"Satire geht manchmal dahin, wo es wirklich schmerzt"
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Eine Satire des Liedes "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" in einem WDR-Video löste heftige Reaktionen aus. Nach einem Shitstorm wurde das Video zurückgezogen. Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes, findet das übertrieben.
Es war als satirischer Beitrag zur Generationendebatte innerhalb der Klimadiskussion gemeint, wurde aber offenbar von vielen Usern im Netz sehr ernst genommen: In einem WDR 2-Video singt ein Mädchenchor in einer Persiflage von "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" unter anderem: "Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau". Das löste eine Welle der Empörung aus.
In einer abendlichen Sondersendung stellte sich WDR2-Programmchef Jochen Rausch der Kritik der Hörer und sagte, man habe einen Fehler begangen. Während der Sendung rief WDR-Intendant Tom Buhrow an und entschuldigte sich für das Video.
Menschen fühlen sich beleidigt – das bringt Satire mit sich
Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes, sagt, er verstehe nicht, warum das Video so polarisieren konnte, weil es klar als Satire gekennzeichnet worden sei. "Natürlich ist es so, dass Menschen sich beleidigt fühlen könnten, aber das ist Wesenskern von satirischen Äußerungen."
Man habe in der Vergangenheit immer wieder solche Dinge erlebt. "Satire geht manchmal dahin, wo es wirklich schmerzt. Damit muss man rechnen, wenn man Satire macht, und damit muss man rechnen, wenn man Satire konsumiert."
Überall findet es nicht richtig, dass das Video entfernt wurde. "Wann immer man etwas aus dem Netz nimmt, lenkt man noch mehr Aufmerksamkeit darauf. Es ist ja im Netz auch weiterhin zu finden, es ist ja deswegen nicht verschwunden, nur weil es nicht mehr auf der offiziellen WDR-Seite ist. Damit hat man das Gegenteil von dem erreicht, was man erreichen wollte."
Zuspitzung eines Generationenkonflikts
Die Entschuldigung des WDR-Intendanten Tom Buhrow kann er aber gut nachvollziehen. Den Begriff "Umweltsau" könne man als persönlich beleidigend empfinden und wenn Buhrow das auf seinen eigenen Vater beziehe (den er zu diesem Zeitpunkt in einem Krankenhaus besucht hatte) und ihn dann verteidige, dann sei das absolut richtig.
Er könne verstehen, dass dieses Thema emotionalisiere, sagt Überall. Wenn man jetzt aber bei jedem Satirebeitrag solche Diskussionen führe, dann könne es eigentlich keine Satiresendungen mehr geben.
"Ich halte das für ein emotionalisiertes Thema in der nachrichtenarmen Zeit. Ich denke, Satire darf sehr, sehr viel. Es hat schon Fälle gegeben, die aus meiner Sicht viel drastischer waren. Ich glaube auch, dass keiner der Autoren oder Autorinnen jemals im Sinn hatte, die Generation der Großeltern pauschal zu beleidigen, sondern dass es darum ging, einen Generationenkonflikt satirisch zuzuspitzen und das muss erlaubt sein."
(rja)
(rja)