"Nach wie vor ein rückständiges Frauenbild"

Wer Frauenzeitschriften wie "freundin" aufschlägt, stellt fest: Es geht unbeirrbar um Heim, Familie und Schönheit – auch 70 Jahre nach Ersterscheinung. Ein Leben außerhalb der Norm sei dort nicht vorgesehen, sagt Journalistin Silke Burmester.
Der Verlag der Frauenzeitschrift "freundin" lässt uns wissen: Das Leben der Frauen hat sich in den letzten 70 Jahren grundlegend verändert. 70. Geburtstag feiert auch das Magazin. Dass sich das Frauenleben seit der Wirtschaftswunderzeit geändert hat, hätten sich die meisten heutigen Leserinnen vermutlich auch selbst denken können. Allerdings finde sich diese Veränderung in keiner Weise in Frauen-Magazinen wieder, kritisiert die Journalistin Silke Burmester, die selbst viele Jahre für solche Zeitschriften gearbeitet hat.
"Es geht nie um ein Leben außerhalb der Norm"
Im Gegenteil: Die Hefte propagierten nach wie vor ein rückständiges Frauenbild, das um Heim, Familie und Schönheit kreise. "Ich sehe keinen Unterschied zu 1982", sagt sie. Und: "Es geht nie um Politik oder Aufbruch, es geht nie um ein Leben außerhalb der Norm."

Journalistin Silke Burmester© imago / Sven Simon
In einem Essay formulierte Burmester vor einiger Zeit die provokante These, die Magazine bildeten ein Frauenbild ab, "als säße Hitler unter dem Küchentisch und mache Frauenpolitik". Starker Tobak, das räumt die Journalistin ein. Fakt ist für sie jedoch: "Die Magazine führen Frauen nie aus ihrer angestammten Welt heraus." Auch die Jubiläumsausgabe der "freundin" bilde keine Ausnahme. Es gehe darin unter anderem um Frauen-Cliquen – die gemeinsam auf Party gehen, Lesen, Angeln oder Helene Fischer als Fans hinterherreisen. Alles wie schon seit Jahrzehnten.
Je älter die Zielgruppe, desto anspruchsvoller der Inhalt
Interessante Beobachtung aber am Beispiel der "Brigitte"-Ableger "Women" (Frauen ab 40) und "Wir" (Frauen ab 60): "Tatsächlich ist die einhellige Wahrnehmung der Leserinnen: Die Hefte werden, je älter die Zielgruppe ist, desto anspruchsvoller. Und desto besser ist auch der Journalismus – tiefgründiger, interessanter, nicht immer das Oberflächliche nehmen, sondern auch interessantere Persönlichkeiten vorstellen. Und das ist tatsächlich so", sagt Burmester.

Die Veränderung des Frauenbildes in den vergangenen Jahrzehnten spiegele sich nicht in Frauenzeitschriften wieder, meint Journalistin Silke Burmester.© dpa / Andreas Gebert
Zu den Chancen neuer Frauenzeitschriften, die mittlerweile auf den Markt gekommen sind und andere Themen setzen wollen wie etwa "Barbara" von Moderatorin Barbara Schöneberger, sagt Silke Burmester: "Das Problem bei ´Barbara` ist, dass die Zielgruppe beschränkt ist. Entweder Sie mögen Barbara Schöneberger – dann kaufen Sie das Heft. Oder sie mögen Sie nicht, dann kaufen Sie es nicht. Und deshalb haben die wenig Wachstumsmöglichkeiten."
"Barbara" sei allerdings wirklich anders gemacht und hebe sich deshalb positiv ab: Das Magazin sei schräger, es gehe weniger "um Körperoptimierung oder um ´so mache ich meine Familie glücklich` – das findet dort weniger statt." Zudem sei das Heft hochwertig gestaltet – "nicht so billig-billig wie die anderen Hefte".
(mkn)
(mkn)