"Ich hatte das Beste von ihm"
Die Liaison der beiden war turbulent: Länger hielt allerdings die künstlerische Beziehung von Jane Birkin und Serge Gainsbourg – bis zu seinem Tod im Jahr 1991. Jetzt lässt sie mit dem Album "Le Symphonique" diese Zusammenarbeit erneut aufleben.
Die berühmte Zahnlücke ist immer noch da. Ansonsten hat sich die britische Sängerin und Schauspielerin Jane Birkin seit unserem letzten Treffen vor neun Jahren stark verändert. Die Trauer über den Tod ihrer Tochter 2013 hat offensichtlich Spuren hinterlassen. Sie hilft sich mit Musik. Mit "Birkin/Gainsbourg: Le Symphonique" hat Jane Birkin jetzt ein weiteres Mal die Songs neu interpretiert, die die Liebe ihres Lebens, der französische Chansonnier Serge Gainsbourg, geschrieben hat.
Die Songs von damals neu verstanden
Zu den Songs, die ihr persönlich am meisten bedeuten, gehört "Une chose entre autres", weil er die Liebesbeziehung zwischen Birkin und Gainsbourg ganz gut beschreibt.
Jane Birkin: "Es heißt da auch: 'Eines der Dinge, die du nicht weißt, ist, dass du das Beste von mir bekommen hast.' Als ich den Song zum ersten Mal sang, dachte ich: Oh Mann, immer dieses 'eines der Dinge, die du nicht weißt!' Ich hatte es so satt, dass ich immer als die Dumme, die nicht Belesene dargestellt wurde. Und Serge war immer der Kluge."
Wenn sie das Lied jetzt singt, versteht sie es ganz anders. Sie sieht den ganzen Satz, sagt sie:
"'Du hast das Beste von mir bekommen.' Wenn ich bedenke, was Serge für mich empfunden hat, stimmt das. Ich hatte das Beste von ihm. Ich hatte ihn von der Zeit, als ich 21 war bis zu seinem Tod mit 63. Wie alt war ich damals – 44? Nachdem ich ihn verlassen hatte, schrieb er für mich drei wunderschöne Alben über Menschen, die verlassen wurden. Über sich selbst. Sie sind schmerzhaft und schön und traurig."
Projekt mit dem Sinfonieorchester Montreal
Umgesetzt hat Birkin das Projekt mit Unterstützung des Sinfonieorchesters Montreal. Für die Arrangements hatte sie sich Anklänge an Jazz und Mendelssohn gewünscht. Da passte die melancholisch sensible Arbeit des Pianisten und Arrangeurs Nobuyuki Nakajima perfekt. Das Orchester nimmt Rücksicht darauf, dass Birkin – wie sie sich selbst durchaus bewusst ist, keine sehr kräftige Stimme hat. Sie fühlte sich von der Musik getragen, erzählt sie. Zu verdanken hat sie das auch ihrem musikalischen Leiter Philipe Lerichomme:
"Er hat die Orchestrierung so aufgebaut, dass ich überhaupt nicht gegen das Orchester ankämpfen musste. Er hat meine Stimme wie ein weiteres Musikinstrument behandelt. Wie eine Harfe oder eine Violine. Weil es sich hier um ein Sinfonieorchester handelt, hatte ich Angst gehabt, dass die Musiker mir den Vortritt lassen und dass der eigentliche Effekt dadurch ruiniert wird. Aber er hat mich ganz normal singen lassen."
Es fiel ihr leicht, die Songs zu singen, sagt Birkin. Nur vor einem Lied hatte sie großen Respekt. Es war 1983 herausgekommen und in Frankreich sofort zum Hit geworden. Aber nicht für Jane, sondern für eine ebenso prominente Schauspielerkollegin:
"Isabelle Adjanis Song 'Pull-Marine'. Eben weil es nicht mein Lied ist. Es ist nicht meine Geschichte. Sie hat den Text über sich selbst geschrieben. Und ich weiß noch, dass ich neidisch war, als ich ihn zum ersten Mal hörte. Weil er so gut war. Aber Serge sagte: 'Der ist nicht für dich. Der ist für Adjani.' Was klar war. Ich hatte ihn ja verlassen. Ein wunderschöner Song. Und weil wir unbedingt eine Überraschung auf diesem Album haben wollten, sagte ich: 'Warum nicht Pull Marine.' Das Lied ist sehr schwierig zu singen. Der Text hat so viele Wörter. Außerdem geht es hier nicht um die Rollen, die ich sonst spiele, wenn ich singe. Es geht hier um Adjani mit ihrer dunklen Sonnenbrille, um ihre Depressionen. Ich singe das Lied sehr gern, weil es wie ein kleines Portrait von ihr ist."
Folgenreiche Liebe zu Mahler
Birkin hat ein Faible für Klassik. Manchmal versinkt sie darin so, dass sie die Welt um sich herum vergisst – mit eindrucksvollen Folgen:
"Das klingt vielleicht ein wenig abgedroschen, aber ich mag Gustav Mahler. Seine Musik ist sehr schwer, aber ich liebe sie. Ich weiß noch, wie ich mal Mahler im Auto gehört habe, ganz laut. Und dabei habe ich nicht bemerkt, dass ich an einem riesigen Bus mit 50 Polizisten entlanggeschrammt bin. Sie stiegen aus und sagten: 'Was um Himmels Willen tun Sie da?' Ich antwortete: 'Kommen Sie doch mit zu meinem Auto, dann werden Sie verstehen, warum mir das passiert ist.' Und ich stellte die Musik ganz laut und sagte: 'Sehen Sie! Das habe ich gehört. Ich war total überwältigt von der Musik.' Sie konnten das verstehen. Sie sagten: 'Unser Bus ist eh alt.' Und sie ließen mich gehen.
Wenn sich Popmusiker, weil sie mal was ganz anderes machen wollen, mit einem Orchester verewigen, klingt das oft kitschig und prätentiös, zumindest aber langweilig. "Birkin/Gainsbourg: Le Symphonique" ist ein sensibel erarbeitetes Werk. Es klingt transparent und nicht überladen. Und die ätherische Qualität von Birkins Stimme kommt gut zur Geltung. Es ist die Chance, die Kompositionen neu zu entdecken. Eine gelungene Verneigung vor dem großen französischen Künstler.