf zivile Einrichtungen.

Das ägyptische Militär reagiert mit Härte - und zeigt sich bei jeder Gelegenheit kampfbereit. Zu den IS-Terroristen kommen jedoch noch andere militante Islamisten - zum Beispiel Anhänger von Mohammed Mursi: Den setzte 2013 das ägyptische Militär als Präsident Ägyptens ab - nach Massenprotesten gegen ihn und seine Verbündeten; Mursi - selbst ein Islamist der Muslim-Bruderschaft - hatte mit verschiedenen anderen Islamisten eine Koalition gebildet.
Er hatte eine Verfassung erarbeiten lassen, die Ägypten ein fundamentalistisch-islamisches Bild gab. Ausgerechnet in Luxor machte Mursi einen Mann zum Gouverneur, der ein führendes Mitglied der Gamaat Islamiyya war. Nach seiner Entmachtung stieg die Zahl der Attentate im Land stetig - und Mursi muss sich auch vor Gericht dafür verantworten, dass er angeblich Kontakte zu El Kaida unterhielt. Muslim-Bruderschaft, El Kaida, Gamaat Islamiyya, selbst ernannter Islamischer Staat und noch so einige Islamisten-Gruppen mehr - ein Mix, den eines verbindet: Alle berufen sich auf eine Ideologie. Und sie alle sind nicht gerade förderlich für den Tourismus.
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