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"Kein gutes Zeichen für das Ansehen der Politik"
Für den Politologen Tilman Mayer sind die Jamaika-Sondierungen auch an der fehlenden Leitidee gescheitert: Man habe keine "liberal-konservativ-ökologische Moderne" angepeilt. Ein solches Konzept zu präsentieren, hätte er von der Kanzlerin erwartet.
Dass die Jamaika-Sondierung gescheitert ist, liegt für den Bonner Politikwissenschaftler Tilman Mayer auch am Fehlen einer Leitidee, die einer solchen Koalition einen Rahmen hätte geben können.
Zu viele Details, keine Zeit für die "Gesamtidee"
Im Deutschlandfunk Kultur kritisierte Mayer, dass die Sondierer sich in Details vertieft, sich aber keine Zeit für eine "Gesamtidee" genommen hätten:
"Dass hier zum Beispiel eine Koalition des Brückenschlagens oder der Neusortierung der gesellschaftlichen Kräfte im Anmarsch wäre oder dass man eine liberal-konservativ-ökologische Moderne zum Beispiel anpeilt oder Ähnliches."
Ein solches Konzept zu präsentieren und auch gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten, wäre Mayer zufolge auch die Sache der Bundeskanzlerin gewesen.
"Ich hätte eigentlich von ihr, auch nach den Erfahrungen mit ihr erwartet, dass da entsprechend doch eine gewisse Idee, ein Konzept entwickelt, vorgestellt, ihre eigenen Überlegungen dazu geäußert worden wären, damit man eine gewisse Grundorientierung hat, die im Raum steht", sagt der Politikwissenschaftler. "So war das immer von Zufällen abhängig."
Mangelndes Vertrauen stimmt "bedenklich"
Als Hauptgründe für den Jamaika-Misserfolg sieht Mayer jedoch den Dissens in Sachfragen und das mangelnde Vertrauen der Sondierer untereinander. Das stimme bedenklich, betont der Politikwissenschaftler:
"Auch für die politische Kultur der Bundesrepublik, dass sich diese Parteien, die ja durchaus etwas Neues auf die Beine hätten stellen können in Gestalt irgendeiner Moderne, die sie entwickelt hätten. Dass das nicht möglich war, ist schon ein Verlust und ein Bedauern und für die politische Kultur und für das Ansehen der Politik ist es kein gutes Zeichen."
(uko)