Die Musikindustrie der Migranten hat in Deutschland Millionen Platten verkauft. Der deutsche Mainstream bekam davon nichts mit. Bülent Kullukcu, einer der Kuratoren von „Songs of Gastarbeiter Vol. 2“, sagt, das meiste sei in Gemüseläden und Läden abgesetzt worden, in die die Community gegangen ist. Hören Sie hier das Gespräch mit Kullukcu.
"Songs of Gastarbeiter Vol. 2"
Jannis Karis (u. r.) mit seiner griechischen Gastarbeiter-Band „Prosechòs“ © Privat
Migrantische Subkultur wird langsam populär
15:43 Minuten
Der Musiker Jannis Karis kam als Gastarbeiter-Kind mit 18 Jahren aus Griechenland nach Deutschland. Die Musik seiner Heimat tröstet ihn gegen das Gefühl, fremd zu sein. Das deutsche Publikum musste von den ungewohnten Klängen aber erst überzeugt werden.
„Die ersten Jahre waren ganz schwierig für mich“, sagt Karis. Er habe sich in einem fremden, anderen Land anpassen müssen. Als Student in Frankfurt habe er sich dann mit Kommilitonen getroffen, „und das war für uns eine kleine Heimat“, sagt er. Die Studenten hätten damals griechische Rebetika-Musik gespielt. Diese Musik habe zu dem Gefühl gepasst, das die Studenten damals gehabt hätten, so Karis, das Gefühl fremd zu sein, nicht integriert, „irgendwie allein“. Nach ein paar Jahren habe die Gruppe dann gemerkt: „Oho, das hat Bedarf.“
Alle migrantischen Gruppen haben für sich gespielt
Mit seiner Band „Prosechòs“ war Karis dann in den 1980er- und 1990er-Jahren in Deutschland unterwegs. Wie die meiste Gastarbeiter-Musik fand das unter dem Radar der deutschen Mehrheitsgesellschaft statt. Ein Grund: „Ob das Türken, Griechen oder Italiener waren, die haben für sich gespielt“, sagt der Musiker.
Man habe damals gar nicht das Bedürfnis gehabt, Musik für andere zu spielen. Eine Art Subkultur sei so entstanden, in der die Gastarbeiter-Gruppen ihre Sitten, Gebräuche und Traditionen für sich ausgelebt hätten. „Das war nicht für die breite Öffentlichkeit, nicht salonfähig“, sagt Karis.
Viel später habe er festgestellt, dass es Zeit sei, diese Subkultur in den Fokus zu rücken. Die Compilation „Songs of Gastarbeiter“, Volume 1, habe dann vor ein paar Jahren ein Revival der Musik ausgelöst. Karis ist auf dem eben erschienenen Volume 2 mit zwei Liedern vertreten.
Jannis Karis hat sich als Mensch und Musiker von den Deutschen auch schon in seinen jungen Jahren akzeptiert gefühlt. Für die Akzeptanz der Rebetika-Musik hätten er selbst und seine Musikerkollegen allerdings etwas kämpfen müssen. Das Publikum wollte anfangs gerne die bekannten Lieder hören, die „griechische Folklore“, die für das europäische Ohr sehr zugänglich sei. Das habe sich dann geändert.
Karis: Der Begriff "Gastarbeiter" ist Teil meiner Geschichte
Mit dem Begriff "Gastarbeiter" habe er keine Schwierigkeiten, sagt der Musiker und Musikpädagoge. Das Wort bezeichnet er als einen „Teil meiner Geschichte“. Für die Compilation hoffe er auf eine Fortsetzung. „Es gibt sehr viel Potenzial“, sagt Jannis Karis.
(tmk)