Jazzgeige trifft Schlagzeug

Der brodelnde Sound von Egopusher

Der Schweizer Jazzgeiger Tobias Preisig und der Schlagzeuger Alessandro Gianelli.
Der Schweizer Jazzgeiger Tobias Preisig und der Schlagzeuger Alessandro Gianelli. © Nuél Schoch
Von Manuela Krause |
Atmosphärisch, live und analog: Der Schweizer Jazzgeiger Tobias Preisig ist bekannt für seine Lust am Experimentieren. Das hört man auch bei seinem neuen Projekt, das er zusammen mit dem Schlagzeuger Alessandro Gianelli gegründet hat - Egopusher.
Tobias Preisig: "Wir sind ein Geigenschlagzeug Duo und wir wollten uns auf dieses seltsame Bandkonstrukt beschränken. Um einfach zu schauen: Was können wir zu zweit für Musik produzieren? Was kommt dabei heraus, wenn man eine Geige mit einem Schlagzeug zusammen tut? Das ist extrem spannend, diese Herausforderung, diese seltsamen Instrumente aufeinanderprallen zu lassen."
Die Idee zu diesem ungewöhnlichen Duo entstand 2013. Der Violinist Tobias Preisig schildert den Entwicklungsprozess, den er und sein Partner, der Schlagzeuger Alessandro Gianelli, seitdem zusammen durchlaufen haben:
"Wir haben sehr viel einfach improvisiert. Und immer, wenn wir etwas vermisst haben im Sound, dann haben wir das dazu geholt. Das Wichtigste war natürlich der Bass. Dann habe ich ein System gefunden, wo man mit den Füßen wie ein Orgelpedal einen Synthesizer-Bass spielen kann. Dann wollte Alessandro plötzlich mit anderen Sounds spielen. Dann hatte er ein Pad, so ein elektronisches Schlagzeug, noch dazu geholt. Dann haben wir Harmonien vermisst und ein Keyboard geholt. Und so ging unser Prozess immer weiter. Wenn die Musik nach mehr verlangte, haben wir versucht, dass der Musik zu geben."
Eine Art Tagebuch der Improvisation
Sämtliche Improvisationen haben Tobias Preisig und Alessandro Gianelli aufgenommen und Fragmente daraus in einer Art musikalischem Tagebuch aufgezeichnet.
"Basement Diary nennen wir das, ein Tagebuch für unsere Notizen. Und wenn wir später dann zurück hören und immer noch die selben Notizen spannend finden, dann nehmen wir so einen Schnipsel und arbeiten an einem Song."
Statt die Songs jedoch im Studio zu vollenden und unmittelbar danach auf einen Tonträger zu bannen, legen Egopusher großen Wert darauf, dass ihre Musik einen ausgiebigen Reifeprozess durchläuft und vor allem live erprobt wird. An ihre selbst auferlegte Klausel, zunächst einmal 100 Konzerte zu spielen, bevor sie ins Studio gehen, um ein Album aufzunehmen, haben sich die beiden Musiker gehalten:
"Vielleicht waren es 95 oder 103, ich weiß es nicht genau. Aber es waren sehr viele, und es war sehr wichtig. Weil eben diese Kombination für uns sehr neu war, und die musste zuerst reifen."
Kein eindeutiges Genre
Tobias Preisig und Alessandro Giannelli kommen aus unterschiedlichen musikalischen Richtungen. Während Preisig eher vom Jazz geprägt wurde, war der Schlagzeuger Alessandro Gianelli bislang vor allem in der Pop- und in der Rockmusik zu Hause. Die Musik, die sie nun gemeinsam als Egopusher kreieren und auf ihrem ersten Mini-Album "E" veröffentlichen, lässt sich keinem eindeutigen Genre zu ordnen. Sie spielen Stücke mit klaren Songstrukturen und Raum für Improvisation. Alles live und analog. Die Essenz aus Geige und Schlagzeug ist sehr atmosphärisch - mal brachial, mal lyrisch melancholisch und strotzt nur so vor Energie.
"Das ist eine Energie, die sich irgendwie gegenseitig kumuliert und hochschaukelt. Wir suchen immer das Hochrisiko, dass es total auseinanderfällt. Wir suchen Abstürze, wir suchen Unfälle und die erzeugen wieder eine große Aufmerksamkeit, sodass man neue Wege und neue Lösungen finden muss. Und das kreiert eine Energie!"
Die brodelnde Energie, die nun in dieser Musik steckt, war auch ausschlaggebend für den Namen dieses ungewöhnlichen Duos:
"Wir haben im Proberaum diese Aufnahmen gemacht von Jamsessions. Und am Anfang haben wir noch mit dem Handy aufgenommen. Und dann hat Alessandro eines Morgens die Aufnahmen vom Vortag gehört und hat einen super Moment gefunden, wo das Handy fast explodiert ist. Und hat das ausgeschnitten und mir per SMS geschickt. Morgens um sieben hat er geschrieben: 'Schau mal hier, ein kleiner Egopusher für dich!' Und dann ich so 'Woooaah', denn das Ding explodierte wirklich fast und das hat mich irgendwie berührt. Und der Name hat uns irgendwie nicht mehr losgelassen. Ich glaub es hat auch ein bisschen was Physisches. Ich glaube, es entspricht irgendwie der Musik, obwohl wir zu zweit sind. Wir sind ja keine Egos, die auf der Bühne ihr Ego hochspielen müssen. Wir sind zu zweit, und wir teilen das auch!"

Die nächste Gelegenheit Egopusher live zu erleben, gibt es am 8. Januar in Berlin. "Das Hotel" heißt der Veranstaltungsort. Dort findet die Record Release Party statt, denn am selben Tag erscheint dann auch das erste Album von Egopusher - "E".

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