Jiddische Poesie
Der Sänger und Gitarrist Fabian Schnedler ist der Kopf des Trios "Fayvish". Auf ihrem Debütalbum "Yiddpop" spielt die Band einen originellen Mix aus Pop, Punkrock und Jazz mit jiddischen Texten.
"Fayvish ist der Name, den mir mein Jiddischlehrer gegeben hat. Wenn man Jiddisch lernt, kriegt man von dem Lehrer ’nen jiddischen Namen. Einfach mit dem gleichen Anfangsbuchstaben, also Fabian bei mir, wie der sonstige Name. Manche sagen, es heißt Phönix. Und dann hab ich im jiddischen Literaturwörterbuch nachgeguckt und gesehen, da steht nix drin. Deswegen hab ich’s auch nicht in die CD reingeschrieben. Aber gut, Phönix ist ja nicht die schlechteste Referenz."
Fabian Schnedler ist zweifellos genau in dem, was er tut. Ebenso akribisch und liebevoll spürt der singende Multiinstrumentalist seit vielen Jahren auch alten und neueren jiddischen Texten und Poesien nach. Und wie der mythische Vogel Phönix aus der Asche kommen auch die von ihm und seinem Trio Fayvish modern intonierten Verse neu zur Welt:
"Ich bin quasi Komponist von den meisten Stücken und eher ein Textredakteur. Ich arbeite mit so ’ner Collagentechnik, dass ich Texte verbinde von verschiedenen Gedichten, Songs, traditionelle Texte. Von Itzik Manger zum Beispiel, da hab’ ich einfach noch eine Strophe dazu geschrieben. Das darf man ja eigentlich nicht. Die Texte reden miteinander. Zum Beispiel bei ,I.M.’ heißt es: ,Ich will meine Schuhe ausziehen und mich vor dich stellen, Gott, der du mich erschaffen hast.’ Das ist ’ne Geschichte, quasi zurück zu einem Ursprung zu kommen. Jemand, der alles verspielt hat im Leben, der irgendwie alles loslassen will. Und dann ist die letzte Strophe bei mir: Ich will die Schuhe anziehen. Es ist eine Antwort auf diesen Text. Ich will mich auf den Weg machen und zurückgucken und gucken, was ich bedaure und auch weitergehen."
Im zu Reggae-Rhythmen wippenden Song "Akhtsik er, zibetsik zi" – "Achtzig er, siebzig sie" erzählt Fabian Schnedler - halb gesungen, halb gerappt - die Geschichte eines alten Ehepaares. Kombiniert aus Versen eines Ukrainers aus dem 19. Jahrhundert und eines jiddischen Dichters, der unter Stalin umkam. "Wenn der Wein alt ist, hat er noch mehr Geschmack", heißt es da. Sich dem Wert und der Zeitlosigkeit gewisser Traditionen verbunden zu fühlen, hat für den 37-Jährigen nicht mit Nostalgie zu tun:
"Für mich gibt’s nichts Langweiligeres, als Nostalgien zu bedienen. Und das ist vielleicht auch ein Grund, warum ich dieses Projekt gestartet habe. Weil Klezmer und springende Chassidim und Schtetlromantik – einfach nur die Vorurteile zu bestätigen, finde ich einfach schrecklich!"
Der blonde, jungenhaft wirkende Mann ist klischee-feindlich - wie der Ort unserer Begegnung. Das Jüdische Museum Berlin, wo er parallel zur Musik als Museums- und Theaterpädagoge arbeitet. Das schwarze Hemd und die schwarze Hose sind nicht seine Privatkleidung, sondern die Museums-"Uniform". Der gleichsam offene und in sich gekehrte, grüblerische Blick – beim Reden wie auf der Konzertbühne – verrät, dass meinem Gegenüber viel durch den Kopf geht:
"Wie kommt man dazu, also vor allem als Nichtjude, jüdische, in dem Fall jiddische Musik zu machen? Und man muss auch irgendwie sich damit beschäftigen und darüber reflektieren. Man kriegt die Frage oft und man kann auch nicht einfach sagen: Ich mach’s halt. So wie man sonst sagt: Ich mach’ halt Flamenco, weil es mir gefällt!
Bei mir ist es so, mein Vater ist nach Israel gegangen als Student und hat halt da Eindrücke mitgenommen. Damals war ja auch ’ne große Israel-Begeisterung in der Bundesrepublik. Und der hat interessanterweise aus dem hebräischsprechenden Land Israel eine jiddische Platte mitgebracht. Und damit begann sozusagen, dass ich das sozusagen auch als Soundtrack meiner Kindheit hatte."
Lang und gradlinig war Fabian Schnedlers Weg in die jüdische Kultur. Und schließlich hin zu dieser eigenen, Yiddpop genannten, auf Jiddisch gesungenen Musik, in der auch alle anderen Sounds seiner Kindheit und Jugend mitschwingen: Pop, Punkrock, Jazz. Seinen Zivildienst leistete der gebürtige Berliner in der Jüdischen Gemeinde in Prag, als Sozialarbeiter mit alten Leuten. Später studierte er unter anderem Jiddistik und Germanistik und sammelte reichlich Erfahrung in diversen traditionellen Klezmerbands.
"Ende der 80-er kamen die Klezmatics nach Berlin. Und da war ich ja noch relativ jung. Aber da bin ich hingegangen und ich fand die total gut. Ich hab’ gedacht: Das ist genau das, was ich interessant finde. Und dann hat es wirklich gedauert, bis ich zur traditionellen jiddischen Musik gekommen bin und zum Beispiel von ,Brave Old World’ die Musiker kennengelernt habe, die Workshops geben und die die Idee haben: Es ist eine Musik, die aus einer Tradition herauskommt und man kann sich die Tradition erst mal angucken. Und man kann dann auch was anderes damit machen."
Fabian Schnedler hat sich als Musiker wie als Lehrer der jiddischen Sprache und Liedkultur mittlerweile einen Namen gemacht. Auch bei international renommierten Kollegen der Szene. Für den vielseitig aktiven, derzeit alleinlebenden Mann ist - wie er selbst sagt - "Nichts leisten zu wollen" der beste Ausgleich. Mit Freunden im Park zu kicken oder, wenn möglich, das wöchentliche Yoga tue ihm gut, fokussiere und mache den Kopf frei.
Fabian Schnedler ist zweifellos genau in dem, was er tut. Ebenso akribisch und liebevoll spürt der singende Multiinstrumentalist seit vielen Jahren auch alten und neueren jiddischen Texten und Poesien nach. Und wie der mythische Vogel Phönix aus der Asche kommen auch die von ihm und seinem Trio Fayvish modern intonierten Verse neu zur Welt:
"Ich bin quasi Komponist von den meisten Stücken und eher ein Textredakteur. Ich arbeite mit so ’ner Collagentechnik, dass ich Texte verbinde von verschiedenen Gedichten, Songs, traditionelle Texte. Von Itzik Manger zum Beispiel, da hab’ ich einfach noch eine Strophe dazu geschrieben. Das darf man ja eigentlich nicht. Die Texte reden miteinander. Zum Beispiel bei ,I.M.’ heißt es: ,Ich will meine Schuhe ausziehen und mich vor dich stellen, Gott, der du mich erschaffen hast.’ Das ist ’ne Geschichte, quasi zurück zu einem Ursprung zu kommen. Jemand, der alles verspielt hat im Leben, der irgendwie alles loslassen will. Und dann ist die letzte Strophe bei mir: Ich will die Schuhe anziehen. Es ist eine Antwort auf diesen Text. Ich will mich auf den Weg machen und zurückgucken und gucken, was ich bedaure und auch weitergehen."
Im zu Reggae-Rhythmen wippenden Song "Akhtsik er, zibetsik zi" – "Achtzig er, siebzig sie" erzählt Fabian Schnedler - halb gesungen, halb gerappt - die Geschichte eines alten Ehepaares. Kombiniert aus Versen eines Ukrainers aus dem 19. Jahrhundert und eines jiddischen Dichters, der unter Stalin umkam. "Wenn der Wein alt ist, hat er noch mehr Geschmack", heißt es da. Sich dem Wert und der Zeitlosigkeit gewisser Traditionen verbunden zu fühlen, hat für den 37-Jährigen nicht mit Nostalgie zu tun:
"Für mich gibt’s nichts Langweiligeres, als Nostalgien zu bedienen. Und das ist vielleicht auch ein Grund, warum ich dieses Projekt gestartet habe. Weil Klezmer und springende Chassidim und Schtetlromantik – einfach nur die Vorurteile zu bestätigen, finde ich einfach schrecklich!"
Der blonde, jungenhaft wirkende Mann ist klischee-feindlich - wie der Ort unserer Begegnung. Das Jüdische Museum Berlin, wo er parallel zur Musik als Museums- und Theaterpädagoge arbeitet. Das schwarze Hemd und die schwarze Hose sind nicht seine Privatkleidung, sondern die Museums-"Uniform". Der gleichsam offene und in sich gekehrte, grüblerische Blick – beim Reden wie auf der Konzertbühne – verrät, dass meinem Gegenüber viel durch den Kopf geht:
"Wie kommt man dazu, also vor allem als Nichtjude, jüdische, in dem Fall jiddische Musik zu machen? Und man muss auch irgendwie sich damit beschäftigen und darüber reflektieren. Man kriegt die Frage oft und man kann auch nicht einfach sagen: Ich mach’s halt. So wie man sonst sagt: Ich mach’ halt Flamenco, weil es mir gefällt!
Bei mir ist es so, mein Vater ist nach Israel gegangen als Student und hat halt da Eindrücke mitgenommen. Damals war ja auch ’ne große Israel-Begeisterung in der Bundesrepublik. Und der hat interessanterweise aus dem hebräischsprechenden Land Israel eine jiddische Platte mitgebracht. Und damit begann sozusagen, dass ich das sozusagen auch als Soundtrack meiner Kindheit hatte."
Lang und gradlinig war Fabian Schnedlers Weg in die jüdische Kultur. Und schließlich hin zu dieser eigenen, Yiddpop genannten, auf Jiddisch gesungenen Musik, in der auch alle anderen Sounds seiner Kindheit und Jugend mitschwingen: Pop, Punkrock, Jazz. Seinen Zivildienst leistete der gebürtige Berliner in der Jüdischen Gemeinde in Prag, als Sozialarbeiter mit alten Leuten. Später studierte er unter anderem Jiddistik und Germanistik und sammelte reichlich Erfahrung in diversen traditionellen Klezmerbands.
"Ende der 80-er kamen die Klezmatics nach Berlin. Und da war ich ja noch relativ jung. Aber da bin ich hingegangen und ich fand die total gut. Ich hab’ gedacht: Das ist genau das, was ich interessant finde. Und dann hat es wirklich gedauert, bis ich zur traditionellen jiddischen Musik gekommen bin und zum Beispiel von ,Brave Old World’ die Musiker kennengelernt habe, die Workshops geben und die die Idee haben: Es ist eine Musik, die aus einer Tradition herauskommt und man kann sich die Tradition erst mal angucken. Und man kann dann auch was anderes damit machen."
Fabian Schnedler hat sich als Musiker wie als Lehrer der jiddischen Sprache und Liedkultur mittlerweile einen Namen gemacht. Auch bei international renommierten Kollegen der Szene. Für den vielseitig aktiven, derzeit alleinlebenden Mann ist - wie er selbst sagt - "Nichts leisten zu wollen" der beste Ausgleich. Mit Freunden im Park zu kicken oder, wenn möglich, das wöchentliche Yoga tue ihm gut, fokussiere und mache den Kopf frei.