Bettina Gaus ist politische Korrespondentin der "tageszeitung" (taz), von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung. Sie besuchte die Deutsche Journalistenschule in München und war danach 1983 bis 1989 Politikredakteurin beim deutschsprachigen Programm der Deutschen Welle. Von 1989 bis 1996 berichtete sie mit Sitz in Nairobi für ARD-Sender und Nachrichtenagenturen über Afrika.
"Ich bin kein Fan davon, Leute am Reden zu hindern"
06:21 Minuten
Ex-AfD-Chef Bernd Lucke wird als Professor an der Uni Hamburg von Studierenden boykottiert. Das findet Journalistin Bettina Gaus verständlich. Andererseits dürfe man nicht alle rechten Politiker in einen Topf werfen. Denn das führe direkt in die Sprachlosigkeit.
Studierende haben mehrfach Vorlesungen des ehemaligen AfD-Chefs Bernd Lucke an der Universität Hamburg blockiert. Lucke hat dort eine Professur für Makroökonomie inne, die er während seiner politischen Tätigkeit ruhen ließ. Auf der anderen Seite hetzen Rechtsextreme ungehemmt in Onlineforen. Wie vergiftet ist inzwischen unsere Debattenkultur, wenn keine sachliche Auseinandersetzung mit Andersdenkenden mehr möglich scheint?
Die Debatte, wann, ob und unter welchen Umständen man jemanden am Reden hindern dürfe, sei "so alt wie die Republik", sagt die Journalistin Bettina Gaus. Im Fall Lucke fühle sie sich zwiegespalten: Einerseits könne sie gut nachvollziehen, dass die Studierenden jemanden, der der heute rechtsradikalen AfD den Weg geebnet habe, nicht als Professor haben wollten.
"Aber ich bin kein Fan davon, Leute am Reden zu hindern. Hinzu kommt noch, dass der Mann ja beamtenrechtlich verpflichtet ist, Vorlesungen zu halten. Ich finde es schon auch schwierig, jemanden an der Ausübung seines Berufes zu hindern."
Verharmlosung von Leute, die grauenvolle Dinge sagen
Ein weiterer wichtiger Punkt ist für Bettina Gaus: "Ich bin keine Freundin der Positionen von Bernd Lucke. Aber ich finde auch nicht, dass man ihn mit jemandem wie Björn Höcke gleichsetzen kann. Ich finde, das ist eine Verharmlosung der Leute, die wirklich grauenvolle Dinge sagen." Lucke sei von seinem Ursprung in der Partei her ein Eurokritiker, der dann aus der Partei herausgedrängt worden sei, als diese sich immer stärker radikalisierte.
Die "taz"-Journalistin hält es zudem für nicht sinnvoll, Gespräche und Diskussionen mit rechten Politikern mit dem Argument "mit Rechten redet man nicht, das macht sie nur salonfähig" pauschal abzulehnen. "Da ist die Frage, wo man die Grenze zieht." Mit Rassisten würde sie persönlich aber auch nicht diskutieren wollen.
Bernd Lucke jedoch täte man vermutlich damit unrecht. "Ich finde, man darf die Grenze nicht zu früh ziehen. Denn dann wird die Sprachlosigkeit – übrigens auch zu den Wählerinnen und Wählern radikaler Parteien – zu groß. Wir wollen die ja zurückholen." (mkn)
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