Die Journalistin Anna Sauerbrey leitet das Ressort Meinung/Causa des Berliner "Tagesspiegels" und ist Mitglied der Chefredaktion. Die promovierte Historikerin kam 2009 als Volontärin zu der Zeitung. Sauerbrey schreibt außerdem für die "New York Times" eine monatliche Kolumne.
"Die AfD wird versuchen, den Fall Kalbitz auszusitzen"
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Mal blinkt sie bürgerlich, mal braun: Dieses Dilemma der AfD wird am Fall Kalbitz einmal mehr deutlich. Um die "kritische Masse zu behalten", müsse sie beide Seiten bedienen. Insofern werde es weiter beim "Doppelkurs" bleiben, meint Anna Sauerbrey.
Nach dem Rauswurf des brandenburgischen Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz steht die AfD vor einem Machtkampf mit offenem Ausgang. Anna Sauerbrey, Mitglied der Chefredaktion des Berliner "Tagesspiegel", hält es für möglich, dass der von Bundesvorstand Jörg Meuthen initiierte Parteiausschluss Kalbitz' ein Schuss ist, der nach hinten losgeht.
Sie verweist darauf, dass bereits frühere AfD-Vorsitzende daran gescheitert sind, rechtsextreme Elemente aus der Partei herauszuhalten: "Das war schon bei Bernd Lucke so, Frauke Petry hat es dann auch versucht, das moderate Lager zu stärken – vergeblich – und ist abgesägt worden." Auch jetzt reicht der Widerstand gegen Kalbitz bis in die "höchste Spitze", sagt Sauerbrey. "Die Fraktionsspitze im Bundestag hat sich dagegen ausgesprochen."
Vor allem in Ostdeutschland paktiert die AfD mit Rechtsextremen
Vor allem aber kommte Rückendeckung für Kalbitz aus den ostdeutschen Landesverbänden, also aus den Bundesländern, in denen die AfD die besten Wahlergebnisse einfährt. Das verdeutlicht auch das Dilemma, in dem die Partei steckt und aus dem sie Sauerbrey zufolge wohl auch nie herauskommen wird: "Dass sie im Prinzip ja, um die kritische Masse zu behalten, beide Seiten bedienen muss. Und auf diesem Grat tanzt sie eigentlich seit ihrer Gründung herum. Und mal wabert es in die eine und mal in die andere Richtung."
Insofern werde die AfD jetzt wohl versuchen, "den Fall Kalbitz irgendwie auszusitzen, die Partei einigermaßen beieinanderzuhalten", mutmaßt Sauerbrey. "Und dann wird es genau mit diesem Doppelkurs weitergehen – wir sind einerseits bürgerlich und paktieren andererseits mit den Rechtsextremen, vor allen Dingen in den ostdeutschen Landesverbänden."
(uko)