Harte Strafen für Auslandskorrespondenten
Seit mehr als 20 Jahren regiert Staatschef Lukaschenko Weißrussland mit harter Hand. Auch die Präsidentenwahl wird daran nichts ändern. Journalisten, egal ob sie in den staatlichen oder unabhängigen Redaktionen tätig sind, stehen unter schärfster Beobachtung.
Dass der Ausgang der Präsidentschaftswahl am Sonntag feststeht, bezweifelt Jewgeni Preigman keine Sekunde. Dass der junge Weißrusse dem Autokraten seine Stimme auf keinen Fall gibt, ist ebenso sicher. Denn Lukaschenko nehme das Volk nicht für voll.
"Wir haben es mit einer Art von Debilisierung zu tun. Früher dachte sich die Regierung im Wahlkampf für die Pressezensur im Wahlkampf wenigstens noch einen Grund aus, heute reicht es ihr sie sagen, wir lassen keine Oppositionellen im Fernsehen zu und fertig. Die Leute fühlen sie behandelt als seien sie debil. Und wenn dir ständig klargemacht wird, dass du debil bist, fühlst du dich irgendwann auch debil. Die Regierung erlaubt es sich, mit mir wie einem Debilem zureden und ich kann sie nicht daran hindern."
Journalisten, egal ob sie in den staatlichen oder wenigen unabhängigen Redaktionen tätig sind, stehen seit Jahren unter schärfster Beobachtung. Nun hat das Regime weißrussische Kollegen, die für ausländische Medien berichten, auf dem Kieker, erklärt Andrei Bastunets von der Weißrussischen Assoziation unabhängiger Journalisten. Weil Präsident Lukaschenko kaum beeinflussen kann, wie in Polen, Litauen, Deutschland oder anderswo über sein Land berichtet wird, versucht er derer habhaft zu werden, die für die ausländischen Redaktionen schreiben bzw. diese mit Informationen versorgen.
"Freie Journalisten, die für ausländische Medien arbeiten, werden schon seit dem vergangenen Jahr verfolgt, in diesem Jahr hat sich der Druck auf sie noch einmal verstärkt. Im vorigen Jahr sind 10 Journalisten mit Geldstrafen belegt worden, weil ihre Beiträge in ausländischen Medien erschienen sind, in diesem Jahr sind es mehr als anderthalb Mal so viele, 25 Kollegen, gegen die Verfahren laufen."
Wie so häufig in Diktaturen liefert die Bürokratie den Hebel. Im Fall der Freelancer ist es die Akkreditierung. Sie wissen dass sie sich anmelden müssen, würden es ja auch tun, wenn es denn möglich wäre.
"Laut Gesetz können sich nicht akkreditieren, weil sie in den ausländischen Medien nicht festangestellt sind. Akkreditierungen gibt es in Weißrussland nur für feste Mitarbeiter. Allein im Juli sind acht freie Kollegen vor Gericht gestellt worden. Die Gesamtsumme, die in diesem Jahr bisher verhängt wurde, sind 7500 Euro, für den einzelnen sind das 300 – 500 Euro."
Informationsministerium kann Internetportale blockieren
Also ein bis zwei Monatsgehälter. Was die freien weißrussischen Journalisten für ausländische Medien aus ihrem Land berichten, ist mitnichten stets hochpolitisch und brisant, häufig illustrieren sie in Alltagsgeschichten lediglich, wie es sich unter der 21-jährigen Herrschaft Lukaschenkos lebt.
"Erst kürzlich gab es einen Prozess gegen eine Kollegin, die über Kinderzeichnungen berichtete, die die Hauptstadt Minsk bunter machen sollten. Ein völlig harmloser Beitrag. Es geht nicht den Inhalt, sondern dass das Material über Weißrussland woanders veröffentlicht wird, vor allem bei den in Polen ausgestrahlten weißrussischen Programmen BelSat oder Radio Razija oder der Deutsche Welle."
Das geänderte Pressegesetz hat die Willkür noch einmal verschärft. Das Informationsministerium kann sowohl weißrussische als auch ausländische Internetportale blockieren nach nur einem angeblichen Verstoß und ohne Gerichtsurteil. Die Gründe sind nicht selten an den Haaren herbeigezogen.
"Narodaja Wola, eine Oppositionszeitung, wurde zweimal schon verwarnt. Jetzt kann das Informationsministerium beim Gericht die Schließung der Zeitung beantragen. Verwarnungen können wegen Grammatikfehlern ausgesprochen werden oder, wie hier, weil eine Abkürzung benutzt worden ist: RB an Stelle Republik Belarus. Nach solche Vorfällen werden die Redaktionen natürlich sehr vorsichtig."
Zweck der Übung, so der Chef der weißrussischen Journalistenassoziation: Das Regime wolle, dass Journalisten ständig die Schere schon im Kopf hätten. Jewgeni Preigman, der junge Analyst, hält es in der Heimat kaum noch aus.
"Anders als zu Sowjetzeiten kann man jetzt in die Kirche gehen, jede Musik hören, als Mann lange Haare tragen. Für die Alten ist das Demokratie. Für uns Junge, die vor allem das Internet nutzen, ist das anders, die meisten wollen nur weg."