"Eine Niederlage für selbstbestimmte Frauen"
Ein japanisches Äquivalent zu Leutheusser-Schnarrenberger oder Engelen-Kefer wird es auch künftig nicht geben: Das Oberste Gericht erklärte ein Gesetz von 1898 für rechtmäßig, das beiden Ehepartner denselben Familiennamen vorschreibt und Doppelnamen verbietet.
Japan gilt als männerdominierte Gesellschaft. Das heutige Urteil des Obersten Gerichtshofes scheint das einmal mehr zu bestätigen. Es erklärte das aus dem Jahr 1898 stammende Namensrecht Japans für verfassungskonform. Dieses besagt, dass Doppelnamen nicht zulässig sind und beide Ehepartner denselben Nachnamen führen müssen. In der Praxis wird in 96 Prozent der Ehen der Name des Mannes der Familienname.
Eine große Enttäuschung für beruflich aktive Frauen
Die Politikwissenschaftlerin Verena Blechinger-Talcott, Professorin für die Politik und Wirtschaft Japans an der Freien Universität Berlin, sieht in dem Urteil eine Niederlage für selbstbestimmte Frauen. "Gerade Frauen, die beruflich sehr aktiv sind, die entweder Wissenschaftlerinnen sind oder sich auch im Wirtschaftsleben einen Namen gemacht haben, empfinden das als verletzend und als große, große Enttäuschung", sagt sie.
Blechinger-Talcott betont, dass gerade beruflich erfolgreiche Frauen weiterhin den Namen führen können wollten, unter dem sie ihre Karriere begonnen hätten und entsprechend bekannt seien. "Sonst ist das ja wie eine Lücke im Lebenslauf. Dann weiß man ja nicht, dass man vorher unter einem anderen Namen schon publiziert hat. Das wird dann schwierig."
In Japan spricht man sich mit dem Familiennamen an
Die Namensfrage sei jedoch nicht nur ein Eliteproblem, sondern betreffe alle Frauen. Denn der Familienname sei ein großer Teil der eigenen Identität, so Blechinger-Talcott. "Vor allem weil man sich in Japan ja in der Regel nicht mit dem Vornamen, sondern mit dem Familiennamen anspricht."