Jan Weiler über "Kühn hat Hunger"

Wenn der alte weiße Mann zum Wolf wird

08:07 Minuten
Jan Weiler lehnt an einer Wand mit seinem neuen Buch.
Erfolgsautor Jan Weiler zeigt sich mit dem Krimi "Kühn hat Hunger" von einer ganz anderen Seite: Das neue Buch ist nicht mehr durchgängig lustig. © Deutschlandradio/ David Kohlruss
Jan Weiler im Gespräch mit Frank Meyer |
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"Weck die Bestie, Du Sau" - so heißt der Ratgeber, mit dem Jan Weilers Kommissar Kühn die Krise seiner männlichen Identität überwinden will. Auch andere Figuren in "Kühn hat Hunger" stecken in der Männlichkeitskrise. Mit deutlich dramatischeren Folgen.
Komissar Kühn ist Mitte 40 und in der Krise. Er fühlt sich als Mann abgehängt. "Von der Gesellschaft, von den eigenen Kindern, von der eigenen Frau, vom Beruf", sagt Autor Jan Weiler über die Hauptfigur seines neuen Romans "Kühn hat Hunger". Und dann ist der Mann auch noch zu dick.
Um die doppelte Krise Übergewicht und verunsicherte Männlichkeit zu überwinden, greift Kühn zu einem völlig überdrehten Macho-Diät-Ratgeber. "Weck die Bestie, du Sau!", heißt er und besteht aus bescheuerten Diät-Ratschlägen und ebenso dämlichen Aphorismen.
"Das wendet sich gegen den ganzen Neo-Feminismus und ist natürlich wahnsinniger Schwachsinn", erklärt Weiler. Aber es habe irren Spaß gemacht, diese Passagen zu schreiben, betont er. "Mein Lieblingssatz im ganzen Buch lautet: 'Erfolg ist männlich, sonst würde es Sie-Folg heißen."
Dennoch ist "Kühn hat Hunger" kein durchgängig lustiges Buch wie Weilers frühe Romane: Es sei lustig, spannend, traurig und sogar tragisch, meint Jan Weiler.

Seine Tochter nennt ihn "alten, weißen Mann"

Das Thema "Männlichkeit unter Druck" hat der Schriftsteller auch schon in anderen Zusammenhängen behandelt, zum Beispiel in Form einer Kolumne im Magazin "Stern":
"Das ist inspiriert von Gesprächen, auch mit meiner Tochter, die ist jetzt 21 und bezeichnet mich als alten weißen Mann."
Was Jan Weiler vielleicht sogar ein bisschen gemein findet:
"Das Dilemma ist ja folgendes: Wir sind, wenn wir in den 60ern und Anfang der 70er-Jahre geboren sind, noch geprägt durch ganz alte Rollenbilder von der Kriegs- und der Nachkriegsgeneration. Wachsen auf und dann verändern sich die Rollenbilder und auch die Ansprüche der Frauen an uns", sagt er.
"Diese Verunsicherung, die da entsteht, die empfindet eben Kühn – und ich empfinde die natürlich auch manchmal." Und dagegen hilft Schreiben nichts. "Man lernt erschreckend wenig dazu dadurch, dass man so ein Buch schreibt", sagt er.
(uko)

Jan Weiler: Kühn hat Hunger
Piper Verlag München 2019
416 Seiten, 22 Euro

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