Special Olympics

Aus der Karibik an die Spree

06:22 Minuten
Sportler aus Jamaika bereiten sich auf die Special Olympics World Games vor.
Richard Smikle (mit der Nummer 543) bereitet sich mit anderen Athleten aus Jamaika auf die Special Olympics World Games in Berlin vor. © Tom Mustroph
Von Tom Mustroph · 28.05.2023
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Bei den Special Olympics World Games kommen im Juni erstmals Athleten aus aller Welt mit geistiger und mehrfacher Behinderung nach Berlin. Darunter sind auch Sportler aus Jamaika, die sich in ihrer Heimat auf die Spiele vorbereiten.
Ein Leichtathletikmeeting im Distrikt Clarendon, westlich von Jamaikas Hauptstadt Kingston. Die Schulen der Umgebung veranstalten hier ihr jährliches Sportfest.
Weltstars wie Usain Bolt liefen einst auf dieser Anlage, versichert Meetingdirektor Dennis May. Jetzt gehört das Stadion den Bolts von morgen.
Dennis May: „Heute hatten wir 32 Schulen hier, dazu noch fünf Grundschulen mit Kindern unter 12 Jahren. Für die gab es nur die Staffeln.“

Herausragend im Vergleich zu anderen Schulwettkämpfen ist dieser Aspekt:

Unter den mehrere Hundert Schülerinnen und Schülern befanden sich auch Athleten der Special Olympics. Es handelt sich um Sportler mit geistiger Behinderung. 

Richard Smikle trägt Bolt als Spitznamen

Einer von ihnen ist Richard Smikle. Der großgewachsene 20-Jährige brennt geradezu für die Leichtathletik.

„Rennen ist mein Job, ist das, was ich machen will. Es ist eine Gabe von Gott. Ich laufe die 100 und 200 Meter und die 4 mal 100-Meter-Staffel, wie Usain Bolt.“

Weil er sehr schnell ist, 11,63 Sekunden immerhin lautet seine aktuelle Bestzeit, trägt er sogar den Spitznamen Bolt. Er orientiert sich an seinem Idol.

„Das Ziel ist, Usain Bolt zu schlagen, diese 9,58 Sekunden.“

Bei 9,58 Sekunden steht der Weltrekord über 100 Meter. Bolt stellte ihn 2009 bei den Weltmeisterschaften in Berlin auf. In genau dem gleichen Stadion wird Smikle im Juni laufen.

Smikle holte bereits Gold bei Special Olympics

Mit Goldmedaillen hat er schon Erfahrung. Im letzten Jahr gewann er jeweils die 100 Meter und 200 Meter der US-Meisterschaften der Special Olympics.
In Clarendon misst er seine Kräfte mit Sportlern ohne Einschränkung. Gelebte Integration im Sport.
Meetingdirektor May ist stolz darauf.

Mit Special Olympics ist das so, dass wir versuchen, sie wie alle anderen zu behandeln, nicht anders. Das bedeutet, wir lassen sie teilhaben, beziehen sie ein in die Rennen. Denn wir wollen nicht, dass die Leute sich weniger wert fühlen.

Meetingdirektor Dennis May

Diese Haltung berührt. Denn Jamaika ist ein Entwicklungsland. Armut herrscht, bewaffnete Gangs kontrollieren manche Gegenden. Aber es gibt auch viele Menschen, die sich sozial engagieren.

Reges Werben für Unterstützung

Wie eben auch bei den Special Olympics. Etwa 1000 Personen gehören landesweit zu den Programmen. Die Trainingsanlage wurde gesponsert vom Telekomdienstleister Digicel. Überhaupt ist die Special Olympics Community im Land sehr rege im Werben für Unterstützung.
Am Sonntag bin ich im Stadion mit einem weiteren Athleten verabredet. Andrew Bartholomew ist Schwimmer. Athletiktraining hier im Stadion betreibt aber auch er.
Wir treffen uns mit ihm und seiner Mutter Buelah auf einer Nebenanlage des Stadions mit Basketballfeld, einer Boccia-Anlage und sogar einer kleinen Tribüne.

Andrew war bereits bei Wettkämpfen im Ausland

Andrew ist ein erfahrener Athlet, hat an zahlreichen Wettkämpfen im Ausland teilgenommen.

„Ja, ich war schon in Puerto Rico, den Kaimaninseln, Griechenland, Los Angeles und Abu Dhabi.“

Am meisten beeindruckte ihn Griechenland.

„Griechenland war gut, und es war so groß.“
In die Familie Bartholomew kam er auf ganz besondere Art, wie seine Mutter erzählt. Die große Tochter war schon aus dem Haus.

„Mein Mann sagte einige Monate später zu mir: Das Haus ist so still. Wir brauchen wieder was kleines. Ich sagte ihm, schau, wir sind gerade eines los geworden, wieso ein zweites? Und ich ignorierte den Wunsch.“

Ihr Mann aber insistierte. Und so kam Andrew zu ihnen, im Alter von 18 Monaten. Erst viel später stellten die Eltern fest, dass er ein Aufmerksamkeitsdefizit hat und auch Verständnisschwierigkeiten.

„Wir hätten ihn weggeben können, denn er war ja nur ein Pflegekind. Aber dann haben wir gesagt: Das macht keinen Sinn. Jeder verdient eine Chance. Also machten wir es offiziell und adoptierten ihn.“

Im Alltag verstecken sie Andrew nicht, sondern gehen mit ihm aus, zum Einkaufen, zur Bank, in die Kirche. Das eröffnete Andrew die Welt außerhalb von Wohnung und Schule. Und es zeigte der Welt, dass es Andrew gibt.

Buelah Bartholomew kommt auch nach Berlin

Buelah Bartholomew wird auch nach Berlin zu den Weltspielen der Special Olympics mitkommen. Nicht als überbeschützende Mutter, sondern als Koordinatorin für alle begleitenden Angehörigen aus Jamaika.

„Wir haben die Möglichkeit, die Spiele zu sehen. Wir werden alle anfeuern, uns die Seele aus dem Leib schreien.“

Wie schon bei den US-Meisterschaften der Special Olympics im letzten Jahr, als Richard Smikle siegte. Sport bedeutet Begeisterung und Leidenschaft, für alle, die dabei sind. Auch und gerade bei den Special Olympics.

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