Alchemist auf der Pfaueninsel
Der Alchemist Johann Kunckel sollte im 17. Jahrhundert mit Rubinglas den brandenburgischen Staatshaushalt sanieren. An seine Experimente auf der Pfaueninsel erinnert jetzt eine Ausstellung.
Auf der Pfaueninsel im Berliner Wannsee wird eine kleine Ausstellung eröffnet. In der so genannten Meierei, die am nördlichen Ende der Insel liegt und früher der Milcherzeugung diente: Dort wird an das Wirken des Alchemisten Johann Kunckel erinnert. Kunckel sollte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit seinen Experimenten den brandenburgischen Staatshaushalt sanieren. Rubinglas hieß das Zauberwort.
Glas kannten schon die alten Römer und in Venedig konnte man es für teures Geld kaufen. Da fragt man sich: Warum musste auf der einsamen Insel abseits der Residenzstädte Berlin und Potsdam mit etwas experimentiert werden, was schon längst erfunden worden war? Susanne Evers ist eine der Ausstellungsmacherinnen.
"Es war kompliziert und wirklich schwierig herzustellen. Es war ein langer, langer Prozess und es ist sehr, sehr viel auch schiefgegangen, weil man immer erst dann, wenn Glas erkaltet ist, sehen konnte, ob es geglückt ist oder nicht. Das gilt nicht nur für die Farben, die ganz besonders kompliziert waren, sondern es gilt auch für das ganz klare Glas, denn das normale Glas im 17. Jahrhundert war ja das sogenannte Waldglas, das war grünlich, das hatte Schlieren, das hatte kleine Bläschen, das kennt man ja noch von den alten Flaschen, die wir heute wieder ganz schön finden."
Könige und Fürste wollten Dreck in Gold verwandeln
Johann Kunckel war 1635 in Plön in Holstein geboren worden. Er hatte eine Ausbildung zum Glasmacher und Apotheker durchlaufen, hatte sich verdient gemacht um die Entdeckung des Phosphors und andere naturwissenschaftliche Erkenntnisse.
Im 17. Jahrhundert aber waren gerade die königlichen und fürstlichen Landesherren besessen von der Suche nach der so genannten "Transmutation", also der Umwandlung von weniger wertvollen Stoffen in wertvolle Stoffe. Kerngedanke war die Verwandlung von billigen Metallen in Reichtümer bildendes Gold.
Wie man das schafft, das sollten die Alchemisten herausfinden. Oder - wenn das nicht ging, dann sollten sie wenigstens aus Allerwelts-Mineralien Edelsteine schmelzen.
"Wenn man aber farbiges Glas herstellen konnte, was dem Edelstein ähnlich war, dann war man sehr nah dran. Das war ein unglaubliches Prestigeobjekt. Und die Venezianer konnten und hatten das und die nördlichen Hütten haben sich sehr darum bemüht. Das war wirklich Zentrum der Forschung, farbiges Glas, was dem Edelstein ähnlich ist, herzustellen."
Der Große Kurfürst von Brandenburg hatte 1678 Johann Kunckel von seinem sächsischen Standeskollegen abgeworben und finanzierte dessen Glasexperimente. Der hoffnungsfrohe Kurfürst überließ Kunckel 1685 die Pfaueninsel - "erb- und eigentümlich", wie es hieß. Damit Kunckel das Glas schuf, das dem Edelstein so ähnlich war wie nur möglich.
"Das hat er hier gemacht, das sieht man an den Scherben, die Versuche, misslungene Versuche, dokumentieren."
Die Insellage diente auch der Geheimhaltung
Der Standort auf der Pfaueninsel hatte einleuchtende Vorzüge. Zum einen half die Insellage bei der Geheimhaltung. Außerdem war die Insellage hilfreich wegen der allgegenwärtigen Brandgefahr im Labor. Kunckel selbst war einmal ein Stall abgebrannt, in dem eine Ladung Knallquecksilber hochgegangen war.
In der Tat gelang es ihm, das Goldrubinglas in einem hochkomplexen Verfahren standardisiert herzustellen. Dank Kunckel konnte es sogar zu Gefäßen geblasen werden. Das war Hightech im 17. Jahrhundert. Aber es ging nicht nur um Technik, wie Käthe Klappenbach, auch sie eine Ausstellungsmacherin, erklärt. Denn die Alchemisten, die man sich heute gern als zauselige Bartträger, umgeben von geheimnisvollen Töpfen und qualmenden Tiegeln, vorstellt, strebten nicht nur nach materiellen, sondern auch nach höheren Werten.
"Die Alchemie, das ist ja nicht nur Chemie, das ist ja Philosophie. Es geht um das Entstehen von etwas Reinem aus etwas Unreinem und die Alchemisten, denen ging's auch drum, sich selber zu verbessern, selbst reiner zu werden und man glaubte, wenn man eine Woche gefastet hat oder keine schlechten Gedanken hatte, dass man dann auch bessere Produkte herstellen kann."
Die schöne Forscherwelt währte nur drei Jahre
Die schöne Forscherwelt auf der Pfaueninsel währte nur drei Jahre. Nach dem Tod des Großen Kurfürsten 1688 fiel Kunckel in Ungnade, sein Labor wurde durch Brandstiftung vernichtet. Kunckel ging nach Schweden als königlicher Berater für das Berg- und Hüttenwesen und wurde dort für seine Verdienste geadelt.
Die Pfaueninsel aber wurde zur Schatzinsel, denn die Berliner suchten im Schutt des Labors nach den roten Schein-Edelsteinen. Zum Ärger heutiger Archäologen, die kaum noch Spuren von Kunckels Wirken gefunden haben.