Journalistin über Streit um "Handreichung" gegen rechts

Ein wenig Selbstkritik wäre angebracht

06:48 Minuten
Ulrich Khuon, Präsident Deutscher Bühnenverein (l-r), Bianca Klose, Projektleiterin Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR), und Klaus Lederer (Die Linke), Kultursenator von Berlin, halten im Rahmen einer Präsentation die Broschüre «Alles nur Theater? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts» im Deutschen Theater in die Höhe.
Entschlossen gegen "rechts" - aber wo fängt "rechts" eigentlich an? Ulrich Khuon, Bianca Klose und Klaus Lederer bei der Präsentation der Broschüre "Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts". © picture alliance/Paul Zinken/dpa
Christine Lemke-Matwey im Gespräch mit Liane von Billerbeck |
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Sind die "Zeit"-Redakteure Ulrich Greiner und Jens Jessen Protagonisten eines "Kulturkampfs von rechts"? Eine Broschüre zum Umgang von Theatern mit "Rechten" scheint das so zu sehen. "Zeit"-Autorin Christine Lemke-Matwey widerspricht.
"Lagerdenken ganz alter Schule", "ideologische Kampfschrift", "grobschrotiger Begriff von 'rechts'": In der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit" gehen die Autoren Christine Lemke-Matwey und Adam Soboczynski hart mit einer vor zwei Wochen vorgestellten Broschüre "Alles nur Theater? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts" der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) ins Gericht.
Die "Handreichung", die laut "Zeit" vom Bundesfamilienministerium und vom Berliner Senat gefördert wurde, gibt Theatern Ratschläge, wie sie mit Störungen und Übergriffen durch rechte Gruppen umgehen sollen. Der weitaus größere Teil der Broschüre, gegen den sich auch die Kritik der beiden Autoren richtet, sei jedoch eine Analyse der gesellschaftlichen Gesamtlage, die, wie es im Artikel heißt, "letztlich keinen Unterschied zwischen konservativen, liberalkonservativen, rechtsextremen, rassistischen, Gendertheorie-skeptischen oder rechtspopulistischen Positionen macht".

"Schlamperei in der Recherche"

Die Handreichung erklärt offenbar auch zwei "Zeit"-Mitarbeiter zu Protagonisten eines "Kulturkampfs von rechts": Zum einen den früheren Feuilleton- und Literaturchef Ulrich Greiner, dem unterstellt wurde, er hätte die sogenannte Erklärung 2018 unterschrieben - ein von Vera Lengsfeld im vergangenen Jahr initiierter Aufruf gegen Masseneinwanderung.
Der Journalist und Literaturkritiker Ulrich Greiner
Der Journalist und Literaturkritiker Ulrich Greiner© picture alliance / dpa / Horst Galuschka
"Dem ist einfach nicht so. Das ist eine Fahrlässigkeit, das ist eine Schlamperei in der Recherche, und da mussten wir uns natürlich wehren", sagt "Zeit"-Autorin Christine Lemke-Matwey. "Die Quelle, der Spiegel-Kolumnist Georg Diez, war seinerseits bereits mit einer Unterlassungserklärung belegt - bzw. das Buch, in dem er das behauptet, war mit einer Unterlassungserklärung belegt. Das kann man wissen."
Porträtaufnahme Jens Jessen, Feuilleton-Redakteur der "Zeit".
Jens Jessen, Feuilleton-Redakteur der "Zeit".© picture-alliance/ dpa / Steffen Kugler
Zum anderen Feuilleton-Redakteur Jens Jessen: "Da geht es um einen Artikel 'Der bedrohte Mann' in der Metoo-Affäre. Er wendet sich gewissermaßen gegen eine seiner Ansicht nach viel zu militante Kritik am Männerbild in der Debatte des letzten Herbstes", sagt Lemke-Matwey. "Und auch das wird eigentlich sofort vereinnahmt und als Symptom gesehen für einen Rechtsruck, der beginnt."
Diese Ideologie werde offenbar von der Kulturszene fraglos angenommen "als ein seinerseits ziemlich geschlossenes Weltbild", kritisiert die Journalistin. Doch wo beginnt eigentlich der Rechtsruck, fragt sie: "Gleich rechts von der Antifa? In der Mitte der Gesellschaft? Oder eben doch erst bei der AfD? Und da fühlen wir uns einfach wirklich ungebührlichst behandelt."

"Das spielt nur den Rechten in die Hände"

Der Generalverdacht eines umfassenden Rechtsrucks, der in der Broschüre ausgesprochen werde, spiele letztlich "den sogenannten Rechten, wo immer man sie jetzt verorten möchte, absolut in die Hände", warnt Lemke-Matwey. "Und das ist ein Tatbestand, den sollte man sich, glaube ich, ein wenig selbstkritisch – sei es von Seiten des Bühnenvereins, sei es von Seiten des Kultursenats, sei es von Seiten der Autoren der Broschüre, die sich mitnichten bei uns oder irgendwo bisher entschuldigt haben für ihren Fehler, für ihre Schlamperei, diese Kritik, diese Selbstkritik, die sollte man sich zu Gemüte führen."
Die Broschüre dürfe jetzt jedenfalls erstmal nicht weiterverteilt werden: "Es müssen diese Fehler korrigiert werden", sagt Lemke-Matwey mit Blick auf deren Behauptungen zu Ulrich Greiner.
(uko)
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