Jesus von innen
Der 90-jährige Eugen Biser, einer der bekanntesten Theologen Deutschlands, unternimmt in seinem neuen Buch den gewagten Versuch, Jesus "von innen" verstehen zu wollen. Mit dem Einfühlungsvermögen eines Psychologen und der Fantasie eines Poeten schildert er, wie dem jungen Jesus zu Bewusstsein kommt, welch unerhörte Aufgabe Gott ihm zugedacht hat.
Eugen Biser, Altmeister der Katholischen Theologie, ist im Januar dieses Jahres 90 Jahre alt geworden. Sollte man sein neuestes Jesus-Buch als Alterswerk bezeichnen? Ja und nein. Dieses Buch ist ein Alterswerk, weil es als reife Frucht einer jahrzehntelangen Beschäftigung mit Christus’ Leben, seiner Botschaft und seinem Werk betrachtet werden muss. Aber dieses Buch ist bestimmt kein Alterswerk, wenn man darunter das Werk eines allseits verehrten Seniors verstehen will, dem man gütig verzeiht, dass er inzwischen ein bisschen "von gestern" ist. - Dieses Buch ist bestimmt nicht von gestern. Im Gegenteil. Es ist ein hochmodernes Werk über das Wesen christlicher Spiritualität, ihrer Gegenwart und ihrer Zukunftsperspektiven.
"Jesus. Sein Lebensweg in neuem Licht." - Das Licht, mit dem Jesus von Nazareth in diesem Buch beleuchtet werden soll, ist ein inwendiges. Während nach Bisers Diagnose alle vorangegangenen Jesus-Bücher (auch die bisherigen des Autors) Christus von außen zu verstehen suchten, unternimmt Biser nunmehr den gewagten Versuch, Jesus "von innen" verstehen zu wollen, sprich: seinem Selbstverständnis auf die Spur zu kommen.
Anhand des Neuen Testaments erzählt Biser in 29 Kapiteln noch einmal die Lebensgeschichte des Jesus von Nazareth. Mit dem Einfühlungsvermögen eines Psychologen und der Phantasie eines Poeten entdeckt er seinem Leser, wie dem jungen Jesus erst allmählich zu Bewusstsein kommt, welch unerhörte Aufgabe Gott ihm zugedacht hat. Nach Ansicht des Autors erfährt Christus lebenslänglich immer wieder Vertiefungen seines gläubigen Verhältnisses zu Gott: Im Gebet, aber auch durch Versuchungen, denen er zu widerstehen hat, und durch Erfahrungen mit der heilenden Kraft seines Geistes, die er einem innigen Gottesverhältnis verdankt.
Nach dem Zeugnis des Johannes-Evangeliums ermutigt Christus jeden seiner Anhänger, sich wie er als ein geliebtes Gotteskind zu fühlen, das sich vor nichts und niemandem zu fürchten braucht und nur dem einen Gott Rechenschaft schuldet. Dieser Gott wiederum diktiert dem Menschen ein einziges Gebot: "Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst." - Betrachtet man die ursprüngliche Botschaft des Jesus von Nazareth, so der Autor, dann ist das Christentum die Religion der Freiheit, die frohe Botschaft für eine grundlegenden Heilung und Erhebung des Menschen, nach Eugen Bisers Auffassung die Psychotherapie als solche.
Leider, so der Autor, ist nicht überall, wo "Christentum" draufsteht, auch wirklich "Christentum" drin. "Kreuzzüge" zum Beispiel oder "Heilige Kriege" im Namen Christi anzuzetteln, ist blasphemisch. "Selig sind die Friedfertigen!" heißt es in der Bergpredigt. Das Christentum ist eine radikal pazifistische Religion, davon ist Eugen Biser zutiefst überzeugt.
Der Autor ist bekannt für seine unermüdliche Kritik an verschiedenen Praktiken der christlichen Amtskirche, sowohl der katholischen als auch der evangelischen. In diesem Buch wendet sich Biser wiederholt gegen die Auslegung des Christentums als einer "Gesetzesreligion", die den Gläubigen mit dem moralischen Zeigefinger droht und ihm pausenlos ein "Du sollst… !" und "Du darfst nicht… !" predigt. Die Kernaussagen Christi, so Eugen Biser, lauten "Fürchtet Euch nicht!" und "Lernt zu lieben, wie ich Euch geliebt habe!". Für diese Rückkehr zur ursprünglichen Botschaft des Jesus von Nazareth steht Eugen Biser mit seinem Lebenswerk, auch mit dem vorliegenden Buch.
Dieses Werk ist keine Einführung in das Christentum. Leser ohne jegliche Bibelkenntnis werden sich schwer tun, auch wenn sehr übersichtlich und genau zitiert wird (Lob dem Verlag. Das Buch ist bestens gearbeitet. Ein fein gestaltetes Äußeres, der wissenschaftliche Apparat mit Sorgfalt gefertigt. Derartige Bücher zu einem fairen Preis sind selten geworden.)
Eugen Biser ist nicht nur Theologe, sondern auch Philosoph, ein belesener Mann, der sein Denken stets im Dialog mit anderen entwickelt hat. Er zitiert kreuz und quer. Nicht nur die Bibel, sondern auch Philosophen und Theologen aller Jahrhunderte und aller Couleur. Ohne Grundkenntnisse in Sachen Christentum und Leben Jesu wird man oft nicht wissen, wovon Biser spricht. Dennoch ist das Buch nicht als Fachlektüre für Theologen oder Philosophen gedacht.
Biser schreibt als Christ für Christen und für Menschen auf dem Weg zum Christentum. Für Leser jedenfalls, die sich von christlicher Spiritualität in irgendeiner Weise berührt fühlen, schon ein wenig Bibel - Kenntnis besitzen und auf der Suche sind nach Anregung und Glaubensvertiefung.
Eine tiefsinnige und poetische Interpretation des Neuen Testaments für ein lebendiges Christentum im 21. Jahrhundert.
Rezensiert von Susanne Mack
Eugen Biser
Jesus. Sein Lebensweg in neuem Licht
Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2008
112 S., 16,90 €
"Jesus. Sein Lebensweg in neuem Licht." - Das Licht, mit dem Jesus von Nazareth in diesem Buch beleuchtet werden soll, ist ein inwendiges. Während nach Bisers Diagnose alle vorangegangenen Jesus-Bücher (auch die bisherigen des Autors) Christus von außen zu verstehen suchten, unternimmt Biser nunmehr den gewagten Versuch, Jesus "von innen" verstehen zu wollen, sprich: seinem Selbstverständnis auf die Spur zu kommen.
Anhand des Neuen Testaments erzählt Biser in 29 Kapiteln noch einmal die Lebensgeschichte des Jesus von Nazareth. Mit dem Einfühlungsvermögen eines Psychologen und der Phantasie eines Poeten entdeckt er seinem Leser, wie dem jungen Jesus erst allmählich zu Bewusstsein kommt, welch unerhörte Aufgabe Gott ihm zugedacht hat. Nach Ansicht des Autors erfährt Christus lebenslänglich immer wieder Vertiefungen seines gläubigen Verhältnisses zu Gott: Im Gebet, aber auch durch Versuchungen, denen er zu widerstehen hat, und durch Erfahrungen mit der heilenden Kraft seines Geistes, die er einem innigen Gottesverhältnis verdankt.
Nach dem Zeugnis des Johannes-Evangeliums ermutigt Christus jeden seiner Anhänger, sich wie er als ein geliebtes Gotteskind zu fühlen, das sich vor nichts und niemandem zu fürchten braucht und nur dem einen Gott Rechenschaft schuldet. Dieser Gott wiederum diktiert dem Menschen ein einziges Gebot: "Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst." - Betrachtet man die ursprüngliche Botschaft des Jesus von Nazareth, so der Autor, dann ist das Christentum die Religion der Freiheit, die frohe Botschaft für eine grundlegenden Heilung und Erhebung des Menschen, nach Eugen Bisers Auffassung die Psychotherapie als solche.
Leider, so der Autor, ist nicht überall, wo "Christentum" draufsteht, auch wirklich "Christentum" drin. "Kreuzzüge" zum Beispiel oder "Heilige Kriege" im Namen Christi anzuzetteln, ist blasphemisch. "Selig sind die Friedfertigen!" heißt es in der Bergpredigt. Das Christentum ist eine radikal pazifistische Religion, davon ist Eugen Biser zutiefst überzeugt.
Der Autor ist bekannt für seine unermüdliche Kritik an verschiedenen Praktiken der christlichen Amtskirche, sowohl der katholischen als auch der evangelischen. In diesem Buch wendet sich Biser wiederholt gegen die Auslegung des Christentums als einer "Gesetzesreligion", die den Gläubigen mit dem moralischen Zeigefinger droht und ihm pausenlos ein "Du sollst… !" und "Du darfst nicht… !" predigt. Die Kernaussagen Christi, so Eugen Biser, lauten "Fürchtet Euch nicht!" und "Lernt zu lieben, wie ich Euch geliebt habe!". Für diese Rückkehr zur ursprünglichen Botschaft des Jesus von Nazareth steht Eugen Biser mit seinem Lebenswerk, auch mit dem vorliegenden Buch.
Dieses Werk ist keine Einführung in das Christentum. Leser ohne jegliche Bibelkenntnis werden sich schwer tun, auch wenn sehr übersichtlich und genau zitiert wird (Lob dem Verlag. Das Buch ist bestens gearbeitet. Ein fein gestaltetes Äußeres, der wissenschaftliche Apparat mit Sorgfalt gefertigt. Derartige Bücher zu einem fairen Preis sind selten geworden.)
Eugen Biser ist nicht nur Theologe, sondern auch Philosoph, ein belesener Mann, der sein Denken stets im Dialog mit anderen entwickelt hat. Er zitiert kreuz und quer. Nicht nur die Bibel, sondern auch Philosophen und Theologen aller Jahrhunderte und aller Couleur. Ohne Grundkenntnisse in Sachen Christentum und Leben Jesu wird man oft nicht wissen, wovon Biser spricht. Dennoch ist das Buch nicht als Fachlektüre für Theologen oder Philosophen gedacht.
Biser schreibt als Christ für Christen und für Menschen auf dem Weg zum Christentum. Für Leser jedenfalls, die sich von christlicher Spiritualität in irgendeiner Weise berührt fühlen, schon ein wenig Bibel - Kenntnis besitzen und auf der Suche sind nach Anregung und Glaubensvertiefung.
Eine tiefsinnige und poetische Interpretation des Neuen Testaments für ein lebendiges Christentum im 21. Jahrhundert.
Rezensiert von Susanne Mack
Eugen Biser
Jesus. Sein Lebensweg in neuem Licht
Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2008
112 S., 16,90 €