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"So recht, ihr Engel, jauchzt und singet"
Wenn die Pauke beginnt, kann Weihnachten kommen: Was wäre dieses Fest ohne das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach? Seine mal strahlenden, mal demütigen, immer ins Herz treffenden Klänge gehören zum Schönsten, was die Barockmusik zu bieten hat.
"Jauchzet, frohlocket": Wenige vertonte Verse sind so sehr zum Allgemeingut klassischer Musik geworden wie die ersten Worte des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach. Und für viele Musikfreunde ist ein Weihnachtsfest ohne diese Klänge und Worte kaum vorstellbar.
Dabei ist Bachs Oratorium nicht wie eine Sternschnuppe am Himmel erschienen, sondern das Ergebnis genauer Kalkulation, zusammengesetzt aus sechs Kantaten, die an verschiedenen Tagen aufzuführen sind. Und dennoch fügten sie sich auch schon zur Entstehungszeit zum Ganzen, wie Bach es wohl beabsichtigte und wie es aus dem Titel des Erstdrucks hervorgeht: "ORATORIUM, / Welches / Die heilige Weyhnacht / über / In beyden / Haupt=Kirchen / zu Leipzig / musiciret wurde. // ANNO 1734."
Kronen zweier Königreiche
Als Grundlage – heute kaum vorstellbar – verwendete Bach Teile aus seinen weltlichen Kantaten, deren Affekte er nun, mit neuen Texten eines unbekannten Dichters, in den Dienst der Weihnachtsgeschichte stellte. Beispielsweise hieß die Bass-Arie "Großer Herr, o starker König" ursprünglich "Kron und Preis gekrönter Damen" – die weltliche Königin wandelte sich in Bachs Neufassung zum König der Welt.
Der Bariton Michael Volle, mit dem diese Ausgabe der "Interpretationen" 2016 aufgenommen wurde, ist nicht nur ein berühmter Opernsänger, sondern auch ein erfahrener Interpret von Oratorien, der aus der Tradition der Kirchenmusik kommt und somit die Hintergründe dieses Werks genau kennt.
Religion und Arabeske
Unabhängig von diesem historischen Kontext gilt für Bach nicht zuletzt im Weihnachtsoratorium das, was Claude Debussy einmal schrieb: "Schauen wir auf Bach, den Lieben Gott der Musik, an den die Komponisten ein Gebet richten sollten, bevor sie sich an die Arbeit setzen, auf dass er sie vor Mittelmäßigkeit bewahre; schauen wir auf sein umfangreiches Werk, in dem wir auf Schritt und Tritt Dingen begegnen, die so lebendig sind, als wären sie erst gestern entstanden, angefangen bei der kapriziösen Arabeske bis hin zu jenem religiösen Verströmen, dem wir bis jetzt nichts Besseres zur Seite stellen konnten."