Wilhelm-Raabe-Literaturpreis für Jan Faktors "Trottel"
Der Preisträger: Jan Faktor. Das ausgezeichnete Buch entstand aus zwei Sätzen, die der Schriftsteller lange auf einem Zettel im Portemonnaie mit sich herumtrug. © Deutschlandradio / Britta Bürger
Existenzielle Härte und Wille zum Humor
10:06 Minuten
Der mit 30.000 Euro dotierte Wilhelm-Raabe-Literaturpreis 2022 geht an Jan Faktor. Der 1951 in Prag geborene Autor erhält die Auszeichnung für sein Buch „Trottel“. In der Figur des Trottels habe er "viel Unsinn unterbringen" können, sagt Faktor.
Bekannt ist der Schriftsteller Jan Faktor bislang einem eher kleinen Publikum. Ein Grund dafür dürfte sein, dass Faktors Werk „in die sprachspielerisch-experimentelle Richtung“ weist, so Hubert Winkels, Jury-Vorsitzender des Wilhelm-Raabe-Literaturpreises. Mit dem nun ausgezeichneten Buch „Trottel“ könne der Autor vermutlich aber ein größeres Publikum erobern.
„Trottel“ erzählt vom der schrägen, politischen Undergroundszene im Berliner Viertel Prenzlauer Berg der 80er-Jahre und dem langsamen Suizid eines manisch Depressiven. Das Buch sei ein „sprachlich-turbulenter Schelmenroman“, sagt Winkels. Es konfrontiere existenzielle Härte mit dem Willen zu Humor.
Auf der Shortlist des Wilhelm-Raabe-Literaturpreis standen 2022 neben Jan Faktor, Katerina Poladjan mit „Zukunftsmusik“ (S. Fischer), Julia Schoch mit „Das Vorkommnis“ (dtv) sowie Alain Claude Sulzer mit „Doppelleben“ (Galiani Berlin).
"Trottel" gelang erst im zweiten Anlauf
Faktor erzählt die Entstehungsgeschichte des Romans: "Ich hatte die Idee zu dieser Figur, zu einem Ich-Erzähler, der 'Trottel' heißt, schon vor Jahren. Und auch das Buch sollte 'Trottel' heißen."
Nach mehreren erfolglosen und "absolut nicht-brauchbaren" Versuchen, die nicht witzig gewesen seien und einen falschen Ton gehabt hätten, habe er das Manuskript dann zur Seite gelegt, es später aber wieder aufgenommen und an Figur und Haltung gearbeitet: "Ich habe die Figur reifen lassen, und das Tolle ist die Entdeckung, die ich auch nicht so geplant habe: Diese Trottelfigur gibt einem die Möglichkeit, sich sehr viele Freiheiten zu nehmen."
Ich konnte da wirklich viel Unsinn unterbringen.
Sein "Trottel" versuche, das Leben geschehen zu lassen, sagt Faktor, und nicht zu viel zu erwarten. Außerdem jammere er nicht: "Das ist ganz wichtig."
Preisverleihung im November
Der Wilhelm-Raabe-Literaturpreis gilt als eine der bedeutendsten Auszeichnungen für deutschsprachige Literatur. Er wird jährlich vom Deutschlandfunk und der Stadt Braunschweig vergeben.
Die Preisverleihung an Jan Faktor soll am ersten Sonntag im November in Braunschweig stattfinden. Der Preis erinnert an den 1910 in Braunschweig gestorbenen Erzähler Wilhelm Raabe, der zu den bedeutendsten Vertretern des poetischen Realismus zählt.
Wilhelm Raabe-Preisträger Jan Faktor im Gespräch über seinen Roman "Trottel"
27.09.2022
11:27 Minuten
Zu den bisherigen Preisträgern gehören Rainald Goetz, Jochen Missfeldt, Ralf Rothmann, Wolf Haas, Katja Lange-Müller, Andreas Maier, Sibylle Lewitscharoff, Christian Kracht, Marion Poschmann, Thomas Hettche, Clemens J. Setz, Heinz Strunk, Petra Morsbach, Judith Schalansky, Norbert Scheuer, Christine Wunnicke und Gert Loschütz.
(tmk)