Was kann politischer Journalismus im Internet leisten?
Vor einem Jahr gründete der Fernsehjournalist Stephan Lamby die Video-Plattform dbate.de. Mit ihr sollen Zuschauer eine wichtigere Stimme erhalten. Warum hier selbst ein sechsstündiges und zwölf Jahre altes Interview mit Helmut Kohl zum Klickerfolg wird, erklärt er im Gespräch.
Was kann politischer Journalismus im Internet leisten? Über diese Frage sprechen wir mit Stephan Lamby, der als klassischer Fernsehjournalist bekannt geworden ist und der vor einem Jahr die Video-Plattform dbate.de gründete.
"Die Medienwelt hat sich immer geteilt in Sender und Empfänger - aber das Internet wirbelt das schön durcheinander", erklärt er im Deutschlandradio Kultur.
Im Internet könne jeder Zuschauer zum Sender werden: "Wir Journalisten sind gut beraten, wenn wir auf das hören, was uns die Zuschauer, Hörer, Leser zu sagen haben."
Weil im Netz die Rezeption anders sei, biete sein Online-Portal dbate.de den Usern kürzere Episoden an. Erst nach zwei oder drei Wochen würden die zu einer Langform zusammengesetzt, "für diejenigen, die die große Erzählung verfolgen wollen".
Altes Interview mit Helmut Kohl wurde "wie verrückt geklickt"
Dabei interessierten sich die User nicht vorrangig nur für sogenannte bunte Themen. Ein sechsstündiges Interview mit Helmut Kohl, das zwölf Jahre alt war und über sechs Folgen auf der Webseite veröffentlicht wurde, sei "wie verrückt geklickt" worden. Letztlich entscheide die Qualität über den Erfolg.
Debatten seien "die DNA der Seite". Alles werde bei debate.de zur Diskussion gestellt. "Wir wollen Material haben, wir wollen Information, wir wollen Bilder von Augenzeugen, wir führen mit Augenzeugen Skype-Interviews und bieten all das auch dem Forum an, damit die darüber diskutieren", erklärt Lamby.
Es sei allerdings nicht Idee von dbate.de gewesen, den bisherigen politischen Journalismus abzulösen, sondern ihn zu ergänzen. Lamby: "Wir müssen die User ernster nehmen als bislang."