Terminkalender für Achtsamkeit

Nach dem Burn-out "ein guter Plan"

09:06 Minuten
Ein junger Mann im Gebirge. Er hat ein T-Shirt an, trägt die haare kurz und hat einen Vollbart. Im Hintergrund sind saftige Weiden in einer Gebirgslandschaft zu sehen.
Jan Lenarz hat den Terminkalender "Ein guter Plan" erfunden, um besser auf sich aufzupassen. © privat
Jan Lenarz im Gespräch mit Joachim Scholl · 05.01.2023
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Der Designer Jan Lenarz hat aus einer Lebenskrise heraus einen Kalender für sich entwickelt – und schließlich auch ein Unternehmen dazu gegründet. Es geht um Achtsamkeit und Reflexion. Bald wird wohl das einmillionste Exemplar verkauft.
„Ich habe mich wie ein Smartphone behandelt“, lässt sich Jan Lenarz auf der Website seines Verlags zitieren. „So viel leisten, wie möglich und nach einer Weile wieder Batterie aufladen, dann geht das schon.“ Aber so lief es dann doch nicht: 2015 kam der Burn-out.
Die Krise wurde für ihn zu einem neuen Anfang, dank eines Kalenders, den er gezielt für seine Bedürfnisse entwickelt hat. Über Crowdfunding wollte er ihn zunächst in einer 600er-Auflage drucken lassen. Dann wurden aber doch 12.000 abgesetzte Exemplare. „Ein guter Plan“, so der Name des Kalenders, traf offenbar einen Nerv. Mit "Ein guter Verlag" war dann auch gleich ein Unternehmen gegründet.

Vom Burn-out zum Produkt

Lenarz' Burn-out und Lenarz' Produkt hängen also zusammen: „Ich habe da gemerkt: Ich muss auf mich aufpassen", sagt der Designer und Gründer rückblickend. "Dafür ist so ein Terminkalender einfach ein total tolles Hilfsmittel“, sagt er. Sein Produkt soll zum Reflektieren anregen: „Es ist einfach wichtig, dass man nachhaltig und konstant immer wieder guckt: Wie geht es mir eigentlich? Was sind meine Bedürfnisse? Bin ich auf dem richtigen Weg?“
Vermarktet wird "Ein guter Plan" als „ganzheitlicher Terminkalender für mehr Achtsamkeit und Selbstliebe". Demnächst werde wohl das einmillionste Exemplar verkauft, erklärt Lenarz. Die Kunden könnten es als Terminkalender, als Tagebuch oder als beides nutzen. "Journaling", nach dem englischen Wort, heißt der Trend, wieder Tagebuch schreiben – mit dem Ziel, die mentale Gesundheit zu stärken.
„Die Welt wird anstrengender und schneller“, erklärt Lenarz. Darin sieht er auch den Grund für seinen Erfolg. Social Media habe 2015, als der spezielle Terminkalender entstand, noch mal eine Schippe zugelegt, blickt er auf die Entstehungsphase zurück: „Da haben die Menschen einfach Entschleunigung gesucht.“

Schreiben als Sortieren und Ablegen

Lenarz hebt das Schreiben als Kulturtechnik hervor. "Wer aufschreibt, muss Dinge manifestieren. Die ganzen Gedanken, die man hat, müssen in eine Form gebracht werden. Da ist Aufschreiben wichtig, um einfach mal die Gedanken zu sortieren." Er schätzt vor allem eins: "Es schaltet auch ein bisschen das Grübeln ab: Alles, was ich aufgeschrieben habe, kann ich loslassen."

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Mit der Hand zu schreiben, was viele nicht mehr gewohnt seien, habe zudem eine eigene Qualität. "Wenn ich mit der Hand aufschreibe, passieren ganz andere Dinge in meinem Kopf, als wenn ich das tippe oder spreche. Das hat wirklich einen verarbeitenden Charakter – dieses Sortieren von Gedanken, das passiert eigentlich nur, wenn ich mit der Hand schreibe."
Lenarz selbst nutzt allerdings nicht nur sein Produkt als Kalender, sondern auch ein Online-Tool: „Das sollte ich vielleicht gar nicht zugeben, aber für mein Team ist es wichtig, dass die meine Termine sehen.“ In den „Ein guter Plan“-Kalender notiere er täglich oder wöchentlich, "wie es mir geht und was gerade so ansteht".

Literatur als Möglichkeit

"Ich glaube, solange das Leben immer ein bisschen anstrengender und stressiger wird und die Leute so viel Verantwortung haben und Existenzängste haben, wird das Thema Achtsamkeit wichtig und relevant bleiben", sagt der Unternehmer. Im Endeffekt habe es auch ganz viel mit Stressvermeidung und Burn-out-Prävention zu tun.
Ob aus der schreibenden Selbstreflexion mal Literatur wird – Autofiktion ist schließlich ein großer Trend – bleibt offen. Fakt ist aber: "Viele unserer Nutzer fangen da zum ersten Mal an, wirklich wieder zu schreiben."
Immer wieder bekomme er dabei auch das Feedback, dass die Leute anfangs ihre Schrift kaum noch lesen könnten. "Dann fangen sie an zu schreiben und merken, es macht ihnen Spaß. Es hilft ihnen." Manchmal verselbstständige sich das, führt er weiter aus: "Und dann kann sich da ganz viel daraus ergeben."
(mfu)
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