"Jetzt bekommt er ihn für sein bisher bestes Buch"
Der Schriftsteller Michel Houellebecq wird mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet. Frankreichs wichtigsten Literaturpreis erhält er für seinen Roman "La carte et le territoire" - eine Vision für das Frankreich der Zukunft.
Jury-Präsident Didier Decoin hatte einen neuen Rekord zu vermelden: In nur einer Minute und 29 Sekunden stand nach dem ersten Wahlgang fest: Michel Houellebecq bekommt den Prix Goncourt 2010 für seinen Roman "La carte et le territoire". Abgesehen von diesem Geschwindigkeitsrekord war die Entscheidung alles andere als eine Überraschung, und man darf davon ausgehen, dass Houellebecqs Verlag Flammarion die verkaufsfördernden roten Buch-Manchetten mit der Aufschrift "Prix Goncourt 2010" schon längst auf Lager hat.
Michel Houellebecq war dieses Jahr der unangefochtene Favorit für Frankreichs wichtigsten Literaturpreis. Nominiert war er schon öfter - zuletzt 2005 für den Roman "Die Möglichkeit einer Insel" - doch erst jetzt, im vierten Anlauf, hat es also geklappt. Und Michel Houellebecqs Image als "Enfant terrible" und Skandalautor des französischen Literaturbetriebs, das ist nun wohl endgültig Geschichte - meint auch Goncourt-Präsident Didier Decoin:
"Er ist anders geworden. Dieses Buch ist anders. Es gibt keinen Houellebecq-Skandal, er mag es vielleicht bedauern, dass er den Prix Goncourt nicht früher bekommen hat. Aber um so besser: Denn jetzt bekommt er ihn für sein bisher bestes Buch, und er kann auch noch bessere schreiben."
"La carte et le territoire" könnte man mit "Die Landkarte und das Staatsgebiet" übersetzen. Hauptfigur des Romans ist Jed Martin, ein Künstler, der zunächst mit abfotografierten Michelin-Landkarten Karriere macht und später als Maler sehr erfolgreich ist. Dieser Jed Martin ist ein bindungsscheuer und misanthropischer Typ und ähnelt insofern ein bisschen den Protagonisten früherer Houellebecq-Romane. Doch die fiktive Künstler-Biografie, gespickt mit satirischen Szenen aus dem real existierenden Kunst- und Medienbetrieb, ist nur ein Erzählstrang in "La carte et le territoire". Michel Houellebecq entwirft in dem Roman gleichzeitig eine Vision für das Frankreich der Zukunft, das als postindustrielle Spaß- und Kulturlandschaft zu einer Art Freizeitpark für zahlungskräftige Touristen aus Russland oder China wird.
Und er zeichnet ein ironisch-humorvolles Selbstporträt: Denn der Roman-Künstler Jed Martin engagiert als Autor für einen Ausstellungskatalog den - so heißt es im Roman - "berühmten, ja weltberühmten Schriftsteller" Michel Houellebecq. Mit diesem Roman-Houellebecq allerdings nimmt es ein schlimmes Ende - er wird bestialisch ermordet, und damit bekommt "La carte et le territoire" auch noch einen Krimi-Plot.
Houellebecq habe mit "La carte et le territoire" ein atemberaubendes Bild der französischen Gesellschaft geliefert, sagt Goncourt-Jury-Präsident Didier Decoin:
"In 50 Jahren wird man sagen, dass es da 2010 ein Buch gab, das die Gesellschaft symbolisiert hat - mit ihren Ängsten, Träumen, Wahnvorstellungen und ihrer trashigen Seite: Also dieser Tod des Autors - das hat mich begeistert - ich hätte mich das nie getraut als Schriftsteller - und gleichzeitig sage ich mir, Mensch auf die Idee hätte ich mal kommen sollen. Mich als eklige Leiche voller Schmeißfliegen darzustellen."
Als Michel Houellebecq heute Nachmittag dann, belagert von Fernsehkameras und Fotografen, via Hintereingang im traditionellen Goncourt-Restaurant Drouant eintraf, erfüllte er seine neue Rolle als Ex-Skandalautor perfekt. Im hellblauen Pulli beantwortete er geduldig aber lakonisch die Fragen der Journalisten. Ob er auch der Ansicht sei, dass "La carte et le territoire" sein bisher bestes Buch sei?
"Ehrlich gesagt, das weiß ich nicht, sagt Michel Houellebecq. Ich habe erst Jahre nach dem Erscheinen eine Meinung über meine Bücher. Ich weiß aber, dass ich mich bei diesem Roman am meisten angestrengt habe, damit es sich flüssig liest. Vielleicht ist es von meinen Büchern das, das sich am leichtesten liest - aber es ist auch das mit der kompliziertesten Konstruktion. Ob es besser ist als die anderen weiß ich nicht."
Eines jedenfalls ist sicher - mit dem Prix Goncourt wird "La carte et le territoire" einer der meistverkauften Romane von Michel Houellebecq werden. Denn der Goncourt - das hat gerade eine wissenschaftliche Studie bestätigt - sorgt jedes Jahr für Verkaufszahlen von mindestens 400.000 Exemplaren, allein in Frankreich.
Michel Houellebecq war dieses Jahr der unangefochtene Favorit für Frankreichs wichtigsten Literaturpreis. Nominiert war er schon öfter - zuletzt 2005 für den Roman "Die Möglichkeit einer Insel" - doch erst jetzt, im vierten Anlauf, hat es also geklappt. Und Michel Houellebecqs Image als "Enfant terrible" und Skandalautor des französischen Literaturbetriebs, das ist nun wohl endgültig Geschichte - meint auch Goncourt-Präsident Didier Decoin:
"Er ist anders geworden. Dieses Buch ist anders. Es gibt keinen Houellebecq-Skandal, er mag es vielleicht bedauern, dass er den Prix Goncourt nicht früher bekommen hat. Aber um so besser: Denn jetzt bekommt er ihn für sein bisher bestes Buch, und er kann auch noch bessere schreiben."
"La carte et le territoire" könnte man mit "Die Landkarte und das Staatsgebiet" übersetzen. Hauptfigur des Romans ist Jed Martin, ein Künstler, der zunächst mit abfotografierten Michelin-Landkarten Karriere macht und später als Maler sehr erfolgreich ist. Dieser Jed Martin ist ein bindungsscheuer und misanthropischer Typ und ähnelt insofern ein bisschen den Protagonisten früherer Houellebecq-Romane. Doch die fiktive Künstler-Biografie, gespickt mit satirischen Szenen aus dem real existierenden Kunst- und Medienbetrieb, ist nur ein Erzählstrang in "La carte et le territoire". Michel Houellebecq entwirft in dem Roman gleichzeitig eine Vision für das Frankreich der Zukunft, das als postindustrielle Spaß- und Kulturlandschaft zu einer Art Freizeitpark für zahlungskräftige Touristen aus Russland oder China wird.
Und er zeichnet ein ironisch-humorvolles Selbstporträt: Denn der Roman-Künstler Jed Martin engagiert als Autor für einen Ausstellungskatalog den - so heißt es im Roman - "berühmten, ja weltberühmten Schriftsteller" Michel Houellebecq. Mit diesem Roman-Houellebecq allerdings nimmt es ein schlimmes Ende - er wird bestialisch ermordet, und damit bekommt "La carte et le territoire" auch noch einen Krimi-Plot.
Houellebecq habe mit "La carte et le territoire" ein atemberaubendes Bild der französischen Gesellschaft geliefert, sagt Goncourt-Jury-Präsident Didier Decoin:
"In 50 Jahren wird man sagen, dass es da 2010 ein Buch gab, das die Gesellschaft symbolisiert hat - mit ihren Ängsten, Träumen, Wahnvorstellungen und ihrer trashigen Seite: Also dieser Tod des Autors - das hat mich begeistert - ich hätte mich das nie getraut als Schriftsteller - und gleichzeitig sage ich mir, Mensch auf die Idee hätte ich mal kommen sollen. Mich als eklige Leiche voller Schmeißfliegen darzustellen."
Als Michel Houellebecq heute Nachmittag dann, belagert von Fernsehkameras und Fotografen, via Hintereingang im traditionellen Goncourt-Restaurant Drouant eintraf, erfüllte er seine neue Rolle als Ex-Skandalautor perfekt. Im hellblauen Pulli beantwortete er geduldig aber lakonisch die Fragen der Journalisten. Ob er auch der Ansicht sei, dass "La carte et le territoire" sein bisher bestes Buch sei?
"Ehrlich gesagt, das weiß ich nicht, sagt Michel Houellebecq. Ich habe erst Jahre nach dem Erscheinen eine Meinung über meine Bücher. Ich weiß aber, dass ich mich bei diesem Roman am meisten angestrengt habe, damit es sich flüssig liest. Vielleicht ist es von meinen Büchern das, das sich am leichtesten liest - aber es ist auch das mit der kompliziertesten Konstruktion. Ob es besser ist als die anderen weiß ich nicht."
Eines jedenfalls ist sicher - mit dem Prix Goncourt wird "La carte et le territoire" einer der meistverkauften Romane von Michel Houellebecq werden. Denn der Goncourt - das hat gerade eine wissenschaftliche Studie bestätigt - sorgt jedes Jahr für Verkaufszahlen von mindestens 400.000 Exemplaren, allein in Frankreich.