Jobbörse für Geflüchtete

Erste Kontakte mit dem deutschen Arbeitsmarkt

Flüchtlinge arbeiten an einem Werkstück
Auf der Jobbörsen im Estrel informieren Bildungseinrichtungen und Dienstleistungsunternehmen Flüchtlinge über den Arbeitsmarkt. © dpa/picture alliance/Sven Hoppe
Von Kemal Hür |
Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für Flüchtlinge nicht einfach. Erst wenn ihr Asyl- oder Flüchtlingsverfahren positiv beschieden ist, können sie eine Arbeitserlaubnis bekommen. Am Montag fand in Berlin die bislang größte Jobbörse für Geflüchtete statt - ein Besuch.
"Rechts oder links? Egal. Links ist mit Ticket. Links ist mit und rechts ohne Ticket. Na, wir gehen rein."
Großer Andrang vor den Toren des Estrel-Hotels in Berlin-Neukölln. Ulrike Scherer, Deutschlehrerin bei einem Bildungswerk, begleitet ihre Schüler auf die Jobbörse für Flüchtlinge.
"Das Praktikum steht an. Und hier kann man ein kleines Netzwerk knüpfen, Kontakte haben. Ich denke, es ist wichtig, mit Institutionen in Kontakt zu kommen und zu gucken, was brauche ich, wenn ich arbeiten will? Was wird von Deutschland erwartet?"
Mehr als 4000 Flüchtlinge haben sich angemeldet. Sie kommen in Begleitung ihrer Betreuer aus den Heimen, oder ihrer Sprachlehrer. Über 200 Aussteller aus verschiedenen Branchen bieten Informationen, Beratung aber auch 1000 Jobs und Praktika.
Zwischen den Ständen der Unternehmen sind Tische aufgestellt, an denen die Jobsucher Bewerbungsformulare ausfüllen. Ein 25-jähriger syrischer Ingenieur, der seit sieben Monaten in Berlin lebt, bewirbt sich für eine Stelle in einem Hotelrestaurant.
"Mein Deutsch nicht so gut. Ich bin Ingenieur für Öl und Gas. Aber das ist hier nicht da."
Er besucht einen Deutschkurs und will im Restaurant arbeiten, bis er so gut Deutsch kann, dass er in seinem Beruf arbeiten kann. An einem anderen Tisch sitzt eine Frau vor einem Bewerbungsbogen einer Versicherung. In Syrien habe sie als Informatikerin gearbeitet, sagt die 35-Jährige, die vor einem Jahr mit ihrem Mann und den gemeinsamen drei Kindern nach Deutschland geflüchtet ist.
"Ich suche einen Job in meinem Beruf. Aber das ist gar nicht einfach. Hier in Deutschland muss ich nochmal studieren oder Ausbildung machen und nochmal studieren."
Schwierigkeiten, die auch den Unternehmen und der Arbeitsagentur bekannt sind. Die Jobbörse bietet die Möglichkeit, erste Kontakte zu knüpfen. Aber bis zum ersten Arbeitsvertrag sei es noch ein langer bürokratischer Weg, sagt Mario Lehwald von der Arbeitsagentur Berlin Süd.
"Man muss die beruflichen Kenntnisse erstmal erfahren. Man muss die auch abgleichen mit dem deutschen Arbeitsmarkt. Nicht jede berufliche Erfahrung ist eins zu eins auf Deutschland zu übersetzen. Dieser Abgleichprozess ist erstmal durchzuführen. Hier steht die Aufgabe, sie überhaupt heranzuführen über Qualifizierung. Das ist ein Weg, der sicherlich etwas länger dauern wird und auch eine riesige Herausforderung ist."

"Die Flüchtlinge bieten nun mal ein Potenzial"

Die Jobbörse geht auf eine private Initiative des Estrel-Hotels zurück. Die Arbeitsagentur als Kooperationspartner hat den größten Informationsstand und informiert die Flüchtlinge auch in ihren Muttersprachen – hauptsächlich Arabisch. Berlins Integrations- und Arbeitssenatorin, Dilek Kolat von der SPD, lobt das Engagement der Organisatoren bei einem Rundgang durch die Halle.
"Diese Jobbörse ist von enormer Bedeutung, weil es aus Berlin heraus ein Signal sendet, dass die Wirtschaft aktiv und offen ist und Fachkräfte braucht. Und die Flüchtlinge bieten nun mal ein Potenzial."
Unter den Ausstellern befinden sich kleine und mittelständische Unternehmen, wie Einzelhandels- und Gastronomiebetriebe, aber auch wirtschaftliche Größen, wie Banken, Versicherungen, Wohnungsunternehmen und Hochschulen. Dem Vivantes-Konzern, mit 15.000 Mitarbeitern einer der größten Unternehmen Berlins, fehlen Fachkräfte. Deswegen startete der Klinik-Riese das Projekt "Flüchtlinge werden Mitarbeiter". Projektleiterin Charlotte Kruhöffer.
"Wir haben mehrere Ärzte heute gesprochen, die gerade in dem Prozess sind, hier in Deutschland ihre Approbation zu bekommen. Wir haben aber auch ganz viele, die eine Ausbildung suchen. Ich habe schon meine erste Zusage für eine junge Dame, die einen Ausbildungsplatz zum 1. Oktober dieses Jahres bekommt. Schon erster Erfolg."
Wahrscheinlich eher eine Ausnahme. Denn viele Flüchtlinge scheitern an den erforderlichen Deutschkenntnissen. Einige bekommen daher zunächst nur Praktika angeboten. Und viele der 211 Aussteller sind keine Arbeitgeber, sondern Bildungseinrichtungen und Dienstleistungsunternehmen, die die Flüchtlinge über den Arbeitsmarkt informieren wollen. Aber für die große Mehrheit der über 4000 Flüchtlinge war es der erste Kontakt mit dem deutschen Arbeitsmarkt.
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