"Ghost Light"
Ballett von John Neumeier
Musik: Franz Schubert
Choreografie: John Neumeier
Uraufführung am 6. September am Hamburg Ballett
Getanzte Pandemie-Erfahrung
09:00 Minuten
John Neumeiers "Ghost Light" entstand nicht nur unter Coronabedingungen, es macht das Leben mit der Pandemie zum Thema. Der Choreograf kann der Krise aber auch Gutes abgewinnen: Sie habe mehr Spontanität ins Opernhaus gebracht.
Wenn die Staatsoper Hamburg in die neue Spielzeit startet, hat am 6. September auch endlich wieder ein abendfüllendes Ensemble-Ballett des Choreographen John Neumeier Premiere. Die Uraufführung "Ghost Light" wurde nicht nur unter Coronabedingungen geprobt, sondern thematisiert auch das Leben mit der Pandemie.
Das Hamburg Ballett gehört damit zu den ersten Compagnien, die nach dem Shutdown die Arbeit im Ballettsaal wiederaufgenommen haben.
Nur Paare dürfen miteinander tanzen
"Es geht um die verschiedene Arten von menschlichen Beziehungen in dieser Zeit", sagt Neumeier. Es gehe um Paare unter den Ballettänzern, die verheiratet seien und deshalb miteinander tanzen dürften. "Aber ihre Kollegen nebenan haben keinen Partner in diesem Werk." Das sei ein wesentliches Thema im Sinne einer geheimnisvollen Geschichte.
Von den rund 160 Ballettaufführungen, die er geschaffen habe, seien nur etwa 20 große Produktionen gewesen, wie "Nussknacker", "Schwanensee" oder "Dornröschen", erzählt Neumeier.
"Ich habe viele Ballette gemacht, wo gar nichts auf der Bühne ist."
Langfristige Planung geht nicht mehr
Für ihn gehöre zu den positiven Aspekten der Coronazeit, dass jetzt mehr Spontanität in das Opernhaus einziehe. Bei den großen Produktionen sei es immer so gewesen, dass die Kostüme beispielsweise schon zwei Jahre vorher fertig sein mussten und alles langfristig geplant wurde.
"Das finde ich immer furchtbar", so Neumeier. "Bis die zwei Jahre vergangen sind, habe ich ganz andere Ideen." Langfristige Planung funktioniere jetzt nicht mehr. Für die jetzige Produktion habe es mehrere Fassungen gegeben, die immer wieder verworfen worden seien.
Kritik an unterschiedlichen Regeln
Seiner Einschätzung nach handele es sich derzeit um eine sehr schwere Pandemie, sagt Neumeier. Selbst wenn man sich mit den verschiedenen Theorien der Virologen beschäftige, wisse man nicht, was das alles bedeute.
"Was mich stört an dieser ganzen Geschichte, ist das Fehlen einer klaren Richtung", kritisiert er. So könne in Dänemark oder in der Schweiz im Ballett ganz anders gearbeitet werden als in Deutschland und in Stuttgart ganz anders als in Hamburg. Man dürfe zwar singen, aber kein "Pas de Deux" tanzen. "Das kann ich einfach nicht begreifen."
Selbst wenn die jetzige Planung wieder hinfällig werde, habe er weitere Ideen im Hinterkopf, sagt Neumeier. "Denn es ist wichtig, dass die Flamme dieser Kunst einfach weitergeht."
(gem)