Josef Braml: "Auf Kosten der Freiheit"

Wie Politaußenseiter den US-Konzernen nutzen

Donald Trump bei einer Parteiveranstaltung der US-Republikaner in Palm Beach, Florida
Donald Trump bei einer Parteiveranstaltung der US-Republikaner in Palm Beach, Florida © dpa / picture alliance / Erik S. Lesser
Moderation: Sigrid Brinkmann |
Washington wird von großen Konzernen regiert, glauben vielen US-Bürger – und stimmen deshalb für Außenseiter wie Donald Trump und Ted Cruz. Doch mit den Denkzetteln spielen die Wähler den Konzernen in die Hände, warnt USA-Experte Josef Braml in seinem Buch.
Seine Analyse über den Ausverkauf der Demokratie werde gerne als antiamerikanisch abgetan. Doch der Vorwurf sei schwer zu halten, weil die Amerikaner selbst mehrheitlich erkennen würden, dass die Regierung ihre Freiheitsrechte nicht mehr respektiere, auch das Wohlstandsversprechen nicht mehr einlöse.
Mehr noch, so Josef Braml, sie hätten die Nase voll vom Washingtoner Politikbetrieb, der sich mächtigen Konzernen ausgeliefert habe. Die Bürger sähen, dass sie nur noch wenig politischen Einfluss hätten, weil die Politik ihrerseits ihn aus der Hand gegeben habe, indem sie dereguliert und den Freiraum der Wirtschaft noch mehr ausgeweitet hätte – mit der Folge, dass nunmehr reiche Unternehmer die Spielregeln bestimmten. So sei die Balance zwischen Märkten und Politik aus dem Gleichgewicht geraten.

Die Radikalisierung der Politik ist gewollt

Der Zorn der Menschen zeige sich an Phänomen wie Donald Trump, Ted Cruz und Bernie Sanders, die als Außenseiter unter Republikaner wie Demokraten gegen das Establishment rebellieren und sich dadurch in den Vorwahlen um das Präsidentenamt überraschend erfolgreich für eine Kandidatur beworben haben.
Cover - Josef Braml: "Auf Kosten der Freiheit"
Cover - Josef Braml: "Auf Kosten der Freiheit" © Quadriga Verlag
Die Radikalisierung des politischen Klimas sei allerdings gewollt. Wenn libertäre Kräfte den ungeliebten Staat nicht ganz abschaffen könnten, würden sie ihn wenigstens blockieren wollen. Um Gesetze und Steuern zu verhindern, hätten die Milliardäre vermeintliche Graswurzel-Bewegungen ins Leben gerufen.
Sobald die Politik dadurch im Handeln eingeschränkt sei, würden die Bürger nur noch zorniger, weil es geschickten Politikunternehmern gelänge, die Folgen der Blockade als Versagen der etablierten Politik anzuprangern.

Europa und Deutschland müssen achtgeben

Der Leiter der Redaktion "Jahrbuch Internationale Politik" in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin sieht das amerikanische Selbstverständnis , dass die USA als liberales Vorbild die demokratische Welt anführten, zur Ironie der Geschichte werden.
Denn zum einen wirkten sich Macht und Einfluss amerikanischer Unternehmen wie etwa Google auch auf Europa aus, besonders wenn kartellrechtlich nicht gegengesteuert werde, um Demokratie und freie Marktwirtschaft zu erhalten.
Zum anderen – und das sieht Josef Braml als bedenklicher an – werde nach dem Ost-West-Konflikt nunmehr mit China ein nächstes Gegenmodell aufgebaut. Und ein äußerer Feind solle immer auch dazu dienen, innere soziale Probleme zu übertünchen, den Etat in den militärischen Bereich zu lenken und einen nach innen handlungsunfähigen Präsidenten wenigsten nach außen handlungsfähig zu machen.
Europa und Deutschland, so Bramls Warnung, müssten aufpassen, mit ihren handelspolitischen Interessen nicht zwischen die Fronten einer neuen Blockbildung von Großmächten zu geraten. Sie könnten durchaus etwas bewirken, wenn sie liberale Vordenker in den USA stärkten, die nicht darauf aus seien, dass eine reiche Minderheit der amerikanischen Gesellschaft immer vom Kuchen erhalten wolle.
Auf beiden Seiten des Atlantiks sieht er nämlich die liberale Demokratie in der Krise, weil der Staat nicht mehr den Deal erfüllen könne, den Bürgern Sicherheit auch im materiellen Sinn zu gewährleisten. Sie würden deswegen revoltieren – in den USA durch Donald Trump und in Deutschland durch die AfD.

Josef Braml: Auf Kosten der Freiheit. Der Ausverkauf der amerikanischen Demokratie und die Folgen für Europa
Quadriga Verlag, Köln 2016
270 Seiten, 22,00 Euro, auch als E-Book

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