John Fante: Der Weg nach Los Angeles
Roman. Aus dem Amerikanischen und mit einem Nachwort von Alex Capus.
Blumenbar Verlag, Berlin 2017
252 Seiten, 22 Euro
Träumerei von literarischen Triumphen
In John Fantes Roman "Der Weg nach Los Angeles" schlägt sich sich der 18-jährige Arturo Bandini als Fischhändler durch. Doch die Stupidität seiner Arbeit ekelt ihn an. Er träumt von einem Leben als Schriftsteller. Und dafür muss er in die kalifornische Metropole gehen.
Arturo Bandini schlägt sich durch. Er arbeitet als Tellerwäscher und Beifahrer auf einem Laster und landet schließlich in einer Fischfabrik, deren Gestank ihn von nun an durch seine Tage und Nächte wie eine Wolke begleitet. Genau wie sein Ekel vor der Stupidität der Arbeit, seine Wut über die ausbeuterisch niedrige Bezahlung und über die Blödheit seiner Kollegen.
Er muss angeben, um das überstehen zu können: Ich bin Schriftsteller sagt er, bevor er je eine Zeile geschrieben hat. Er kann den Job nur ertragen, indem er ihn in eine Recherche verwandelt. Und es die anderen prahlerisch wissen lässt, diese trostlosen Gestalten, die dort wirklich nur arbeiten, um zu arbeiten. Wie natürlich auch er, weil er das Geld braucht. Aber zugeben könnte er das nie. Unmöglich.
Er liest Nietzsche, Schopenhauer und Spengler, redet geschwollen und halbgebildet zugleich daher, träumt von literarischen Triumphen und schreibt schließlich wie in einem Rausch seinen ersten Roman. In dem wenig geschieht, außer, dass sich ein angeblich unwiderstehlicher Kerl eine Frau nach der anderen nimmt -im stets wiederkehrenden Einerlei. Erst, als seine Schwester sagt, der Roman sei doof und langweilig, liest er, was er zu Papier gebracht hat und sieht: Verdammt, die Schlampe hat Recht. Ein Desaster.
Auch John Fante, 1909 in Colorado geboren und 1983 in Los Angeles gestorben, ist Zeit seines Lebens nur wenig Erfolg vergönnt gewesen. Mehrere seiner Romane und Erzählsammlungen, so auch dieser Roman, wurden erst nach seinem Tod veröffentlicht, und erst nach seinem Tod verlieh ihm der PEN einen Preis für sein Lebenswerk.
Los Angeles ehrt John Fante mit einem Platz
In Deutschland ist er immer noch weitgehend unbekannt, in Los Angeleles ist dafür heute ein Platz nach ihm benannt. Bill Buford, lange Jahre Chefredakteur der berühmten Literaturzeitschrift Granta, hat den Begriff "dirty realism" für jene schmuddelige Art von Literatur erfunden, die etwa Charles Bukowski, berühmt gemacht hat. Und Bukowski war es dann auch, der Fante zurückgeholt hat in die Öffentlichkeit. "Fante war mein Gott", hat er gesagt.
Wie Bukowski hat sich Fante an den Rändern der Gesellschaft herumgetrieben und sie beschrieben - wild, krude und roh. Mit gnadenlosem Blick und bitterem Humor erzählt er von den Arbeitsbedingungen in der fiesen Fischfabrik und erbarmungslos von seinem Helden, der ungezügelt durch Scham, Selbstachtung oder Konvention durchs Leben tobt.
Manchmal ist es kaum auszuhalten, wie dieser vor Frustration berstende junge Mann sich flüchtet in Gewaltorgien (gegen Krabben, Fliegen und einmal auch gegen seine kleine Schwester), in Protzverhalten, intellektuell pompöses Blabla, in rassistische Beleidigungen und wüste Selbstbeschimpfungen. So viel Verwirrung, so viel Wahn, so wenige Chancen, so rasend der Zorn dieses verzweifelten Angebers. Unerträglich, denkt man, der arme Kerl.
Fante hat seinen brennenden und verstörten Helden nackt und bloß gezeigt -und ihn nie denunziert. Hat mit rauher Feder einen Berserker gezeichnet, der alles falsch macht und doch unnachgiebig darauf besteht, dass es auch für ihn ein anderes Leben gibt. Jedenfalls vielleicht. Und so macht er sich auf den Weg nach Los Angeles.