Jorge Zepeda Patterson: Milena oder der schönste Oberschenkelknochen der Welt
Aus dem Spanischen von Nadine Mutz
Elster Verlag, Zürich 2019
527 Seiten, 24 Euro
Vom Opfer zur Rächerin
05:49 Minuten
Eine Prostituierte auf der Flucht, die internationale Menschenhändler-Mafia und ein geheimes Notizbuch – das sind die Komponenten für einen Erfolgs-Roman aus Mexiko: "Milena" heißt der Thriller des Journalisten Jorge Zepeda Patterson.
Es ist ihr schwarzes Notizbuch, das Milena so gefährlich macht. Über Jahre hat die Edel-Prostituierte Informationen über ihre Freier gesammelt: bekannte Männer aus Wirtschaft und Politik. Dieses Wissen bringt die junge Frau in Gefahr, als ihr einflussreicher Liebhaber, der Verleger einer großen mexikanischen Zeitung, unerwartet an einer Überdosis Viagra stirbt. Sie taucht in Mexiko-Stadt unter. Denn jetzt ist nicht nur der Zuhälter hinter ihr her, der sie seit Jahren zur Prostitution zwingt, sondern auch die russische Mafia.
Die Titelheldin verschlingt Bücher
Ins Zentrum seines packenden Thrillers stellt der mexikanische Journalist und Autor Jorge Zepeda Patterson eine Frau, deren Schönheit zu ihrem Verhängnis wird - schon mit 16 Jahren. Sie verlässt ihr kroatisches Heimatdorf, um ein neues Leben in Berlin anzufangen. Stattdessen wird sie von Menschenhändlern verschleppt, in einen Schrank gesperrt, ihr Wille gebrochen.
Doch aus dem scheinbar wehrlosen Opfer wird eine Person, vor der sich ihre Peiniger fürchten. Entgegen dem Klischee der dummen Prostituierten macht Jorge Zepeda Patterson seine Titelheldin zu einer intelligenten Frau, die jedes Buch verschlingt, um seelisch nicht an ihrer verzweifelten Lage zu zerbrechen.
Für "Milena" hat Jorge Zepeda Patterson den mit 600.000 Euro dotierten "Premio Planeta" für spanischsprachige Literatur gewonnen - als erster mexikanischer Autor. Ein Triumph für den 66-Jährigen, der jahrzehntelang als Journalist über Politik, Wirtschaft und Korruption in Mexiko berichtet hat. Nach mehreren Sachbüchern wandte er sich 2013 mit "Los Corruptores" (Die Verführer) dem fiktionalen Schreiben zu.
Doch aus dem scheinbar wehrlosen Opfer wird eine Person, vor der sich ihre Peiniger fürchten. Entgegen dem Klischee der dummen Prostituierten macht Jorge Zepeda Patterson seine Titelheldin zu einer intelligenten Frau, die jedes Buch verschlingt, um seelisch nicht an ihrer verzweifelten Lage zu zerbrechen.
Für "Milena" hat Jorge Zepeda Patterson den mit 600.000 Euro dotierten "Premio Planeta" für spanischsprachige Literatur gewonnen - als erster mexikanischer Autor. Ein Triumph für den 66-Jährigen, der jahrzehntelang als Journalist über Politik, Wirtschaft und Korruption in Mexiko berichtet hat. Nach mehreren Sachbüchern wandte er sich 2013 mit "Los Corruptores" (Die Verführer) dem fiktionalen Schreiben zu.
In Mexiko wird die Verfilmung geplant
Sein Romandebüt erzählt von vier Freunden in einflussreichen Positionen der mexikanischen Gesellschaft, die versuchen, gemeinsam einen Mord aufzuklären. An die Handlung dieses Buches schließt "Milena" als zweiter Teil einer Trilogie an, die Zepeda Patterson 2016 mit "Los Usurpadores" (Die Thronräuber) abgeschlossen hat. Auf Deutsch ist bisher nur "Milena" erschienen, obwohl in Mexiko schon die Verfilmung der Bestseller-Reihe geplant wird.
Mit kurzen Kapiteln und wechselnden Perspektiven erzeugt der Autor Spannung. Immer wieder unterbrechen Rückblicke in Milenas Vergangenheit die chronologische Handlung, die mit dem Viagra-Tod ihres Geliebten in Mexiko einsetzt. Dazwischen streut der Autor Auszüge aus dem geheimnisvollen Notizbuch ein. An manchen Stellen gerät der Plot auf den mehr als 500 Seiten allerdings zu verschnörkelt - das komplizierte Ränkespiel der Mafia um Milena zum Beispiel hätte auf diverse Wendungen und Nebenfiguren verzichten können. Schade auch, dass sich Zepeda Patterson vieler klischeebeladener Formulierungen bedient: "Damals, unter einem freien Himmel, als das Leben noch eine bunte Blumenwiese war", schreibt er über Milenas Kindheit und betitelt seine Heldin beim Motorradfahren als "imposante Asphalt-Amazone".
Mit kurzen Kapiteln und wechselnden Perspektiven erzeugt der Autor Spannung. Immer wieder unterbrechen Rückblicke in Milenas Vergangenheit die chronologische Handlung, die mit dem Viagra-Tod ihres Geliebten in Mexiko einsetzt. Dazwischen streut der Autor Auszüge aus dem geheimnisvollen Notizbuch ein. An manchen Stellen gerät der Plot auf den mehr als 500 Seiten allerdings zu verschnörkelt - das komplizierte Ränkespiel der Mafia um Milena zum Beispiel hätte auf diverse Wendungen und Nebenfiguren verzichten können. Schade auch, dass sich Zepeda Patterson vieler klischeebeladener Formulierungen bedient: "Damals, unter einem freien Himmel, als das Leben noch eine bunte Blumenwiese war", schreibt er über Milenas Kindheit und betitelt seine Heldin beim Motorradfahren als "imposante Asphalt-Amazone".
Der Autor bezieht Stellung gegen Misogynie
Insgesamt überzeugt der Roman aber - besonders mit seinen realitätsnahen Figuren. Er habe jahrelang recherchiert, um die internationale Zuhälter-Mafia schildern zu können, berichtet Jorge Zepeda Patterson in Interviews, und in Heimen für Misshandelte lange Gespräche mit Betroffenen geführt. Zu seiner Titelheldin hat ihn der wahre Fall einer Frau aus Venezuela inspiriert, der man in Mexiko einen normalen Job versprochen hatte - sie dann aber mit Gewalt zwang, in Strip-Clubs zu arbeiten. Sich in solche Schicksale hineinzuversetzen, dazu regt "Milena" an. Klar bezieht der Autor mit diesem Buch Stellung gegen Misogynie. Ein wichtiges Zeichen in einem Land, in dem jede zweite unter häuslicher Gewalt leidet und täglich mehr als sieben Frauen ermordet werden.