Jiddische Ohrwürmer für den Dancefloor

Von Jonathan Scheiner |
Ein paar jiddische Lieder gibt es, die kann man schon gar nicht mehr hören, so abgenudelt sind sie über die Jahrzehnte. "Papirosn” und "A Jiddische Mame” zählen da ganz sicher dazu. Dabei müssen die jiddischen Gassenhauer gar nicht staubig klingen. Das zeigt das Jewdyssee-Projekt, das diese Lieder jung, frisch und – wie man so schön sagt - kackfrech auf die Bühne bringt.
Zwei gackernde Mädels aus Berlin zeigen den Leuten unter und über 30, wie viel Spaß man an den ollen Kamellen haben kann … wenn die alten Texte nur mit modernen Beats aufgepeppt werden, zu denen man tanzen kann, bis die Schuhsohlen qualmen.

Der Name Jewdyssee ist eine Kombination von Odyssee und dem englischen Wort für Jude. Entstanden ist das Jewdyssee-Projekt 2007 auf einer Geburtstagsparty. Bei Daiquiri und Sushi haben die Pop-Sängerin Maya Saban und die Künstlermanagerin Elina Tilipman eher beiläufig entdeckt, dass sie beide jüdisch sind. Inzwischen haben die zwei jungen Frauen die buchstäbliche Schnapsidee zur Bühnenreife gebracht. An Purim hat die Band sogar schon in New York und beim Jewlicious-Festival im kalifornischen Long Beach gespielt. Die ersten Songs kursieren bereits im Internet. Und im Herbst soll dann das Debütalbum fertig sein.

Berühmt geworden ist Maya Saban als deutsches Popsternchen. Sie hat zwei erfolgreiche Solo-Alben bei einem der großen Plattenlabel aufgenommen. Schon mit 17 hat sie ihre erste Single herausgebracht. Von Schiller bis Music Instructor hat Maya Saban mit erfolgreichen Bands zusammengearbeitet, aber irgendwann war der Zeitpunkt gekommen, etwas ganz anders zu tun. Die Initialzündung für den künstlerischen Wandel war ihr Konzert mit Xavier Naidoo und den Söhnen Mannheims, bei dem das Gebet "Adon Olam” gesungen wurde - vor 9000 Zuschauern in der Berliner Max-Schmeling-Halle. Das war, sagt Maya Saban, ein so schönes Gefühl, dass sich anschließend die Frage stellte, wann sie das letzte Mal so viel Spaß beim Singen hatte. Da erinnerte sie sich an die Zeit als Kind in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, als sie in der Tanzgruppe Gitar jiddische und hebräische Lieder aufgeführt hat. Doch der Entschluss, ausgerechnet diese Liedern zu singen, ist nicht aus heiterem Himmel gefallen, sondern liegt in der Familie von Maya Saban begründet.

"Auf jeder Hochzeitsfeier und jeder Barmizwa wurde ich wie eine Aufziehpuppe auf den Tisch gestellt und musste die Hits Adon Olam und Papirosn singen. Letztes Jahr im Frühling 2008 war's dann so, dass ich mich von meiner musikalischen Richtung damals ... ich wollte eigentlich nur mal etwas Neues ausprobieren und dann kamen mir diese jiddischen Songs wieder in den Sinn und ich habe angefangen mir zu überlegen, wie können wir das in ein neues Gewand packen, um nicht diese alte Klesmerschiene zu fahren, ... sondern das Ganze mal moderner und zugänglicher für Jugendliche auch für Ältere so zu verpacken, dass auch ich in meinem Alter das toll finden würde, so was zu hören."

Maya Saban ist traditionell jüdisch aufgewachsen, aber Jiddisch wurde zuhause nicht gesprochen. Statt dessen Deutsch und Hebräisch, denn ihr Vater ist ein Israeli. Ganz anderes war das bei Elina Tilipman. Ihre Familie ist in den Achtzigerjahren aus dem ukrainischen Mogilev-Podolsk ins niedersächsische Nordenham eingewandert.

"Ich bin mit Russisch und Deutsch aufgewachsen. Meine Großeltern aber haben alle Jiddisch gesprochen, was aber für mich wie reines Deutsch klang, weil ich kannte das gar nicht – Jiddisch. Wenn ich jetzt daran denke, an den Dialekt von meiner Oma, dann ist total verständlich, das war Jiddisch und kein Deutsch. Das heißt ich bin eigentlich damit aufgewachsen, aber unbewusst."