Jedes Jahr einen Piazzolla
Der Name robotron stand einmal für Computertechnik und Schreibmaschinen made in DDR. Von der größten ostdeutschen Elektronik-Firma mit 68.000 Beschäftigten ist nach der Wiedervereinigung so gut wie nichts übriggeblieben - mit einer Ausnahme. Das ehemalige betriebseigene Volkskunstensemble hat als eingetragener Verein mit seiner Musiksparte überlebt.
Es wird voll im Musiksaal des Chemnitzer Kepler Gymnasiums, denn an diesem Donnerstag ist eine komplette Ensembleprobe angesetzt. Gemischter Chor, Trommelgruppe und Orchester sollen sich bei sehr sommerlichen Temperaturen erst mal aufeinander einstimmen.
Seit mehr als 60 Jahren gibt es das Florian Geyer Ensemble in Chemnitz bzw. Karl Marx Stadt, wie die sächsische Industriestadt zu DDR-Zeiten hieß. Christian Günther leitet den Chor seit dem Jahr 2005. Um das ständige Nachwuchsproblem zu lösen, holte er das Ensemble zum Proben an seine Schule, wo er als Musiklehrer arbeitet. Nun spielen in der Rhythmusgruppe auch Schüler aus der sechsten Klasse mit:
"Mir ist es ganz wichtig, dass ich das Ensemble zusammenhalten will. Es ist gerade das besondere, dass es ein Orchester gibt und den Chor dazu und diese Mischung aus beidem soll es sein. Über die Jahre sind auch viele kleine Dinge entstanden wie zum Beispiel eine Gitarrengruppe oder eine Akkordeongruppe. Cajon ist ein ganz wichtiger Bestandteil. Auf der scheppernden Holzkiste Musik zu machen ist etwas ganz einzigartiges und das Publikum reißt es dann auch immer mit."
Den Namen Florian Geyer bekam das Ensemble in den 50er Jahren von Kulturfunktionären verpasst. Der Heerführer aus den Bauernkriegen ist heute kaum noch jemandem ein Begriff, geblieben sind die Geyers, wie sie sich selbst nennen. Viele der älteren Mitglieder haben die Zeiten als Werkschor und - ensemble des VEB Robotron noch gut in Erinnerung. So auch Ursula Streubel, die schon seit 1954 im Chor dabei ist. Kurz nach der Betriebsschließung musste auch sie in den Vorruhestand gehen:
"Das war furchtbar. Mit 55 gehören Sie ja noch nicht zum alten Eisen. Da war ich froh, dass ich die Geyers hatte, kann ich Ihnen sagen. Ohne Geyers könnte ich nicht leben. Da ginge alles schief. So ziehe ich eben noch mit. Ich will mal so sagen: Man wird zwar älter, aber man wird nicht alt. Das einzige was mir schwerfällt ist ein englisches Lied. Da habe ich ganz schön zu tun."
Brita Spindler gehört zu den jüngeren Ensemblemitgliedern. Die studierte Soziologin spielt seit dem zehnten Lebensjahr auf dem Akkordeon:
"Ich arbeite in Chemnitz und bin hier sesshaft geworden. Und aus diesem Grund habe ich mir auch hier mein musikalisches Umfeld gesucht. Was mir gut gefällt ist, dass ich einen Akkordeon-Duettpartner gefunden habe und wir uns gegenseitig musikalisch sehr fordern. Gerade wenn wir ins Probenlager oder auf Konzertreise fahren, dann haben wir auch mal ein bisschen Zeit, unsere Stücke zu perfektionieren und das macht ziemlich viel Spaß."
Das Orchester wird schon seit 19 Jahren von Karla Schönfeldt künstlerisch angeleitet. Die 52 jährige ist Musikpädagogin und ausgebildete Dirigentin:
"Ich bin ständig auf der Suche nach neuen Ideen und versuche die Laienmusiker einzubeziehen und internationale Musik zu machen. Ganz besonders reizvoll sind immer die Piazzolla-Tangos. Da haben wir uns mal vorgenommen, jedes Jahr einen neuen einzustudieren. Wichtig wäre, dass wir neue Musiker bekommen, damit wir stabil sind. Mit neun, zehn Spielern wie jetzt im Augenblick sind wir schon am Limit."
Steffi Liebtanz singt seit 35 Jahren im Sopran und ist die Vereinsvorsitzende bei den Geyers. Zu ihren schwierigsten Aufgaben gehört die Reiseplanung:
"Die Übernachtung zu organisieren für so ein Ensemble ist eine Herausforderung, da die Altersstruktur von 12 bis fast 80 geht. Wir müssen wirklich schauen, können wir uns das finanziell leisten und können wir die Leute so unterbringen, dass sie das mitmachen können und wir alle heil wieder mit nach Hause bringen."
Sechs bis sieben große Konzerte und circa 40 kleinere Auftritte gibt das Ensemble pro Jahr, sehr viele davon in der Weihnachtszeit, die in der Erzgebirgsregion von je her eine große Rolle spielt. Chorleiter Christian Günther stammt selbst auch aus dem Erzgebirge und ist in einer christlichen Familie mit vielen Kirchenmusikern groß geworden:
"Das Florian Geyer Ensemble eine weltliche Veranstaltung. Das Singen in Kirchen macht den Mitgliedern trotzdem enormen Spaß und ich versuche einfach den Weg zu gehen, zumindest einen kleinen Teil christliches Repertoire hineinzubringen. Der älteren Stimme als Chor ein zu Hause zu geben, ist eine dankbare Aufgabe. Mir geht's immer darum, dass sie authentisch musizieren und nicht nur, weil ich das sage. Es soll von innen herauskommen."
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.
Seit mehr als 60 Jahren gibt es das Florian Geyer Ensemble in Chemnitz bzw. Karl Marx Stadt, wie die sächsische Industriestadt zu DDR-Zeiten hieß. Christian Günther leitet den Chor seit dem Jahr 2005. Um das ständige Nachwuchsproblem zu lösen, holte er das Ensemble zum Proben an seine Schule, wo er als Musiklehrer arbeitet. Nun spielen in der Rhythmusgruppe auch Schüler aus der sechsten Klasse mit:
"Mir ist es ganz wichtig, dass ich das Ensemble zusammenhalten will. Es ist gerade das besondere, dass es ein Orchester gibt und den Chor dazu und diese Mischung aus beidem soll es sein. Über die Jahre sind auch viele kleine Dinge entstanden wie zum Beispiel eine Gitarrengruppe oder eine Akkordeongruppe. Cajon ist ein ganz wichtiger Bestandteil. Auf der scheppernden Holzkiste Musik zu machen ist etwas ganz einzigartiges und das Publikum reißt es dann auch immer mit."
Den Namen Florian Geyer bekam das Ensemble in den 50er Jahren von Kulturfunktionären verpasst. Der Heerführer aus den Bauernkriegen ist heute kaum noch jemandem ein Begriff, geblieben sind die Geyers, wie sie sich selbst nennen. Viele der älteren Mitglieder haben die Zeiten als Werkschor und - ensemble des VEB Robotron noch gut in Erinnerung. So auch Ursula Streubel, die schon seit 1954 im Chor dabei ist. Kurz nach der Betriebsschließung musste auch sie in den Vorruhestand gehen:
"Das war furchtbar. Mit 55 gehören Sie ja noch nicht zum alten Eisen. Da war ich froh, dass ich die Geyers hatte, kann ich Ihnen sagen. Ohne Geyers könnte ich nicht leben. Da ginge alles schief. So ziehe ich eben noch mit. Ich will mal so sagen: Man wird zwar älter, aber man wird nicht alt. Das einzige was mir schwerfällt ist ein englisches Lied. Da habe ich ganz schön zu tun."
Brita Spindler gehört zu den jüngeren Ensemblemitgliedern. Die studierte Soziologin spielt seit dem zehnten Lebensjahr auf dem Akkordeon:
"Ich arbeite in Chemnitz und bin hier sesshaft geworden. Und aus diesem Grund habe ich mir auch hier mein musikalisches Umfeld gesucht. Was mir gut gefällt ist, dass ich einen Akkordeon-Duettpartner gefunden habe und wir uns gegenseitig musikalisch sehr fordern. Gerade wenn wir ins Probenlager oder auf Konzertreise fahren, dann haben wir auch mal ein bisschen Zeit, unsere Stücke zu perfektionieren und das macht ziemlich viel Spaß."
Das Orchester wird schon seit 19 Jahren von Karla Schönfeldt künstlerisch angeleitet. Die 52 jährige ist Musikpädagogin und ausgebildete Dirigentin:
"Ich bin ständig auf der Suche nach neuen Ideen und versuche die Laienmusiker einzubeziehen und internationale Musik zu machen. Ganz besonders reizvoll sind immer die Piazzolla-Tangos. Da haben wir uns mal vorgenommen, jedes Jahr einen neuen einzustudieren. Wichtig wäre, dass wir neue Musiker bekommen, damit wir stabil sind. Mit neun, zehn Spielern wie jetzt im Augenblick sind wir schon am Limit."
Steffi Liebtanz singt seit 35 Jahren im Sopran und ist die Vereinsvorsitzende bei den Geyers. Zu ihren schwierigsten Aufgaben gehört die Reiseplanung:
"Die Übernachtung zu organisieren für so ein Ensemble ist eine Herausforderung, da die Altersstruktur von 12 bis fast 80 geht. Wir müssen wirklich schauen, können wir uns das finanziell leisten und können wir die Leute so unterbringen, dass sie das mitmachen können und wir alle heil wieder mit nach Hause bringen."
Sechs bis sieben große Konzerte und circa 40 kleinere Auftritte gibt das Ensemble pro Jahr, sehr viele davon in der Weihnachtszeit, die in der Erzgebirgsregion von je her eine große Rolle spielt. Chorleiter Christian Günther stammt selbst auch aus dem Erzgebirge und ist in einer christlichen Familie mit vielen Kirchenmusikern groß geworden:
"Das Florian Geyer Ensemble eine weltliche Veranstaltung. Das Singen in Kirchen macht den Mitgliedern trotzdem enormen Spaß und ich versuche einfach den Weg zu gehen, zumindest einen kleinen Teil christliches Repertoire hineinzubringen. Der älteren Stimme als Chor ein zu Hause zu geben, ist eine dankbare Aufgabe. Mir geht's immer darum, dass sie authentisch musizieren und nicht nur, weil ich das sage. Es soll von innen herauskommen."
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.