Warum ein Pop-Intellektueller Britney Spears covert
Was ist das Geheimnis eines großen Popsongs? Diese Frage treibt Jochen Distelmeyer auf seiner neuen Platte um. Darauf singt er Coverversionen von Pete Seeger bis Britney Spears. Und das durchaus lagerfeuer-tauglich.
Die "Diktatur der Angepassten", ein Blumfeld-Stück aus dem Jahr 2001 vom Album "Testament der Angst". Nach schönen Melodien und ebensolchem Gesang hat Jochen Distelmeyer zwar damals schon geforscht, dennoch wäre es seinerzeit undenkbar gewesen, dass er Songs von Künstlern wie, sagen wir, Britney Spears nachspielt. Genau das ist aber auf "Songs From The Bottom, Vol.1" passiert.
"Toxic" von Britney Spears in der Gitarrenfolk-Variante von Jochen Distelmeyer. Die meisten der zwölf Stücke auf diesem Album haben einen Bezug zu "Otis", dem ersten Roman Distelmeyers, der vor gut einem Jahr erschienen ist. Dazu gab es eine Lesereise. Auf der sang der Autor nur mit Gitarre und Stimme einige Lieder, die die Handlung des Buches spiegeln oder kommentieren sollten. "Otis" ist die Geschichte einer modernen Odyssee im Berlin der Gegenwart. Wo ein Odysseus ist, sind auch die Sirenen nicht weit. An dieser Stelle kommt die Coverversion von Britney Spears "Toxic" ins Spiel:
"Wo man Britney Spears in der Art, wie sie das performt, wie eine Sirene sehen kann und in dem Moment, wo ich das dann singe, als ein reisender irrfahrender Hobo-Blues-Typ, der diesem sirenischen Anruf des Vergifteten, der vergifteten Sirene zu widerstehen versucht."
Distelmeyers Songauswahl umfasst einen Zeitraum von gut 60 Jahren Popgeschichte. Darunter einige Klassiker, aber auch viele Songs von heute, denen man einfach nicht entkommen kann.
"So waren viele Stücke, die ich dann auf der Lesung gespielt habe, für mich verbunden mit dem Roman - thematisch, von Motiven her - oder haben mich, als ich das geschrieben habe, das Buch, begleitet. Die habe ich dann dazu gehört. Und dieses Einfache, wie mit so einer Lyra, so einer Leier, das wie ein Blues- oder Countrysänger zu performen, das fand ich naheliegend."
"Toxic" von Britney Spears in der Gitarrenfolk-Variante von Jochen Distelmeyer. Die meisten der zwölf Stücke auf diesem Album haben einen Bezug zu "Otis", dem ersten Roman Distelmeyers, der vor gut einem Jahr erschienen ist. Dazu gab es eine Lesereise. Auf der sang der Autor nur mit Gitarre und Stimme einige Lieder, die die Handlung des Buches spiegeln oder kommentieren sollten. "Otis" ist die Geschichte einer modernen Odyssee im Berlin der Gegenwart. Wo ein Odysseus ist, sind auch die Sirenen nicht weit. An dieser Stelle kommt die Coverversion von Britney Spears "Toxic" ins Spiel:
"Wo man Britney Spears in der Art, wie sie das performt, wie eine Sirene sehen kann und in dem Moment, wo ich das dann singe, als ein reisender irrfahrender Hobo-Blues-Typ, der diesem sirenischen Anruf des Vergifteten, der vergifteten Sirene zu widerstehen versucht."
Distelmeyers Songauswahl umfasst einen Zeitraum von gut 60 Jahren Popgeschichte. Darunter einige Klassiker, aber auch viele Songs von heute, denen man einfach nicht entkommen kann.
"So waren viele Stücke, die ich dann auf der Lesung gespielt habe, für mich verbunden mit dem Roman - thematisch, von Motiven her - oder haben mich, als ich das geschrieben habe, das Buch, begleitet. Die habe ich dann dazu gehört. Und dieses Einfache, wie mit so einer Lyra, so einer Leier, das wie ein Blues- oder Countrysänger zu performen, das fand ich naheliegend."
Sperrigster Popstar Deutschlands
Bis zur Auflösung seiner Diskurspop-Band Blumfeld im Jahr 2007 galt Jochen Distelmeyer als intellektuellster und sperrigster Popstar Deutschlands. Im Gespräch ist der Endvierziger aber freundlich und hochkonzentriert. Ob wohl der Albumtitel "Songs From The Bottom" daher kommt, weil große Popsongs, um die es auf dieser Liederzusammenstellung auch geht, immer aus den Tiefen des Herzens, eben "From The Bottom" kommen müssen?
"Zumindest dass es "The Bottom" erreicht - bei einem selber. Selbst eine 'gefakte' Tiefe - und das ist ja eine Qualität von Popmusik, dass sie auch totale Oberfläche sein kann - und trotzdem ein tiefes Gefühl evoziert, das uns entweder tanzen lässt oder weinen lässt. Selbst in oberflächlichen Entwürfen beispielsweise Avicii oder sowas, entsteht das."
"I Could Be The One" vom Dance-Projekt Avicii in der fast ambienthaften Gitarren- und Klaviertupfer-Version von Jochen Distelmeyer. Wenn man weiß, wie das Stück im Original klingt, nämlich klassisch Club-tauglich mit pumpendem Beat, kann man hier zumindest eine spannende Transformation erkennen. Dies ist jedoch gar nicht so häufig der Fall auf Distelmeyers "Songs From The Bottom". Bei Distelmeyer sind viele Lieder einfach gehobene Lagerfeuer-Varianten von Klassikern, die im Original gar nicht so anders klingen. So fragt man sich, ob es eine Distelmeyer-Version von Al Greens "Let’s Stay Toghether" braucht oder auch diesen Pete-Seeger-Song, der vor allem in der Version der Byrds bekannt wurde.
"Zumindest dass es "The Bottom" erreicht - bei einem selber. Selbst eine 'gefakte' Tiefe - und das ist ja eine Qualität von Popmusik, dass sie auch totale Oberfläche sein kann - und trotzdem ein tiefes Gefühl evoziert, das uns entweder tanzen lässt oder weinen lässt. Selbst in oberflächlichen Entwürfen beispielsweise Avicii oder sowas, entsteht das."
"I Could Be The One" vom Dance-Projekt Avicii in der fast ambienthaften Gitarren- und Klaviertupfer-Version von Jochen Distelmeyer. Wenn man weiß, wie das Stück im Original klingt, nämlich klassisch Club-tauglich mit pumpendem Beat, kann man hier zumindest eine spannende Transformation erkennen. Dies ist jedoch gar nicht so häufig der Fall auf Distelmeyers "Songs From The Bottom". Bei Distelmeyer sind viele Lieder einfach gehobene Lagerfeuer-Varianten von Klassikern, die im Original gar nicht so anders klingen. So fragt man sich, ob es eine Distelmeyer-Version von Al Greens "Let’s Stay Toghether" braucht oder auch diesen Pete-Seeger-Song, der vor allem in der Version der Byrds bekannt wurde.
Lustvolle Annäherung an Songwriting-Kunst
"Songs From The Bottom" kann man am ehesten als eine Art Zwischenwerk Jochen Distelmeyers bezeichnen - zwischen dem Roman und der nächsten Soloplatte, auf der dann auch wieder eigenes Material erscheinen soll. "Songs From The Bottom" ist ein Dankeschön an die Fans, die diese Songs bisher nur auf der Lesereise hören konnten. Außerdem ist das Coveralbum sicher auch der Lust des Interpreten und Musikkenners Jochen Distelmeyer geschuldet, sich großer Songwriting-Kunst spielerisch-lustvoll zu nähern. Ein bisschen Analyse muss dennoch sein. Worin liegt also das Geheimnis eines großen Songs?
"Ich glaube grundsätzlich, das Geheimnis ist das Geheimnis der Menschen selber. Weil wir bei jedem Song - oder Platte, Buch, Film - nehmen wir eigentlich als Hörer, Hörerin, Leser, Leserin, Kontakt zu dem Menschen, zu der Schönheit des Menschen dahinter auf."
"Songs From The Bottom, Vol. 1" ist kein großer Wurf, was viele Kritiker auch über Distelmeyers Roman sagten. Aber es ist eine sehr wohlklingende Platte. Vielleicht die erste von Jochen Distelmeyer, die man im Hintergrund beim Abendessen mit Freunden im Wohnzimmer bei Kerzenschein hören kann. Wer von Distelmeyer immer noch musikalische Schärfe erwartet, ist hier fehl am Platz. Wer sich über eine Kollektion von Distelmeyerschen Lieblingssongs in akustischen Wohlklang-Arrangements freut, macht mit "Songs From The Bottom" hingegen nichts falsch.
"Songs From The Bottom" kann man am ehesten als eine Art Zwischenwerk Jochen Distelmeyers bezeichnen - zwischen dem Roman und der nächsten Soloplatte, auf der dann auch wieder eigenes Material erscheinen soll. "Songs From The Bottom" ist ein Dankeschön an die Fans, die diese Songs bisher nur auf der Lesereise hören konnten. Außerdem ist das Coveralbum sicher auch der Lust des Interpreten und Musikkenners Jochen Distelmeyer geschuldet, sich großer Songwriting-Kunst spielerisch-lustvoll zu nähern. Ein bisschen Analyse muss dennoch sein. Worin liegt also das Geheimnis eines großen Songs?
"Ich glaube grundsätzlich, das Geheimnis ist das Geheimnis der Menschen selber. Weil wir bei jedem Song - oder Platte, Buch, Film - nehmen wir eigentlich als Hörer, Hörerin, Leser, Leserin, Kontakt zu dem Menschen, zu der Schönheit des Menschen dahinter auf."
"Songs From The Bottom, Vol. 1" ist kein großer Wurf, was viele Kritiker auch über Distelmeyers Roman sagten. Aber es ist eine sehr wohlklingende Platte. Vielleicht die erste von Jochen Distelmeyer, die man im Hintergrund beim Abendessen mit Freunden im Wohnzimmer bei Kerzenschein hören kann. Wer von Distelmeyer immer noch musikalische Schärfe erwartet, ist hier fehl am Platz. Wer sich über eine Kollektion von Distelmeyerschen Lieblingssongs in akustischen Wohlklang-Arrangements freut, macht mit "Songs From The Bottom" hingegen nichts falsch.