"Joachim Kaiser war mit Sicherheit der einflussreichste, der wirkmächtigste und vielleicht auch der sprachgewaltigste Musikkritiker, den das vergangene Jahrhundert hervorgebracht hat." So würdigte Holger Hettinger, Musikchef von Deutschlandfunk Kultur, den Verstorbenen. Hören Sie hier das Gespräch in voller Länge:
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Trauer um einen großen Kritiker
Einer der einflussreichsten Musik-, Literatur- und Theaterkritiker ist gestorben: Joachim Kaiser, langjähriger leitender Redakteur und Feuilleton-Chef der "Süddeutschen Zeitung". Ohne ihn wird das kulturelle Leben in Deutschland ärmer sein.
Die "Süddeutsche Zeitung" gab die Nachricht vom Tod Joachim Kaisers auf ihrer Homepage bekannt. In einem Nachruf hieß es, mit Kaiser verliere die Zeitung ein Stück ihrer Geschichte und auch ihrer Identität. Das Blatt würdigte ihren ehemaligen Feuilleton-Chef als "große Stimme des intellektuellen und gebildeten Deutschland".
Kaiser zählte lange zu den einflussreichsten Feuilletonisten. Er wurde 1928 als Sohn eines Landarztes in Ostpreußen geboren und studierte später in Göttingen, Tübingen und Frankfurt am Main Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie. Einer seiner Lehrer war Theodor W. Adorno.
1959 begann Kaiser, bei der "Süddeutschen" zu arbeiten. Bis 1977 leitete er dort das Feuilleton, danach wurde er Professor an der Hochschule für Musik und darstellende Künste in Stuttgart. Aber nur in Teilzeit - parallel arbeitete er weiter für die SZ.
"Kaiser hat uns alle musikalisch erzogen"
Michael Naumann, ehemaliger Staatsminister für Kultur, sagte zum Leben und Wirken von Kaiser im Deutschlandfunk Kultur, dieser habe buchstäblich eine ganze Generation "musikalisch erzogen". Er habe dem Publikum durch seine Rezensionen beigebracht, zuzuhören: "Er war ganz einfach ein pathetischer, kraftvoller, kluger, witziger Rezensent."
Enthusiasmus, Pathos und Leidenschaft seien typisch für Kaisers Stil gewesen. Zugleich habe er Fachjargon vermieden, betonte Naumann. Kaiser habe es vorgezogen, für alle zu schreiben. Und: Er sei ein "Menschenfreund" gewesen. Es habe keine Verrisse von ihm gegeben, von denen der Verrissene sich nicht wieder erholt hätte.
Kaiser war auch sehr selbstbewusst - er habe aber auch jeden Grund dazu gehabt, sagte Naumann. Und manchmal kamen auch Humor und Selbstbewusstsein zusammen: "Es ist mir eigentlich egal, wer unter mir Feuilleton-Chef ist", sagte Kaiser über seine spätere Rolle bei der SZ. (ahe)