James Bridle kuratiert Ausstellung "Agency" in Berlin

Gefahren aus dem Netz und viel Witz

Suzanne Treister The U.S. National Security Agency on Fire, 2010 Venus pencil on watercolour paper 63 x 122 cm
 Courtesy: Annely Juda Fine Art, London and P.P.O.W. Gallery, New York
Suzanne Treister The U.S. National Security Agency on Fire, 2010. © Annely Juda Fine Art, London and P.P.O.W. Gallery, New York
James Bridle im Gespräch mit Christine Watty |
"The U.S. National Security Agency On Fire" heißt ein Bild, das nun in Berlin zu sehen ist. Es ist Teil der Ausstellung "Agency", die der Künstler James Bridle kuratiert hat. Er beschäftigt sich darin mit Gefahren aus der digitalen Welt - doch er hat auch eine positive Botschaft.
Der Brite James Bridle schaut gern in das "New Dark Age", in das dunke neue Zeitalter, das auf uns zukommt: Eine Welt mit Massenüberwachung, Künstlicher Intelligenz und selbstlernenden Maschinen. Bridle ist Künstler und Autor und beschäftigt sich mit Themen an der Schnittstelle von Offline und Online. Eine seiner Fragestellungen ist, wie die digitale Welt zunehmend in die analoge hineinragt. In seinem technikphilosophischen Buch "New Dark Age" geht es um Ohnmacht und Kapitulation vor unserer datenbasierten techno-sozialen Umwelt und Innenwelt. Nun hat er auch eine Ausstellung zum Thema in Berlin kuratiert: "Agency" heißt sie, zu sehen in der Kreuzberger Nome-Galerie.

Die Bedrohlichkeit der NSA vorweg genommen

"Agency" kann im Englischen "Agentur" oder "Behörde" wie in CIA bedeuten, aber auch "Handeln" oder "Handlungsfähigkeit". Letztere Lesart zieht sich durch seine Ausstellung: Bridle zeigt Werke von Ingrid Burrington, Navine G. Khan-Dossos und Suzanne Treister. Treisters Kohlezeichnung "The U.S. National Security Agency On Fire" nennt er eins seiner "absoluten Lieblingswerke" in der Ausstellung. Es zeigt den durch die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden im Jahr 2013 weltbekannt gewordenen Bürokomplex der US-amerikanischen NSA, gezeichnet in dicken schwarzen Kohlelinien, aus dem Flammen schlagen.
"Der Schlüssel zu diesem Bild liegt in seiner Herkunft. Dieses Bild ist 2010 entstanden und fast alle, die sich damals bedroht oder überwacht fühlten, hatten die NSA überhaupt nicht auf dem Schirm. Und diese Künstlerin, weil sie eben sehr sensibel und nachdenklich ist, hat das schon viel länger erkannt, was für eine Gefahr in der NSA liegt. Es ist eine sehr nachdenkliche, persönliche Arbeit."
Dem Eindruck, das Bild könnte auch einen auffordernden Charakter haben, widerspricht er:
"Es ist natürlich keine direkte Aufforderung, physisch zur Gewalt zu greifen und irgendetwas anzustecken. Es geht einfach darum, dass die NSA die Summe aller Ängste darstellt, aber das Kunstwerk sagt uns auch: Das ist zeitlich begrenzt, das wird auch wieder verschwinden."
James Bridle hebt noch das Werk der Malerin Navine G. Khan-Dossos hervor. Sie setze sich in besonderer Art mit dem IS auseinander, indem sie nicht die Bilder von ihm reproduziere, sondern sich auf islamische Traditionen und alte Maltechniken zurückbesinne und sich mit Farben und Mustern auseinandersetze.

Der Schockstarre mit Humor begegnen

Der Katalog zur Ausstellung wirft die Frage auf, wie sich der Einzelne "in einem Zeitalter global operierender Netzwerke und undurchsichtiger, unnahbarer Regierungssysteme" auch die Fähigkeit für Humor bewahren könne.
"Der Humor hilft uns, aus dieser Schockstarre auszusteigen, die uns manchmal umgibt", meint James Bridle. Es stimme schon, dass in der Schau viel Dunkelheit herrsche, aber es gäbe auch viel Witziges. Als Beispiel führt er die Arbeit "Alchemy Studies" von Ingrid Burrington an. Sie hat ein Smartphone zerstört und die Staubpartikel in eine Glaskugel gesperrt.
(cosa)

Die Ausstellung "Agency" ist in der Berliner "Nome"-Galerie vom 27. Okober bis 7. Dezember 2018 zu sehen.

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