Pandemie der Ungeimpften
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Seit Wochen wirbt die Politik für die Corona-Impfung. Mehr Druck auf Ungeimpfte kann aber auch nicht schaden, findet die Journalistin Birgit Marschall, denn: Die meisten Menschen, die in den Krankenhäusern behandelt werden, seien nicht geimpft.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI) hat Gesundheitsminister Jens Spahn erneut zum Impfen aufgerufen: "Nutzen Sie die Chance, lassen Sie sich impfen!"
Birgit Marschall, Hauptstadtkorrespondentin der Rheinischen Post, attestiert der Politik "enorme" Anstrengungen: Es werde seit Wochen und Monaten geworben, es gebe regelmäßige Pressekonferenzen. Wen das bislang nicht erreicht habe, der nutze womöglich Radio oder Fernsehen nicht.
Sie begrüße aber niedrigschwelligere Angebote von Sportvereinen oder in Einkaufszentren, sagt die Journalistin: "Hier kannst du dich schnell unkompliziert und schnell impfen lassen", das sei ja auch Ziel der geplanten Aktionswoche der Bundesregierung.
Um die vierte Welle auf jeden Fall zu brechen, sei eine Impfquote von 80 oder 90 Prozent nötig. Derzeit seien aber nur knapp über 60 Prozent der Bevölkerung zwei Mal geimpft. "Das Ganze noch mal um 20 Prozentpunkte hochzuhieven, halte ich für eher unwahrscheinlich."
Mehr Druck auf Ungeimpfte
Einige große Städte haben den Kurs inzwischen verschärft und setzen auf 2G. Bürger, die weder geimpft noch genesen sind, werden so von bestimmten Aktivitäten ausgeschlossen. "Ich halte das für den richtigen Weg, um noch mal einen größeren Druck auszuüben", betont Marschall.
Jeder, der sich jetzt noch impfen lasse, sei ein Gewinn für die Gemeinschaft. In den Krankenhäusern könne man sehen, dass es sich momentan um eine "Pandemie der Ungeimpften" handele.
Fast 100 Prozent derjenigen, die derzeit in Kliniken behandelt würden, seien ungeimpft. "Das müssen sich die Menschen klarmachen, auch jüngere: Dass sie vor einem schlimmen Krankheitsverlauf nicht gefeit sind."
"Corona ist kein Gewinnerthema"
Eine Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hat festgestellt, dass Corona derzeit in den sozialen Medien kein echtes Wahlkampfthema ist. Doch den Eindruck, dass die Parteien das Thema vermeiden, hat Birgit Marschall nicht. Eigentlich spiele Corona im Wahlkampf "eine ziemliche Rolle", etwa bei der AfD, sagt sie.
Die Studie konzentriere sich vor allem auf Social Media, "womöglich denken die Parteien, dass Corona bei den Jüngeren kein so großes Thema sei. Was natürlich falsch ist", sagt Marschall. Und sie hat noch eine andere Erklärung, warum Corona auf Facebook oder Instagram derzeit nicht an vorderster Stelle steht: "Es ist kein Gewinnerthema."