Mühelos in schwindelnde Höhen
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Joan Baez wird 80 Jahre alt. Sie habe ein reiches Leben gehabt, sagt sie über sich selbst. Bekannt und populär wurde sie als Sängerin und auch als Aktivistin: Ihre Protestkarriere steht der musikalischen in nichts nach.
"Oh, it’s been rich, and that has nothing to do with money", reich sei es gewesen, und das habe nichts mit Geld zu tun. In diesem kurzen Satz fasste Joan Baez bei einem Interview vor zwei Jahren ihr ganzes Leben zusammen. Was für ein Leben.
Sie trat hochschwanger beim legendären Woodstock-Musikfestival auf. Sie marschierte an der Seite Martin Luther Kings für Menschenrechte, wurde verhaftet wegen ihres Protests gegen den Vietnamkrieg, sang mit kugelsicherer Weste im zerstörten Sarajewo, demonstrierte in einem Baumhaus, hatte Beziehungen mit Nobelpreis-Sänger Bob Dylan und Apple-Gründer Steve Jobs.
Eine kraftvoll-klare Sopranstimme
Schon ihre Kindheit war rastlos, weil die Familie wegen der Arbeit des Vaters, eines Physikers, oft umziehen musste. "Wir waren immer die Neuen, wir waren fahrendes Volk", sagt sie.
Als Kind lernte sie Ukulele, begeisterte sich für die Protestsongs von Pete Seeger und entdeckte ihre Gesangsstimme. Diese wunderbare, kraftvoll-klare Sopran-Stimme, die so mühelos schwindelnde Höhen erreichte. Baez ist Autodidaktin und sagte selbst einmal, alles sei ihr unendlich leichtgefallen, eine Gabe, für die sie gar nichts könne.
Erst, als diese Stimme mit ihr älter wurde und das Singen anstrengender, nahm sie Unterricht, zunächst etwas widerwillig. Sie sei doch immer "Miss Talent" gewesen! "I rejected the idea until I was in my thirties. Me? I’m Miss Talent! Why should I need a vocal coach?"
Sweet Sir Galahad: der erste eigene Song
Mit 19 gelang ihr der Durchbruch beim Newport Folk Festival in Neuengland, kurz darauf war sie schon ein Star und nahm ein Album nach dem anderen auf. Zunächst als reine Interpretin von Balladen und Folksongs, auch von Liedern zeitgenössischer Popmusikerinnen und Musiker.
Es sei ihr in den ersten zehn Jahren gar nicht in den Sinn gekommen, selbst zu schreiben, bis sie irgendwann mal jemand gefragt habe, warum eigentlich nicht? Da habe sie es dann einfach ausprobiert. "I thought, well, maybe I should try and that was when I wrote Sweet Sir Galahad. That was my first song."
"Sweet Sir Galahad" war nicht nur Joan Baez erster eigener Song, es ist auch bis heute einer ihrer bekanntesten. Sie beschreibt darin die Romanze ihrer jüngeren Schwester mit derem späteren Mann, wie sie überhaupt in den eigenen Texten oft biografisch war.
Dylan hat sie nie ganz losgelassen
In "Diamonds and Rust" etwa geht es um Bob Dylan. Dieser Mann scheint sie nie ganz losgelassen zu haben. Live spielte sie fast immer einige Songs von ihm, respektvoll, aber nicht demütig, im Gegenteil: Seinen merkwürdigen Nicht-Gesang parodierte sie gerne und ausgiebig.
Von 2018 bis 2019 ging Joan Baez auf eine ausgedehnte Tournee unter dem Motto "Fare thee well" – ein offizieller Abschied von der Bühne also, aber der ist im Showgeschäft ja oftmals nur ein vorläufiger. Ungebrochen bleibt auf jeden Fall Joan Baez‘ politisches und gesellschaftliches Engagement, denn ihre Protestkarriere steht der musikalischen in nichts nach. Sie unterstützt weiterhin Gewerkschaften, Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen und setzt sich vehement gegen die Todesstrafe in den USA ein.
"Die Veränderungen durch die Menschenrechtsbewegung kann man nicht vollständig beseitigen. Im Moment sind Beziehungen zwischen den Bevölkerungsgruppen in den USA zwar einfach nur fürchterlich. Aber man muss auch beachten, welchen weiten Weg wir gekommen sind, von den nach Hautfarbe getrennten Bushaltestellen und solchen Dingen. Die Dinge verändern sich immer weiter, zum Guten oder Schlechten und man selbst muss einfach tun, was man für richtig hält."